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Beziehungs-Anarchie
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Polyamory und Ich449
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Ist die Polyamory überholt?

****on Mann
16.233 Beiträge
*********t6874:
Und als solches sind die meisten Poly Netzwerke sehr fragil und zerbrechlich und die Fluktuation relativ hoch.

Wie wichtig ist Stabilität? Angesichts des ohnehin endlichen Lebens? Das frage ich mich manchmal nur für mich. Vielleicht ist die Fragilität ein Qualitätsmerkmal, ein Zeichen großer Dynamik und Beweglichkeit, eine Art Surfen auf dem Leben und Lieben. Gedanken eines Polyneulings.
Hallo Trigon,

das frage ich mich auch oft. Auch hier muss ich für mich alleine stehen können und tatsächlich denke ich, je weniger wir (zb als Paar), desto besser kann ich mit Flexibilität umgehen.

Diese Gratwanderung: wir-ich-du und ich-er und sie usw.

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****50 Mann
663 Beiträge
Gruppen-Mod 
Also ehrlich mal....
...wenn ich in diesem Thread das erste Mal mit Polyamorie konfrontiert wäre, hätte ich entschieden, dass das nichts für mich ist. *schock* *undwech* Glücklicherweise konnte und kann ich es anders erleben, hat vielleicht was mit dem Alter zu tun.... *freu*
Ach,

Viele lieben klingt sehr romantisch und toll und frei. Und dann ist da die Realität. *rotfl*

Ich bin nicht desillusioniert, aber durchaus auf dem Boden der Tatsachen gelandet.

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*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
@ Samy50
Ich finde aktuell hier tatsächlich oft für mich selbst Bestätigendes, was meine Zweifel an der Lebbarkeit wirklich verbindlicher, dauerhafter mehrfach-LIEBE betrifft.

Mag sein, dass mein Fühlen - und meine Sehnsucht - da etwas anders ist, als bei anderen. *nixweiss*
Für mein ganz persönliches Fühlen - und meinen gemachten Erfahrungen gegenüber - wirkt das, was hier geschrieben wird, allzuoft wie ein "Zeitraffer".

Ist "Liebe" derart "inflationär", wenn Polyamorie "ins Spiel" kommt?
ICH persönlich will weder "surfen", noch sonstwas "Sportliches" 😉, sondern im tiefen Miteinander das Leben meistern und - langfristig verlässlich - gestalten.

Lieber mono, als in einer Schnelll(i)ebigkeit, die mir zu austauschbar bzgl der "Mitspieler" erscheint.
Nein, kein Vorwurf, oder Urteil, denn jeder muss das Seine leben.
Ich habe Polyamorie anders erlebt und wenn dieses "Anders" nicht ist, dann passt es für mich nicht. Auch gut. 😉
****on Mann
16.233 Beiträge
*****e_3:
Ist "Liebe" derart "inflationär", wenn Polyamorie "ins Spiel" kommt?

Inflationär heißt ja, dass etwas durch seine schiere Menge an Wert verliert.

Aber für einige Sachen gilt das auf keinen Fall, wie ich finde. Nicht für die Luft (kann es davon zuviel geben?), nicht für das Wasser (es darf sich bis zum Horizont erstrecken) und nicht für die Liebe.
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Trigon, und diese "unerschöpfliche" Ressource "breitet sich dann über vielen Menschen aus" und.... macht die Beteiligten um so austauschbarer?
Nein, das hat natürlich niemand hier geschrieben.

Wer aber - und damit meine ich jetzt niemanden konkret - ein "so großes Herz" hat, dass er Sexualität mit vielen wechselnden Menschen teilt, seine Partner alle paar Monate wechselt und dann immer noch von "Liebe" spricht, dessen "Liebe" wollte ich persönlich nicht *nene* , weil mir das Ganze "zu inflationär" (mir fällt nix Passenderes ein) wäre.
****on Mann
16.233 Beiträge
@*****e_3

Ich meinte schon wirklich Liebe. Liebe ist ja nicht beliebig. Sie kann universell und kollektiv sein, und damit unpersönlich (und doch tief und weit) - aber ich meinte schon die ganz persönliche Liebe.

Eine gute Freundin von mir hat vielleicht ungefähr diesen Partnerwechselrhythmus - aber das glaube ich tief zu spüren, dass sie diese Menschen liebt, auch über die Beziehung hinaus, vermutlich bis an ihr Lebensende.

Liebe hört nicht auf. Bzw. muss nicht aufhören.
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Den letzten Satz kann ich unterstreichen. Und doch braucht sie doch Zeit, zum Entstehen und zum Wachsen.
Ich sehe sie als ganz besonderes Geschenk und nicht als etwas, was es überall gibt und was ich "konsumiere", indem ich an jeder Ecke ein neues auspacke und das andere in der Zeit zurücklasse, noch ehe ich es richtig angesehen habe...
****on Mann
16.233 Beiträge
Hm, also den Wechsel der Beziehung als Zeichen einer achtlosen Haltung... verstehe...

Was ist mit den Lieben, die nie zu einer Beziehung führen?

Die erwähnte Freundin hält den Kontakt zu den meisten ihrer vergangen Liebesbeziehungen über Jahre und Jahrzehnte, und sie liebt sie offenbar noch immer. Hat sie noch besser kennengelernt und liebt sie vielleicht mehr als damals.
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Trigon, ich meine doch hier niemand Konkreten.
Natürlich ist es so möglich, wie du es auf eine Freundin bezogen beschreibst.

Auch ich kenne es, dass ich Beziehungen beendet habe, weil diese mir nicht mehr möglich waren, zu leben. Trotzdem hat die Liebe "überlebt", weil sie eben NICHT an das Leben einer Beziehung gebunden ist.

Ich werde jetzt mal mutig ganz persönlich :
Mein Mann, mit dem ich 16 Jahre verheiratet war und 3 Kinder habe, starb vor fast 10 Jahren bei einem Autounfall... (Er stand am Stauende... Diese Meldungen im Radio hört man leider sehr oft)
In den letzten beiden Jahren der Ehe erlebten wir beide, wie sich polyamore Liebe anfühlt und öffneten unsere Beziehung. Der ganz nahe Freundeskreis, unsere Kinder und die nahen Verwandten wussten davon.
Nach dem Unfall "durfte" ich mir dann allen Ernstes von Kollegen und anderen Leuten, die wir nicht in unser Privates eingeweiht hatten, anhören, dass ich "Ja einen neuen Partner hätte und von meinem Mann ja somit getrennt gewesen wäre..." Die Leute sprachen mir ab, meinen Mann, der gerade gestorben war, zu lieben, weil ich eine neue (weitere) Liebe hatte!!!

Dass die Freundin meines Mannes mit mir Arm-in-Arm bei der Beerdigung als erste zum offenen Grab gingen... und dass meine weitere Liebe uns beide und meine Kinder stützte, war offensichtlich für die meisten der zahlreich Erschienenen "absolut schräg".
Für uns nicht!
(Mein Mann hätte das Bild geliebt, wenn er es hätte sehen können - nicht unsere Tränen, aber unsere Verbundenheit genau in dem Moment.)
Für mich ist DAS Polyamorie!
DIE hat mich in dieser Zeit am Leben gehalten - verbindlich, geborgen und Kraft gebend.

Jede Partnerschaft wird "polyamor" sein für mich, da ich NIEMALS aufhören werde meinen verstorbenen Mann UND meinen damaligen weiteren Partner (auch, wenn ich mit ihm nach 6 weiteren Jahren nicht mehr zusammenleben konnte) aus tiefstem Herzen zu lieben... *herz2*
******_nw Frau
517 Beiträge
Wenn ich mir den Verlauf des Threads anschaue, bin ich geneigt, der TE mit ihrer eingangs formulierten These zumindest teilweise zuzustimmen. Zumindest, was die jungen Single-Frauen betrifft.

In der Rückschau kann ich für mich sagen, dass ich mich damals NIEMALS auf einen gebundenen Mann eingelassen hätte (und auch habe) - egal ob Polyamorie draufstand oder nicht. Und zwar aus genau den beschriebenen Konflikten, die damit einhergehen, wenn Hierarchien aufgestellt werden, gegensätzliche Erwartungen aus- und unausgesprochen im Raum stehen und der Hahn im Korb zwischen allen Stühlen sitzt.

Als junge Frau mit dem Wunsch eine Familie zu gründen finde ich ein solches Setting denkbar unattraktiv. Warum? Weil es in den seltensten Fällen allen gerecht wird. Warum? Weil wir nun mal Menschen und keine perfekten Wesen sind, die immer nur edel, hilfsbereit und gut sind. Der Disput zwischen @*********eeker und @*********t6874 bringt es für mich auf den Punkt. Er spiegelt die Gefühlslage der beteiligten Personen. Und ich kam beide Seite verstehen. Vielleicht sollte man einfach mal ehrlich sein, und das Konstrukt Polyamorie auf seine Umsetzbarkeit überprüfen.
Und da kann ich zumindest für mich sagen, dass es einen erheblichen Unterschied macht, in welcher Position und Lebenssituation ich mich befinde, ob das Thema Polyamorie überhaupt eine Rolle spielt.

Insofern stelle ich die steile These auf, dass die Polyamorie bei jungen Single Frauen zwar nicht überholt, aber vielleicht auch nicht wirklich angekommen ist. Weil sie vielleicht mit anderen Wünschen und Erwartungen durch's Leben gehen. Und das darf doch auch sein, finde ich.
Insofern stelle ich die steile These auf, dass die Polyamorie bei jungen Single Frauen zwar nicht überholt, aber vielleicht auch nicht wirklich angekommen ist. Weil sie vielleicht mit anderen Wünschen und Erwartungen durch's Leben gehen. Und das darf doch auch sein, finde ich.

Dieser These folge ich aus unserer Erfahrung heraus. Es gibt schon junge Frauen, die polyamor in ein Netzwerk einzusteigen bereit wären. Zu allein ihren Bedingungen. Dann adoptiert das Netzwerk sie gewisser Maßen.

Mein Mann hat gestern auf meine Frage zu Single und Kinder gesagt: jo, wenn sie unbedingt ein Kind haben möchte und einen Mann dafür findet, kann ich mir vorstellen, mal auf das Kind aufzupassen und es dürfte natürlich auch mitkommen zu uns. Aber weder das Nest finanzieren noch mich für das Kind eines anderen verantwortlich fühlen wie der leibliche Vater.

Bei uns ginge das ein wenig in Richtung Urgemeinschaft. Da hat die Gruppe schon ein Auge auf den Nachwuchs geworfen, aber wesentlich zuständig bleiben die Eltern.

Alleinerziehend zu sein kenne ich. Ich war viele Jahre selbst ganz alleine mit meinem Kind. Ich hätte mich definitiv nicht auf einen Mann, der sein Nest bereits hat, eingelassen. Liebe hin oder her. Wenn da eine Frau gewesen wäre, die meine Mutter hätte sein können, oh man, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, von ihr zu fordern, dass ihr Mann mich nun versorgen soll.

Natürlich werden Liebesgefühle davon unbeeindruckt bleiben. Das ist für mich der Unterschied zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Klar kann ich auch den ONS lieben und nie vergessen, aber Beziehung würde ich das nicht nennen. Und ein Mann, der mich liebt, aber bei ersten Ungemütlichkejten abhaut und sich Pflichten entziehen will, der darf bei aller Liebe auch in Cayenne bleiben.

Nicht, weil ich nicht liebe, sondern die Liebe nicht entsprechend meinen Bedürfnissen mit ihm zusammen leben kann.

Lieben und diese Liebe leben wollen, sind zwei Dinge, die passen wollen. Wo das nicht geht bin ich traurig und muss weiterziehen, was für mich besser ist, als dauerhaft zu leiden.

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******_nw Frau
517 Beiträge
Hmmm...@*********t6874: Das ist alles ziemlich komplex. Und ich glaube auch nicht, dass es hilfreich ist, den "schwarzen Peter" in eine Richtung zu schieben. Schließlich haben alle Beteiligten berechtigte Wünsche und stellen Bedingungen in den Raum, die diesen Wünschen entsprechen. Insofern kann ich das Anliegen von @*********eeker schon verstehen, auch auf die zweite (junge) Frau zu schauen. Auch ihre Wünsche dürfen sein. Ich glaube, das Problem liegt in der Aufstellung an sich. Da sind Konflikte vorprogrammiert. Und ALLE Beteiligten sind Teil des Konfliktes.
Für mich - auch in meiner heutigen Lebenssituation - übrigens ein Grund, mich nicht auf eine geschlossene Triade einzulassen.
Hmmmmm... vielleicht bin ich sehr einfach gestrickt....
... für mich ist Polyleben das Selbe wir das Leben in einer monogamen Beziehung. Nur mehr. Also sozusagen 2-er Beziehung+ *zwinker*

mehr Achtsamkeit für mehrere Menschen.
mehr "Ich sehe Dich" wirklich
mehr Warnungen vor Eigentumsansprüchen und "Ich liebe doch nuuuur Dich"
mehr dem anderen Raum gewähren und frei zu entscheiden, was sie in dem Raum tut, mit wem und wie oft.
mehr Freiheit zu entscheiden, worüber geredet wird, was gesagt wird, und was nicht
Leider auch mehr Abstimmung bei Zeit-Scheiben.
mehr Gelegenheiten für Zurückgesetzt fühlen und Eifersucht
Noch mehr Gelegenheiten für die eigene gefühlsmäßige Nabelschau zur persönlichen Weiterentwicklung
mehr Gelegenheiten für himmlische Momente

Für mich ist alles im Grunde gleich, nur mit mehr als 2 Personen.

Die Menschen, die das Thema "Single" und "Hafen" haben, wie bei der TE erwähnt, sollten sich überlegen, ob sie nicht doch in einer klassischen 2-er Beziehung besser aufgehoben sind.

Überhaupt nix Schlechtes, ich kenne viele Paare, die damit absolut glücklich sind.
Und ich glaube auch nicht, dass es hilfreich ist, den "schwarzen Peter" in eine Richtung zu schieben.

Hallo Feline,

bewertet hat curious, nicht ich. Für mich funktionieren gewisse Verhaltensweisen einfach nicht. Und dann bin ich raus.

Wäre ich drinnen geblieben und hätte mich nicht geschützt, wäre ich sehr wahrscheinlich nach wenigen Monaten im Burnout gelandet. Und das ist mir ein Beziehungskonzept einfach nicht wert, weiter und weiter und weiter etwas zu versuchen, dazu mit einem Menschen, der mich als Konkurrenz sehen will.

Das hat für mich mit "passt nicht" zu tun und nicht mit Schuldzuweisung. Es ging bei uns vor meiner Entscheidung ein halbes Jahr vorbei, in der meine Tür offen stand.

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******_nw Frau
517 Beiträge
@*********t6874: Ich finde schon, dass auch du bewertet hast. Und das ist doch durchaus nachvollziehbar. Würde mir nicht anders gehen. Wenn mich jemand rauskicken wollte, fände ich das auch nicht lustig. Und ich schütze mich ebenfalls, wenn mir etwas nicht gut tut.
Das ist jedoch m.E. nicht der Punkt. Ich glaube, es liegt eben NICHT nur an den anderen Frauen, sondern am System. Und da ist auch dein Mann gefragt und ihr beide. Sonst wiederholt sich das Ganze. Schließlich darf ich mich schon auch fragen, was ich dazu beitrage, dass eine Beziehung gelingt oder auch nicht.

Und da sind wir wieder bei der Eingangsthematik: Die junge Single Frau wird sich wohl gut überlegen, was ihr gut tut. Und wird das umsetzen. Irrtümer mit eingeschlossen. Und auch hier schließt sich der Kreis. Denn in dem Moment, wo sie spürt, dass doch andere Wünsche im Raum stehen als ursprünglich vorgesehen, muss auch sie schauen, wie sie das mit dem Mann, den sie liebt kommuniziert.
Daraus kann ein echtes Dilemma entstehen, das nicht so einfach aufzulösen ist. Zumindest nicht ohne, dass eine/r sich als Verlierer fühlt.
Ja, ich bewerte eine Situation und finde so heraus, ob sie für mich tragbar ist oder nicht.

Ich bewerte auch Verhaltensweisen mir gegenüber.

Was ich nicht tu, ist das Schwarze Peter Spiel.

Für mich ist das ein Unterschied. Die Affäre kann so bleiben wie sie ist. Nur ohne mich dann. Ich nenne das für mich auch: Konflikte dort lassen, wo sie entstanden sind (und ich sie nicht lösen kann oder will).

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*******n_M Mann
1.666 Beiträge
@trigon
„Ich meinte schon wirklich Liebe. Liebe ist ja nicht beliebig. Sie kann universell und kollektiv sein, und damit unpersönlich (und doch tief und weit)“

Nein... liebe kann nicht universell und kollektiv und tief und weit sein

Liebe kann unterschiedliche Basen haben... liebe zum eigenen Kind, zu den Großeltern zu dem Partner, zum Spielpartner. Aber sie ist immer individuell und einzigartig.

Die Definition von Liebe weil der eine Partner weg ist und der nächste schon da ist, ist oftmals selbstbetrug. Die Angst mal alleine zu sein ist größer als die Angst von dem nächsten enttäuscht zu werden.
Der Selbstbetrug und den Verlust an Selbsteinschätzung ist gerade hier im Joy nicht zu unterschätzen.
Gerade bei einigen Polyinteressierten ist das hier deutlich erkennbar ( ich rede hier nur von persönlich bekannten Personen)
Herr_von_M
Ja.

Liebe ist eben nicht beliebig und schon gar nicht austauschbar. Sie kommt und geht, wann SIE will.

Die Körper sind austauschbar.
*********eeker Mann
1.581 Beiträge
*********les1:
Liebe ist eben nicht beliebig und schon gar nicht austauschbar. Sie kommt und geht, wann SIE will.

Ist sie das? Tut sie das? Ich fürchte das Verständnis von Liebe ist hier sehr verschieden. Für eine Verliebtheit würde ich dir Recht geben. Verliebtheit ist nicht beliebig, aber auch nicht kontrollierbar. Aber Liebe? Für mich gehört da eine bewusste Entscheidung dazu. Ohne meine innere Bereitschaft aus einer Verliebtheit mehr werden zu lassen, passiert das auch nicht. Liebe ist ja nicht nur der homonelle Taumel und die Begierde. Zu Liebe gehört Vertrauen, ohne das es nicht möglich ist sich bei einem Menschen zuhause zu fühlen und angekommen zu sein. Aber das ist ja kein reiner Hormoncocktail mehr, der mich davon spühlt und der wieder vergeht. Neben Vertrauen gehört auch dazu den anderen zu erkennen, zu kennen und zu sehen. Das braucht Zeit und eigene Bereitschaft mich überhaupt selber zu zeigen. Das vergeht doch auch nicht einfach so wieder.

Zumindest für mich ist, das nicht mal eben an jeder Ecke zu finden. Faszination und Neugier auf einen anderen Menschen schon. Aber Liebe? Ist Polyamorie wirklich bereits schon, wenn man sich von jeder Verliebtheit treiben lässt? Denn dann bin ich es nicht. Ja, ich habe auch schon einige Sternschnuppen gefangen. Habe Intensive Verliebtheiten für vielleicht 2,3 oder 4 Tage ausgelebt. Und ja, die gingen dann auch wieder mit einem ebenso tiefen Liebeskummer, einer Melancholie, welche die erlebten Tage genießt und die Gewissheit betrauert, dass es zu mehr nicht reicht. Aber Liebe ist mehr.

Liebe ist auch mehr als reine Zuneigung. Klar, könnte ich mich frei nach Michael Jackson hinstellen und rufen: "I love you all!" Aber welch hohle Floskel wäre das. Niemand von diesen Alle würde mich kennen. Ich würde nichts über sie wissen. Vielleicht habe ich ein hohes Grundvertrauen. Aber würde ich diesen Allen wirklich einfach so mein Leben anvertrauen, wenn es mir schlecht geht? Wäre ich bereit mit ihnen durch die Hölle zu gehen, wenn sie leiden? Liebe ist nicht nur in Zuneigung verbunden zu sein. Liebe ist mehr.

Lieben zu leben, führt zu Beziehungen. Alleine die Zeit, die es braucht den anderen wirklich kennen zu lernen. Die Nähe die dazu erforderlich ist, die Person zu sehen. Die Gespräche die erforderlich sind, um die Person auch wirklich zu erkennen. Das geht nicht mal so eben. Sicher kann eine Liebe bleiben, nachdem man jemanden erkannt hat. Dann kann man einen Menschen weiter in seinem Herzen tragen. Weshalb ich auch zweifle, dass eine Liebe einfach so wieder geht. Das führt aber vom Gedanken weg. Beziehungen haben weitere Anforderungen, Unfreiheiten, Verantwortungen, Verpflichtungen. Wir verlassen uns ständig auf Menschen. Wir verlassen uns noch mehr auf Menschen, die wir lieben. Verlässlichkeit und Vertrauen sind ja Kernelemente von Beziehungen.

Die ganze Diskussion dreht sich um das Verhältnis zu den Menschen, die nicht in der Partnerschaft sind. Es geht um die Beziehungen zu den Metamouren. Sind diese leichter oder schwerer, wenn da "autarke" Zweierbeziehungen in einem Netzwerk sind, die sich dann untereinander verbinden? Wie gehen Metamouren damit um, wenn Erwartungen an den eigenen Partner von einer anderen Person entstehen? Wie geht man mit diesen "erzwungenen" Beziehungen um?

Ich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn ein Neuling diesen Thread liest und eher abgeschreckt ist. Polybeziehungen einzugehen kann Angst machen. Da kommt nämlich eine Menge auf mich zu, mit dem mir niemand hilft. Für das es keine bekannten Blaupausen gibt. Es gibt viele Experimente, die auch noch meist sehr negativ von einer Normativität aufgeladen sind. Ich will niemandem seine Naivität nehmen. Die ist manchmal wirklich ganz schön. Wie die heiße Herdplatte als Kind, wird aber auch hier die Blauäugigkeit zu Verletzungen und Schmerzen führen. Es mag verschreckend wirken, wenn wir hier streiten und so deutlich wird, was alles passieren kann. Welche Konflikte da alle warten. Wenn ich aber sehe, dass die Menschen die da streiten, die ihre Unbedarftheit verloren haben, die Verletzungen auf dem Weg kennen, trotzdem noch so leben wollen: Was kann ermutigender sein?
****on Mann
16.233 Beiträge
*********eeker:
Sicher kann eine Liebe bleiben, nachdem man jemanden erkannt hat. Dann kann man einen Menschen weiter in seinem Herzen tragen. Weshalb ich auch zweifle, dass eine Liebe einfach so wieder geht.

Ich erlebe es bei mir auch so, dass Liebe nie wieder geht. Wen ich einmal geliebt habe, den liebe ich offenbar für immer. Da es davon immer mehr gibt, ist das für mich bereits polyamores Lieben (wenn auch noch kein polyamores Leben).

*********eeker:
Liebe? Für mich gehört da eine bewusste Entscheidung dazu. Ohne meine innere Bereitschaft aus einer Verliebtheit mehr werden zu lassen, passiert das auch nicht.

Für mich folgt aus Verliebtheit keine Liebe. Verliebtheit und Liebe haben nach meinem Empfinden ziemlich wenig miteinander zu tun. Verliebtheit ist einfach die überschäumende Begeisterung für einen Menschen (bis an den Rand der Besessenheit), meist begleitet von leuchtenden Projektionen. Verliebtheit ist nicht "schlechter" oder "weniger" als Liebe - sie ist einfach etwas ganz anderes.

Liebe hingegen ist innere starke Bindung. Eine, die sich bildet, ob ich will oder nicht. Sie entsteht beispielsweise bei intensiver oder langer gemeinsamer Zeit ganz unabsichtlich. Neben der inneren Bindung ist das bedingungslose Wohlwollen dem Anderen gegenüber in meinen Augen das zweite unabdingbare Merkmal der Liebe.

Wie soll ich mich bewusst zu innerer, starker Bindung und zu bedingungslosem Wohlwollen entscheiden? Liebe entzieht sich der Ratio und den Entscheidungen des Intellekts. Sie passiert einfach.

*******n_M:
Nein... liebe kann nicht universell und kollektiv und tief und weit sein

... sie ist immer individuell und einzigartig.

Doch, nach meinem Erleben mit Gruppen kann Liebe auch kollektiv und umfassend sein. Die innere Bindung zur Gruppe und ihren Menschen und das Wohlwollen ihr gegenüber kann stark gefühlt werden. Warum auch nicht *nixweiss* ?

*********eeker:
Liebe ist ja nicht nur der homonelle Taumel und die Begierde.

In meinen Augen hat Liebe absolut gar nichts mit Begierde und sexueller Anziehung zu tun. Diese können der Anlass für gesuchte Nähe sein, aber die daraus entstehende innere Bindung ist nur eine Folge, nicht aber verbunden mit der sexuellen Anziehung.

*********eeker:
Zu Liebe gehört Vertrauen

So wichtig Vertrauen unter Menschen ist - unter der Lupe begrifflicher Trennschärfe kann ich auch lieben ohne Vertrauen. Ich hatte eine Partnerin, die handelte gern manipulativ und intrigant, mein Vertrauen in sie schmolz dahin. Aber ich liebte sie weiter, und ich tue es noch immer.

*********eeker:
sich bei einem Menschen zuhause zu fühlen und angekommen zu sein.

Auch wichtig! Doch auch hier sehe ich keinen zwingenden Zusammenhang zur Liebe. Ich liebe Menschen, mit denen ich mich unwohl fühle - doch ich bin ihnen in Liebe tief verbunden und gönne ihnen nur das Allerbeste überhaupt.
*******n_M Mann
1.666 Beiträge
Ich halte...
... eine kollektive Liebe als kollektives Geschwafel.

Wie die Kirche die alle liebt
Michael Jackson oder beliebe Prediger welcher Religion auch immer.
Wenn es dann ans eingemachte geht ist jeder sein nächster.

Polyamor hat für mich nichts damit zu tun. Für mich ist das das Tarnnetz um sich beim anderen Geschlecht alle Möglichkeiten offen zu halten.

Sorry TE
Hat leider nix mehr mit dem Thema zu tun
*****al4 Mann
798 Beiträge
Curious, Danke für deinen Beitrag. Für mich erklärt er BlueVelvets Haltung und Meinung ziemlich gut - und ist damit für mich eine Brücke im Verständnis zwischen euch beiden.
Für mich ist es auch so, das es zu einer Liebesbeziehung eine Entscheidung braucht, mich wirklich diesem Menschen zu öffnen; mich einzulassen, zuzumuten, Vertrauen zu haben und Vertrauen zu geben. Und ja, die Nähe und die Intimität, die Geborgenheit und der sichere Raum lassen uns beide dann auch Dinge leben und an Tiefen in uns selbst herankommen, die in unabhängiger Verliebtheit, in austauschbaren Begegnungen garnicht möglich wären.
Genau da sind zwei Menschen miteinander, die sich immer mehr kennen, die sich gegenseitig unterstützen, die sich gegenseitig loslassen und Raum geben - die sich lieben. Und wie du sagst, braucht das ganz viel, auch Zeit.
Und wenn jetzt ein weiterer Mensch dazu kommt, Curious? Braucht es da von diesem Menschen nicht genau die Achtung und den Respekt vor dieser Beziehung, von der Blue und auch andere sprechen? Und braucht es da nicht genau diese Entscheidung, von der du sprichst: will ich mich darauf einlassen? Will ich mich auf diese Menschen einlassen?
Du sprichst von Blaupausen, die es nicht gibt für solch eine Situation. Nee, die gibt es nicht, aber es gibt in uns „Bilder“; unsere ganz normalen Muster, neuronale Autobahnen, die wir benutzen und auf denen wir uns bewegen. Da passiert es auch schon mal ziemlich schnell, das eine Verliebtheit und eine Initimität nach Haben-Wollen, nach Mehr, nach Sicherheit ruft. Und ganz schnell plötzlich auch Konkurrenz empfunden wird, wenn jemand da ist, der da schon diesen Raum hat. Und die Achtung vor diesem bestehenden Raum, vor dieser bestehenden Liebesbeziehung, von der du sprichst, nicht hat.
Ich habe das öfter so erlebt, und deswegen ist mir nichts besseres eingefallen, als definitiv auszuschliesssen, mich gegenüber Nicht-Gebundenen, also Singles zu öffnen. Ich habe es aber auch einmal anders erlebt und war (und bin ehrlich gesagt immer noch) ganz verliebt in eine Frau, die große Achtung gegenüber meiner bestehenden Beziehung hatte. Mir hat es sehr weh getan, als sie sich in einen Mann verliebte und mit ihm genau die Intensität einer Liebesbeziehung suchte, von der du sprichst.
Will sagen: ich verstehe Blue genau so. Man kann in eine bestehende Liebesbeziehung nicht einfach einschlagen und sagen: so jetzt bin ich hier. Mach mal Platz.
Und ehrlich gesagt ist mir gerade aus deinen Worten heraus noch einmal klar geworden, das diese Begriffe von primary und secondary nicht wirklich erklärend sind. Sie beschreiben eine bestehende Konstellation, ja. Aber diese Konstellation entsteht für mich genau durch deine beschriebene „Geschichte“: zwei Menschen lassen sich aufeinander wirklich ein, entscheiden sich für gelebte Liebe zueinander. Und mit ganz viel Mut, ganz viel Haltung, ganz viel Öffnen entsteht solch ein Raum miteinander. Der ist primary - wäre er das nicht, wäre all das, was du zu Liebe schreibst, völlig sinnlos. Das hat deswegen auch wenig mit Hirarchie zu tun, sondern einfach nur etwas mit diesem Raum. Und nur schon von dem Bild aus betrachtet ist es so, das jemand in diesen Raum eintritt; da ist schon ein Raum. Und inwieweit der jetzt so gerichtet wird, das drei darin Platz haben - puh. Aber reinpoltern und beanspruchen ist da auch nicht so sinnvoll.
Liebe hingegen ist innere starke Bindung. Eine, die sich bildet, ob ich will oder nicht. Sie entsteht beispielsweise bei intensiver oder langer gemeinsamer Zeit ganz unabsichtlich. Neben der inneren Bindung ist das bedingungslose Wohlwollen dem Anderen gegenüber in meinen Augen das zweite unabdingbare Merkmal der Liebe.

Ich habe selbst Familienmitglieder nicht geliebt, nur weil man sich lange kannte.

Liebe hat für mich sehr viel, wenn nicht sogar vollständig, mit tatsächlichen Verhaltensweisen zu tun.

Wenn ich beginne von Liebe zu faseln, obwohl mein Partner oder weitere Menschen mich schlecht behandeln oder ich sie, mache ich aus Liebe oder hier Polyamorie Politik und Idealismus. Genau so, wenn Liebe als kollektives Dings idealisiert wird. Und so einen höheren Stellenwert bekommt als meine grundlegenden Bedürfnisse.

Liebe ist Achtung, Respekt und dem Geliebten Gutes tun wollen. Wo das in der Praxis fehlt kann gar keine Liebe sein.

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