Polyamorie tut auch weh
Polyamorie tut auch wehWarum ich die Schmerzen auf meinem Weg brauche, um mich aus der Kraft des Monogamen zu befreien.
Verdammt, es tut weh. Richtig weh. Und das ist gut so, denn diese Schmerzen brauche ich. Nein, ich bin kein Masochist, ich quäle mich nicht freiwillig. Doch nur aus den Schmerzen, aus dem realen Erleben erwächst für mich die Leichtigkeit, das Leben locker zu sehen und Los-Zu-Lassen. Dieser Weg ist mein Weg, ich gehe ihn für mich. Dir, meiner Gefährtin, die mit mir durch die Weiten das Leben zieht, gebe ich die Freiheit, so zu leben, wie Du möchtest. Und ich nehme mir die Freiheit, zu leben, wie ich möchte. Und trotzdem sind wir uns in Freiheit nah, oder, wir wollen es zumindest sein.
Die Kraft des Monogamen
Es sind die gewaltigen Kräfte meiner monogamen Denkstrukturen, das Beharrungsvermögen der monogamen Glaubenssätze, die mich quälen und mir Schmerzen verursachen.
Du darfst nur eine Frau lieben, wer wagt es, mir diese Vorschrift zu diktieren?
Ehe bedeutet bedingungslose Treue, und damit auch individuelles Leiden?
Monogamie ist die alleinig mögliche Form des Zusammenlebens, und daneben gibt es nichts?
Nur einige der Fragen, die es zu für mich auf meinem Weg zu hinterfragen galt. Denn Monogamie wurde mir als Heranwachsender als die einzig mögliche Form des Zusammenlebens präsentiert.
Natürlich, die Fronten sind heute viel durchlässiger geworden, die Gesellschaft toleranter und mehr Menschen als früher leben ihre eigenen Lebensmodelle, ohne sich um Konventionen zu scheren.
Die Kraft des Monogamen ist dennoch immer noch mächtig, die Anpassung hatte ich von Kindheit an gut gelernt und im Mainstream schwamm es sich für mich so wunderbar leicht und locker mit der Masse. Und ich lebte gut so, ohne etwas zu vermissen. Denn was sollte ich vermissen, was mir nicht bewusst war?
Es bricht sich Bahn
Doch irgendwann brachen die lange verborgenen Bedürfnisse aus, sie drängten aus den Tiefen des Unbewussten ans Licht und wollten wahrgenommen werden. Sie wollten gelebt und nicht mehr ignoriert werden.
Wie lange habe ich mich belogen, eine Rolle gespielt und eine Maske getragen? Und, hat es mir geholfen? NEIN, ich spürte die Diskrepanz in mir, dieses mysteriöse Unbewusste, dieses " da ist noch was, was versteckt werden muss".
Hier begann der Kampf der Gefühle für mich. Verdammt, ich habe so viel an Gefühlen, ich möchte sie verschenken. Ich möchte meine Neu-gier leben, möchte wissen, wie es sich mit einer anderen Frau anfühlt. Was macht es mit mir, wenn ich "Fremd gehe", wie andere es bezeichnen würden? Wie fühle ich mich damit, wirkt es stimmig auf mich, bin ich mit mir im Reinen? Will ich mich weiter verbiegen, nur um nicht aufzufallen?
Schon wieder Fragen, die ich hinterfragen muss, um mit mit ins Reine zu kommen. Es bricht sich Bahn, dieses Gefühl des, Ich bin Ich und lebe so, wie ich es will. Daraus erwächst die Kraft, es mit meinen monogamen Denkstrukturen, den beharrenden monogamen Glaubenssätzen aufzunehmen und mich aus ihren Fesseln zu befreien, die mein Handeln bestimmten. Denn Los-Lassen, Laufen-Lassen, meiner Gefährtin die Freiheit lassen, die sie braucht, tut immer noch weh. Verdammt weh! Weil mein Unbewusstes Liebe mit Besitzansprüchen koppelt. Meine Frau sagen wir, mein Mann. Besitzen wir den Anderen wirklich? Wohl eher nicht....
Wir gehören zusammen, nur wir gehören uns nicht
Sehr gut ausgedrückt. Ich liebe Dich und meine Freiheit! Halt mich fest und lass mich gehen! Nur wer freiwillig zu dir zurückkehrt, liebt Dich wirklich!
Doch warum schließe ich Freiheit in Liebe manchmal immer noch aus? Warum leide ich, wenn ich ziehen lasse und die Türen weit offen für die Rückkehr halte? Weil die faktische Macht des Monogamen mich immer noch gefangen hält.Weil mein Gehirn schon viel weiter als meine Seele ist!
Weil diese Glaubenssätze mich immer noch ein Stück weit beherrschen.
Ja, Polyamorie tut auch weh. Verdammt weh. Und es wäre naiv, zu glauben, hier ließe sich nur ein Schalter umlegen und danach leben wir mal locker & easy polyamor. Polyamor leben bedeutet für mich viel offene, ehrliche und auch harte Kommunikation miteinander. Es bedeutet Achtsamkeit, Respekt und einen behutsamen Umgang miteinander und mit sich selber. Es bedeutet für mich tägliche Arbeit.
Und, es bedeutet, auch mal inne zu halten und die Seele nachkommen zu lassen, damit sich das eigene Leben wieder stimmig anfühlt.
Es tut weh und doch will ich es weiter. Nur scheinbar ein Widerspruch! Denn Schmerzen bedeuten vorhandene Gefühle, bedeuten eine ablaufende Veränderung.
Und ich frage mich, was mit mir passiert, wenn ich meine Gefährtin völlig ohne Schmerzen ziehen lasse. Liebe ich sie dann überhaupt noch? Schon wieder eine neue Frage....