Hallo,
mein Mann und ich haben uns die größtmögliche Freiheit zugestanden, denn Regeln festzulegen, ohne zu wissen, welche sinnvoll und erforderlich sind, das haben wir ganz schnell gemerkt... gefühlt muss sich das von selbst entwickeln und Angst ist aus meiner Sicht ein schlechter Ratgeber.
Sexuelle Beziehungen hatte ich lediglich zwei in all den Jahren, er über ein Dutzend. Teilweise lernte ich die Frauen kennen, teilweise auch nicht. Teils gab es massive Konflikte, teils nicht.
Mein Mann hat ein Faible für deutlich jüngere Frauen, hat sich herausgestellt, ich bin 6 Jahre älter als er. Weiterhin merkte ich, dass sein Invest in Beziehungen deutlich höher ist, wo Jugend und Sex locken, es gab deshalb schon häufiger Konflikte.
Ich weiß, dass ich nichts erzwingen kann. Ich weiß und habe gelernt, mich in Selbstfürsorge zu üben, was meine Wünsche und Bedürfnisse betrifft. Ich habe gelernt, sie angemessen zu kommunizieren. Ich lerne noch immer, meine Grenzen zu wahren, da ich dazu neige, viel zu viel auszuhalten, was überhaupt nicht erforderlich oder sinnvoll ist.
Zu Beginn hatten wir für ein dreiviertel Jahr eine Viererkonstellation, die wurklich polyamor gelebt wurde.
Inzwischen würde ich das, was wir leben, nicht mehr polyamor nennen. Ich kenne seine weitere Frau, er kennt meine Spiel-Liebes-Beziehung, es hat sich über einige Konflikte hinweg anders entwickelt, als es ursprünglich geplant war. Er lebt zeitlich zwei durchaus gleichwertig zu nennende Beziehungen. Bei mir ist das Häusliche angesiedelt, die gemütliche Couch, Gespräche, das gibt es viel, gemeinsame Unternehmungen oder auch Urlaube gibt es nur sehr, sehr begrenzt. Da ist sehr viel Alltag.
Drüben bei seiner sehr viel jüngeren Freundin ist ganz viel Spaß, sie haben einen eigenen Bekanntenkreis, ich bin da so gut wie nie dabei, sie sind im letzten halben Jahr häufig in Kurzurlaube gefahren, fahren jetzt wieder in Urlaub, also viel Spiel, Spannung, Spaß.
Ich bin seit diesen Änderungen, genauer vor drei Jahren, in eine Findungsphase geworfen worden. Merke, ich werde älter und schon ruhiger, Bedürfnisse verändern sich, was ganz gut dazu passen würde, denn mein Mann braucht die halbe Woche bei mir ganz klar Erholungszeit. Er wird ganz schön auf Trab gehalten, da ist nicht mehr viel Kraft für mich bzw die Alltagspflichten da. ^^
Meine Selbstfürsorge betreibe ich, fahre dieses Jahr wieder ohne ihn in Urlaub bzw. Mit meiner Zweitliebe (es ist noch nicht raus, ob er kann), fange langsam an, mir wieder einen eigenen Freundeskreis aufzubauen, nachdem ich fast zwei Jahre sehr viel darüber nachgedacht und beobachtet habe, was um mich herum passiert. Was ich will. Was mir wichtig ist. Was ich von meinem Mann erwarten kann und was alles nicht.
Seine Freundin ist eine total liebe Person, ich mag sie. In gewisser Weise ist sie wie ich mit Mitte 30. Voller Elan nimmt sie die dortige Freizeitgestaltung und Beziehung in die Hand, organisiert und macht und tut. Mein Mann findet das prima, meistens jedenfalls. Das fand er an mir damals, als wir uns kennen lernten, auch toll.
Für mich ist es sehr interessant, quasi ein Spiegelbild meines eigenen Verhaltens zu beobachten, ich war nämlich genauso engagiert wie sie.
Was
@****on schreibt, beschreibt das, was mir auch wichtig ist:
• Die innere (Ver)Bindung
• Das wohlwollende Bemühen um ein wertschätzendes Miteinander
Ich kann gleichzeitig anmerken, was mir fehlt, also meine Bedürfnisse kommunizieren, weiß aber auch, dass das wohlwollende Bemühen auf Freiwilligkeit beruht. Konfliktfrei laufen diese Prozesse nicht ab. Gerade weil zb wir Frauen uns kurzschließen und sie mir auch von ihren Sorgen mit ihm erzählt oder sein Verhalten besser einordnen möchte. Nicht oft, aber ab und an.
Die Freundin meiner Zweitbeziehung will keinen Kontakt mit mir. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit "der anderen Frau" und Eifersucht in der vorherigen Zweitbeziehung, inklusive plötzlichem Wettkampf um den Mann (der das sicherlich charmant gefunden hätte, wenn zwei Frauen seinen Bauch pinseln und sich für ihn konkurrierend abstrampeln), ist mir das sehr Recht. Ich lasse mich nicht in eine vergleichende Position bringen, wo ich um die Gunst eines Mannes mit einer anderen Frau zu konkurrieren habe. Ich bin doch nicht bescheuert. ^^
Mit den weiteren Partnern muss ich gar nicht umgehen. Ist allseits ein Kennenlernen erwünscht, gestaltet sich alles Weitere nach den Geschehnissen selbst. Ich weiß, dass ich mich nicht in eine Wettbewerbssituation bringen lasse. Ist mir der Mensch unsympathisch, muss ich keine Zeit verbringen und umgekehrt. Wieviel wer erzählen möchte, zeigt sich von alleine.
Kleiner Tipp: wenn einer der Partner sich anfängt bewegen zu lassen, in diesem Fall den beiden Frauen es überlässt, die Beziehungen zu organisieren und zu pflegen, lass das nicht zu, dich in diese Rolle drängen zu lassen. Der, der zwei getrennte Beziehungen pflegen möchte, ist automatisch in der Pflicht, sich zu kümmern. Und jeweils mit den Frauen einen Weg zu finden, wo alle Beteiligten zufrieden sind. Mein Mann fand das zuerst ganz angenehm, dass wir Frauen uns um alles kümmerten, bis es eskalierte, weil er passiv blieb, angeblich bedürfnislos und er sich so der erforderlichen Beziehungsarbeit entzog. Das fing damit an, dass er einforderte, man müsse ihm sagen, was man will. Das bringt bei einem armen gestressten Mann (zwei Frauen sind echt anstrengend, vor allem, wenn er was tun soll) in eine Position der ewigen Nörglerin, weil er dann verschleppte und nicht das tat, was Frau ihm auftrug (sich um Termine kümmern, Reparaturen, Urlaub). Ich sollte dann bitte organisieren, machen, tun, wenn ich Wünsche hatte, die unsere gemeinsame Freizeitgestaltung betrafen.
Das ist eine ganz böse Falle, die auf allen Seiten für viel Unmut sorgt, wenn einer sich bedürfnislos entzieht, immer überfordert ist mit den Wünschen der Partnerinnen, sich davor drückt, mal zu sagen, was er will und so weiter. Bei meinem Ex-Zweitie bin ich in diese Falle getappt, wo ich ständig mit seiner Frau um Termine kämpfte, er sich bewegen und verwalten ließ und am Ende der arme gestresste Mann zwischen zwei Frauen war. Am Ende haben wir Frauen offen geredet und als er seinen Teil erledigen sollte, war er am Ende wieder Single.
Ich glaube, diese Dynamik ist in polyamoren Konstellation der häufigste Grund für Konflikte und sehr viel Stress und Leid. Und da macht es sehr viel Sinn, Zuständigkeiten festzulegen. Will ich Beziehungen zu zwei Männern führen, ist es mein Job, das zu organisieren, Termine abzusprechen und im Konfliktfall Lösungen zu finden. Klassiker sind Freizeitaktivitäten, Urlaube, alltägliche Pflichten wie Haushalt, unter Umständen auch Geldausgaben. Kurzum, wie sich Ressourcen aufteilen lassen.
Sie