Hmm, auch wenn ich die Eingangsfragen nicht so direkt verstehe, durch die Beiträge tauchen ein paar Gedanken auf:
Defizit - ist ein Mangel von etwas, was erwartet wird.
Es klingt schlecht, fehlerhaft ... aber eigentlich sagt Defizit nur, dass eine Erwartung oder Vorgabe nicht erfüllt ist.
Ich selbst tauge nicht längerfristig für ein monogames Gefüge. Was fehlt mir also dafür? Ich habe ganz eindeutig mind. ein Defizit oder mehrere.
Aber sind diese jetzt "schlecht"?
Mir mangelt es an der Einsicht, das eine Beziehung aus Kompromissen bestehen soll, das Regel von nöten sind und das Grenzen für die gewünschte Beständigkeit sorgen.
Dennoch mangelt es mir nicht an Bindungsfähigkeit, an Durchhaltevermögen, an "Arbeitswillen".
Ich weiche nicht vor Konflikten zurück - wozu? Zwei Menschen können nie deckungsgleich funktionieren.
Aber ich suche nicht mehr nach Einigkeit, für mich ist es völlig akzeptabel auch Differenzen stehen zu lassen.
Ich suche, bemühe mich, arbeite an Verständnis. Ich will den anderen sehen, so wie er(sie) ist, sein will, sein braucht.
Einklang klingt nur auf dem Papier gut, Mehrklang klingt im harmonischen und selbst im disharmonischen Fall real oft besser.
Ich denke an Jazz, der nicht immer gut klingt und sicher nicht harmonisch. Aber lebendig, mit unerwarteten (Miss)Tönen, Tempiwechseln...
Wachstum... eigentlich wäre Lernen aus Erfahrung besser. Vielleicht wird dadurch auch manches kleiner, oder härter.
Einige meiner Prämissen sind wesentlich starer geworden. Wie bei einer Pflanze, bei der Teile verholzen um wiederstandsfähiger zu werden.
Oder Dornen ausbilden, um sich zu schützen.
Oder Nektar zu bieten, um einem Partner im Austausch etwas zu bieten.
Entwicklung eben, die geht in n-Dimensionen
Ich lebe seit 10 Jahren mit einem Mann, für den das monogame das Ideal war (und evtl immer noch ist).
Ich sagte ihm, wie ich "ticke" - von Beginn an, immer wieder. Aber er träumte davon, dass ich nur genug lieben müsste.
Es hätte viele Kompromissmöglichkeiten gegeben, viele Varianten von Regeln.
Aber die gab es nie.
Ein Veto hab ich selbst für richtig empfunden, für angebracht, für logisch.
Aber als er es einmal aussprach, da fühlte ich:
Nein
Nein, ich will meinem Partner nichtmal ein Veto für einen Abend einräumen.
Für mich ist das nicht richtig. Ich will nicht *müssen*.
Das erstickt mich.
Ich will ihm zu Liebe bleiben, wenn es sich richtig anfühlt und ich will mir zu liebe gehen können, wenn es sich richtig anfühlt.
All das hat noch gar nichts mit Poly zu tun. All das gehört schon zu mir, wenn ich nur mit einem Menschen in Beziehung stehe.
Unsere aktuelle Konstellation ist weder aus einem Ausweichen noch aus einem Wachstum entstanden.
Es ist einfach das Leben und wie wir uns an geänderte Bedingungen angepasst haben.
Mir ist, bildlich gesprochen, ein zweiter Stamm gewachsen. An der Schnittstelle entstanden Verholzungen, um die Stabilität zu sichern. Und zwischen den Stämmen wachsen Ranken, teils mit Dornen, um die Stämme weiter zu stützen und Austausch zu gewährleisten.
Um beim Pflanzenbild zu bleiben:
Ich bin wie Unkraut. Ich kann in einem Topf, einem eingefassten Beet Wurzeln schlagen und austreiben, aber ich kann nicht nur innerhalb des Rahmens "leben". Irgendwann wachsen immer Ranken hinaus, bohren sich Triebe selbst durch Mauern.
Monogamie ist für mich nicht lebbar unter "Regeln", genauso wie es Poly auch nicht unter "Regeln" ist.
Ich brauche wenig Licht und wenig Nährstoffe, aber "Freiheit".
Das ist eine Einschränkung, aber kein Defizit. Keine Pflanze kommt mit jeder Bedingung zurecht.
Edit: Die Sie