Wenn ich die Überschrift dieses Threads richtig lese 🤔, so beinhaltet diese die Frage, wie ich etwas erkläre und nicht die, ob nun was besser, oder schlechter, oder weiter oder "normaler" oder sonstwas ist.
Ich erkläre es nicht ungefragt jedem, sondern den Menschen, die es betrifft (Partner, meine Kinder, beste Freunde oder die, die gezielt fragen).
Ich kann auch bzgl meiner ganz persönlichen Gefühlswelt nicht "DIE Polyamorie" erklären, sondern "nur" meine.
Das hört sich dann bei mir ungefähr so an
:
Ich war mit Anfang 20 zum ersten Mal in der Situation, in der es sich für mich falsch anfühlte, mich zwischen zwei Männern, die ich beide sehr liebte, entscheiden zu müssen. Dass ich das tun musste, stellte ich aufgrund von Erziehung und Sozialisation damals nicht infrage.
Ich entschied, heiratete nach kurzer Zeit den Einen und vergaß den Anderen nie...
Trotz der nie endenden Liebe zu dem Menschen, den ich da schmerzlich zurückließ, lebte ich 14 Jahre eine sehr glückliche Ehe und sie war auch dann noch glücklich, als ich mich dann in einen weiteren Mann verliebte und mir immer klarer wurde, dass ich mich diesmal nicht entscheiden kann.
Das war furchtbar - es ging mir sehr schlecht, trotz all der wunderschönen Gefühle -, weil ich mich selbst als "falsch" empfand. Meine Erziehung ließ mich denken, dass "mit mir was nicht stimmt" und dazu kam die damals starke Verbindung zur kath Kirche, in der ich mich sehr engagiert habe, die es bzgl meines Werteverständnisses nochmal schwerer machte, mein Fühlen annehmen zu können...
Für mich absolut unerwartet bekam ich in der Zeit etwas, was ich als großes Geschenk von den Menschen, die ich liebte, empfand :
Verständnis.
Ich durfte zum ersten Mal in dieser Krise, in der ich mich selbst wahrnahm, erleben, dass mich die Liebe der Anderen trägt.
Ich, der "Alien" 😉, wurde tatsächlich so geliebt, wie ich war und... angenommen, so wie ich fühlte...
Nicht ICH "entwickelte" mich irgendwohin, sondern WIR!
Als mein Mann 2 Jahre später starb, wurde nach und nach der weitere Partner auch von denen akzeptiert, die vorher kritisch oder verurteilend auf unsere andere Art zu leben geblickt hatten.
Mit "nur" einem Partner, der blieb, war das Weltbild von Nachbarn, Kollegen, entfernten Bekannten,... wieder "stimmig".
War ich jetzt nicht mehr polyamor???
Will mir irgendwer unterstellen, dass ich meinen verstorbenen Mann nicht mehr liebe
?
Über das Beispiel, dass Liebe mit dem Tod nicht endet und trotzdem weitere Liebe möglich ist, kann ich das Monoamoren tatsächlich ganz gut erklären.
Dass man sich von einem Verstorbenen nicht "entliebt", können die Menschen nachvollziehen.
Gleichzeitig will einem niemand vorschreiben - selbst die Kirche nicht - dass man nach dem Tod eines geliebten Menschen alleine bleiben muss.
Warum ist das so?
Warum darf "weitere Liebe" sein - warum KANN sie sein und wird akzeptiert - wenn ein geliebter Mensch verstorben ist?
Darf man also in unserer Gesellschaft nur dann 2 Männer lieben, wenn Sexualität nur mit einem gelebt wird?
Ist es DAS
?
Geht es den Beobachtern von Außen eigentlich gar nicht darum, dass LIEBE zu Mehreren kritisch beäugt wird, sondern... geht es in Wahrheit immer um sexuelle Exklusivität?
Das ist nämlich mEn die eigentliche Frage, die Polys von Monos trennt.
Jedenfalls habe ich diese Erfahrung bzgl Reaktionen beim Erklären gemacht.
Weil oft unterstellt wird, dass man es "Polyamorie" nennt und "in Wahrheit nur Sex mit Mehreren" dahintersteckt... tue ich persönlich mich wahnsinnig schwer damit, dass so oft Liebe mit Promiskuität, oder mit der reinen Körperlichkeit in der Begegnung gleichgesetzt wird, so "tantrisch" das auch manchmal - auch hier in der Gruppe - begründet wird.
LIEBE ist ein ganz tiefes Gefühl, dass für mich ganzheitliche Verbundenheit beinhaltet, die auf unterschiedlichen Ebenen sein kann - und DARF.
Sie verbindet und ist für mich verbindlich. Gelebte Sexualität ist sowieso immer exklusiv, weil Menschen unterschiedlich sind und sich im Miteinander gar nichts Nicht-Exklusives entwickeln kann.
Liebe ist... und ich bin nicht "weiter", wenn ich das Geschenk mehrfach bekomme.
Das kann ich weder suchen, noch planen.
Allein die Entscheidung, wie und ob die Liebe auch körperlich ausgelebt werden kann, macht mich nicht "reifer", oder lässt mich nicht glauben, irgendwo "refkektierter" zu sein.
Es gibt für mich nie "DIE Entscheidung" für, oder gegen ein Lebensmodell, sondern FÜR das Gefühl.
Es geht immer um die, die es betrifft und so lebe ich mein Leben, das nach ruhigen Zeiten immer wieder spannend wird, weil es nunmal nicht stillsteht.
Ich behalte Liebe immer im Herzen und genieße es, wenn Menschen in mein Leben kommen, die sie mich spüren lassen - und im besten Fall erwidern.
Wie sich das dann gestaltet, entscheidet kein "Modell" und auch nie irgendwas, was vorgefertigt nachgeahmt werden kann.
"Polyamorie" ist nur eine Wortkreation. Eine Bezeichnung als Mittel zum Überhöhen zu benutzen, erscheint mir sehr seltsam - sogar verrückt.
Ich mag mich gar nicht an irgendwas Neuem "festhalten", wo ich das Alte doch so mühevoll hinter mir gelassen habe.
Ich mag kein neues Dogma.
Jeder soll leben können, wie es für ihn und die, die er/sie liebt, passt.
So tief zu lieben, dass man für "den Einen" auf das Ausleben weiterer Sehnsucht verzichtet, kann auch wichtig und besonders sein.
Und... wenn sich das dann nochmal verändert 🙂, so ist das nicht meine bewusste Entwicklung - das finde ich persönlich überheblich, zu denken - sondern :
Das Leben...