Mangel und Tiefe
Polyamorie bedeutet für mich eine Erweiterung und Bereicherung. Das geschieht durch geistigen Austausch in langen Gesprächen, in denen ich mein Wissen erweitere, ebenso wie durch emotionale Zärtlichkeiten für meine Seele. Hier erlebe ich Wertschätzung für mich als Person und für das, was ich tue. Und Polyamorie bedeutet natürlich auch den Austausch körperlicher Zärtlichkeiten, ein langsames Erkunden anderer Körper, ein ganz behutsames uund achtsames Entdecken in Gemeinsamkeit und Respekt voreinander. All dieser Austausch bedeutet ein Geben und Nehmen, ein Schenken und beschenkt werden, ein sich tief fallenlassen im Empfangen und ein aus der eigenen Seele heraus einen anderen Menschen verwöhnen.
Polyamorie hat für mich viel mit emotionaler und seelischer Tiefe zu tun, einem aus mir selber heraus Agieren auch im Schenken und Geben.
Dabei lasse ich Besitzdenken ebenso los wie Konventionen, die mich im Fühlen, mich selber Spüren und Genießen einengen und hindern.
Meine ganz persönliche und subjektive Erfahrung ist, je mehr ich fließen lasse, das Leben, miene Gefühle, meine in mir wohnende Zärtlichkeit, die ich Anderen als Geschenk anbiete, desto freier bin ich im Geben wie im Nehmen.
Und auch das ist meine ganz individuelle Erfahrung -- tiefe emotionale Ebenen erlebe ich nur, wenn ich selber keinen Mangel in mir spüre.
Wenn ich in Begegnungen gehe, weil ich einen Mangel an emotionaler Zuwendung, an körperlicher Nähe oder an Wertschätzung für mich und das, was ich tue, verspüre, dann fülle ich in diesen Begegnungen meine eigenen Bedürfnistöpfe wieder auf. Das ist okay und darf sein, keine Frage.
Nur, in die tiefen Ebenen von emotionalem Genuss falle ich erst, wenn ich aus mir heraus gebe und empfange, wenn ich emotional und körperlich keinen Mangel, sondern Fülle verspüre, wenn ich die Weite der Entfaltung und die Vielfalt meiner Gefühle aufnehmen und genießen kann.
Diese Tiefe auch in der Auflösung von Raum und Zeit, im phantasievollen gemeinsamen Gleiten durch die Wellen des Genusses erlebe ich nur, wenn meine Bedürfnistöpfe an Emotionen und Wertschätzung gut gefüllt sind.
Und in Begegnungen, egal ob auf der tiefen geistigen Ebene oder der phantasievoll-erotisch-sexuellen Ebene erlebe ich auch eine Auffüllung meiner Bedürfnistöpfe.
Nur eines spüre ich nicht -- Mangel.
Denn wenn ich aus einem Mangel heraus gebe oder empfange, erreiche ich, ganz subjektiv für mich empfunden, keine emotionale und seelische Tiefe.