bevor ich zum Eröffnungsbeitrag von Haus_der_Sinne komme,
möchte ich zuerst mal loswerden, dass ich den Beitrag von mwalinu, Zitat:
Instinkt und Konditionierung
Immer wieder kommt hier eine Ansicht zum Vorschein, die die Polyamorie als die "natürliche" Lebensform betrachtet und als Ursache für monogame Verhaltensweisen gesellschaftliche Konditionierungen vermutet.
Ich bin da eher anderer Ansicht.
Schon die bloße Existenz von Geschlechtskrankheiten ist für mich ein Indiz dafür, dass die "Natur" (je nach Weltanschauung zu ersetzen durch "Evolution", "Schöpfung", "Universum" usw.) zumindest auf der rein sexuellen Ebene eher Mono als Poly vorgesehen hat.
Außerdem ist beim Mensch - im Gegensatz zum Tierreich - die "Brutpflege" extrem aufwändig und dauert viele Jahre. Deshalb ist die Vermutung von NoJealousy , dass besonders bei Frauen - zumindest für diese Lebensphase - die Instinkte eher in Richtung Mono gehen nicht von der Hand zu weisen. Und dass die Instinkte immer in Richtung Kinderkriegen gehen ist doch eine biologische Tatsache, denn
Ich habe Frauen erlebt, die glaubten, dass Nestbau jetzt dran sei... es war zu erkennen, dass Mutter und Großmutter diese Ideen ins Leben dieser Frauen gebracht haben.
ist doch kein Beweis dafür, dass das Nestbauverhalten anerzogen ist.
Wenn Monogamie ausschließlich durch Erziehung und gesellschaftliche Konventionen verursacht würde, wäre der Schritt in ein glückliches Polydasein doch viel leichter, denn spätestens seit 68 ist das Überwinden von Konventionen in unserer libertären Gesellschaft doch kein Thema mehr. Und ausgerechnet die Kinder der 68-er wenden sich wieder den alten "bürgerlichen" Formen zu.
Dazu passt auch die hier schon vorgebrachte Vermutung, das Poly eher in einem Alter dran ist, wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Nestbau- und Familienphase vorbei ist.
für eine richtig steile These halte. Bestimmt ist die Erde eine Scheibe und auf dem Mond war auch nie ein Mensch. Und Elvis wurde einfach nur von Aliens entführt. Mehr fällt mir dazu grad nicht ein...
Jetzt zum Eröffnungsbeitrag: Polyamorie soll also "out" sein, weil insbesondere junge Single-Mädels regelmäßig unglücklich daraus hervorgehen? Sorry, da habe ich ein gut gepflegtes Vorurteil gegenüber insbesondere jüngeren Frauen: die schaffen es nämlich mit Regelmäßigkeit, sich in ihren Beziehungen unglücklich zu machen, egal ob poly, mono, drei- oder viereckig oder rund... Mein gut gepflegtes Vorurteil stützt sich diesbezüglich auf ganze Scharen von Mädels, die von ihrem Ritter in strahlender Rüstung auf dem weißen Einhorn träumen und dann den geilen Macker (bei dem sie feucht im Schritt werden und von dem sie viele Kinder haben möchten), der aber schon in Beziehung mit beliebig vielen anderen Menschen ist, aussuchen, weil vielleicht kann frau ihn ja noch umerziehen und man anschließend das Aufgebot bestellen. Und überhaupt: eine gemeinsame Zukunft wäre ja sooo schön, wenn da bloß nicht diese ganzen anderen lästigen Menschen wären, auf deren Befindlichkeit frau plötzlich Rücksicht nehmen soll, weil der Macker leider, leider schon vergeben ist. Und das auch noch "offiziell" und nicht wie sonst immer heimlich.
Sorry, aber von wegen "poly ist out" geht da gar nix. Junge Frauen können genauso glücklich oder unglücklich in ihren Beziehungen in einem Polykonstrukt werden, wie ältere oder alte Frauen, was sag ich: Menschen. Falls diese jungen Frauen allerdings das Polykonstrukt lediglich als Übergangsphase in eine monogame Beziehung halten sollten, kann ich mir schon vorstellen, warum sie unglücklich daraus hervorgehen. Wie gesagt, gut gepflegte Vorurteile...
Sorry für die harten Worte, aber wenn ich ein polyamouröses Beziehungskonstrukt eingehe, sollte ich mich zuallererst einmal mit dem Gedanken vertraut machen, dass der von mir geliebte Mensch (nicht ich, sondern der geliebte Partner!) außer mir auch noch andere Menschen lieben kann und darf. Sollte mir diese Vorstellung Angst machen, bin ich für diese Beziehungsform vielleicht einfach noch nicht geeignet bzw. reif genug. Poly heißt nicht, dass ich selber kreuz und quer vögeln und mich nach Belieben verlieben darf und der oder die andere/n haben so zu funktionieren, wie ich das gerne hätte, sondern ihr Wesen wurde hier schon von verschiedenen Diskutanten teilweise sehr ausführlich und hervorragend dargestellt. Love it, change it or leave it, wie man es in den Managerseminaren so schön beigebracht bekommt, aber zu sagen, Polyamorie würde die Leute unglücklich machen und sei deswegen schon wieder auf dem Rückzug halte ich für eine sehr unfaire Betrachtungsweise.
Nachsatz: habe mir eben nochmals den Fred in Gänze vorgenommen und dabei erst bemerkt, dass die TE zuerst den Fred und danach die Gruppe verlassen hat. Ich bin versucht zu sagen "meine gut gepflegten Vorurteile wurden mal wieder bestätigt", ganz sicher aber kann ich aus eigener Erfahrung beitragen, dass man auch mit über 60 keineswegs erwachsen sein muss. Schade, dass so viele Menschen diese Eigenschaft bei sich selbst und für sich selbst offenbar als entbehrlich ansehen, auf meiner Seite entsteht dann regelmäßig der Eindruck, dass ich meine Zeit verschwendet habe. Aber zum Glück läuft diese Diskussion auch völlig ohne TE ganz hervorragend...