Trigon,
deine Schilderung ist sehr interessant und macht etwas mit mir. Es hinterlässt bei mir das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen, weil ich eben mein Empfinden überhaupt nicht mit Politik und Gesellschaft verbinde. Im Gegenteil. Es ist höchst persönlich was ich hier schreibe.
Inwiefern bist du verbindlich, wenn deine Liebesgefühle zu nichts weiter fühlen, als das dir deine Gefühle Wohlbefinden machen? Du äußerst sie. Und dann?
Für mich resoniert nur ein "schön für dich" und sobald du mir was von Leistungsgesellschaft erzählen willst, höre ich ein "bleib mir bloß vom Leib mit deinen Bedürfnissen und Wünschen und Sehnsüchten.".
Kapitalismus verbinde ich mit Gewinnmaximierung und anzustreben, vom anderen Menschen mehr zu bekommen, als ich zu geben bereit bin, wenn ich das Prinzip auf die zwischenmenschliche Ebene bringe. Und das empfinde ich als kalt, egoistisch und ganz weit weg von mir. Der andere will etwas von mir, nämlich das ich gebe und bloß nichts zu nehmen habe.
Bei uns im Netzwerk ist dieses Thema präsent. Es geht um Bedürfnisse, Sehnsüchte und Vorstellungen, wie unsere Beziehungen gestaltet werden. Und wie hier schon erwähnt, funktioniert es meist bereits in den Basics nicht, wenn jemand damit anfängt, seine Pflichten zu vernachlässigen. Ganz profane Dinge und da bin ich noch nicht einmal bei Bedürfnissen wie zuhören und gemeinsame Freizeit zu gestalten.
Das war rückblickend auch in meinen monogamen Beziehungen immer der Punkt, wo es begann zu zerbrechen, ein ich liebe dich hohl und substanzlos wurde. Meist entwickelte es sich so, dass an mir alles Unangenehme im Alltag hängen blieb, er sich gefordert fühlte und Liebe als Mittel zur emotionalen Erpressung genutzt wurde.
Im Grunde hatten diese Männer ein Problem mit sich. Ein Bedürfnis noch mehr auszubrechen, weil ihnen der Alltag und Haushalt zum Hals raushing. Als Frau wirst du auch heute noch rasend schnell in die Haus und Mutti Position gedrängt. Das ist alles meins plötzlich und daraus kam dann regelmäßig ein"ich liebe Dich doch", wenn ich da raus wollte und Fairness einforderte.
Deshalb triggern mich hohle Worte und ja, möchte jemand mit mir zusammen sein, ergeben sich daraus automatisch auch Pflichten. Wenn ein Mann mir dann mit Unverbindlichkeit kommt und betont, dass Alltagszeug selbstverständlich von alleine läuft, stellen sich mir die Nackenhaare auf, weil ich das zu oft im Leben gehört und dann doch auf der Arbeit alleine sitzen blieb, weil der Mann schrittweise immer bedürfnisloser wurde. Plötzlich brauchte er es nicht ordentlich, weil ich mich garantiert vor ihm bewegte, bevor die Wohnung zum Saustall wurde. Eine ganz miese Masche und dann soll ein "ich liebe Dich" mir irgend etwas bedeuten?
Deshalb muss Liebe spürbar für mich sein und das Bett und schöne Worte deutlich verlassen.
Ansonsten nehme ich ein "ich liebe dich" als Gefühlsbekundung hin, die für mich keine Bedeutung hat. Es schafft keine Bindung bei mir. Und ich finde meine Einstellung dazu schützt mich davor, mich einbinden und dann ausnutzen zu lassen. Wer vor Taten und dem Prinzip von der Ausgewogenheit von Geben und Nehmen zurück schreckt, wird auch über kurz oder lang davor zurück schrecken meine Bedürfnisse wahrzunehmen und zu erfüllen, aus Liebe und intrinsisch motiviert, sondern immer ein Gefängnis darin sehen. So ein Mensch nutzt meine erwiderte Liebe nur aus, die sich dann in Handlung ausdrücken wird, wie ein böser Kapitalist.
Mit einem Ex Freund habe ich das neulich erst diskutiert. Er kam auch mit Freiheit und Unverbindlichkeit und trotzdem zu wollen, dass seine Freundin in seinem Sinne funktionieren soll. Und zu dem Ergebnis, dass er vielleicht tatsächlich ein klein wenig beziehungsunfähig sein könnte. Wir waren vor drei Jahrzehnten einige Jahre ein Paar. Und immer sind ihm die Frauen weggelaufen, so wie ich damals auch. Jetzt wird er langsam alt und einsam und merkt, dass es seine Angst vor Verbindlichkeit ist, sein Gefühl sich eingesperrt zu fühlen, sobald eine Frau ihn quasi verpflichtet im Sinn von Geben und Nehmen. Und die Frauen durchaus Recht damit hatten, Fairness einzufordern und dass es nicht nur um ihn und seine Bedürfnisse gehen kann.
Das kann auch hinter einem unverbindlich gesprochenen "ich liebe dich" stehen.
Gefühle sind dabei die Bitch, die einen reinreiten kann und Worte ihre Methode.
Übrigens kann ich deinem Modell folgen. Frei und unabhängig zu lieben. In diesem Modell habe ich meine eigene Wohnung und besuche ihn in seiner, wenn ich Lust auf ihn habe. Mein Alltag bleibt alleine mein Ding und ich bin natürlich so nett und wasche bei ihm auch mal ab. Um alles andere kümmert er sich. Er wohnt da. Wenn er mir auf die Nerven geht, weil er Probleme hat, habe ich eben keine Zeit. Passt ihm das nicht, ist es eben aus und meine Gefühle haben sich geändert. Und wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe, füge ich hinzu, dass er bloß nichts von mir erwarten darf. Das ist einfach nur eine Äußerung im Moment, die keine weiteren Erwartungen auslösen darf. Dann fühlen wir uns ganz toll verbunden und haben tollen Sex. Was will Frau mehr?
Ich kenne genug Frauen, die in meinem Alter sind und es nach ihrer Scheidung und Beziehungen, in denen sie Lastenesel waren, genauso halten. Und selbst da bestehen hohe Ansprüche an den Lover.
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