Zitat von **********uegeI:
„• Fühlt ihr euch abgelehnt, vorverurteilt und/oder diskriminiert? Habt ihr Angst, offen zu eurer Art zu lieben zu stehen?
Manchmal fühle ich mich diskriminiert. Manchmal habe ich das Gefühl, unheimlich viel erklären zu müssen, nur um Raum einnehmen zu können. Angst, dazu zu stehen habe ich dadurch aber nicht.
Zitat von **********uegeI:
„• Habt ihr real im täglichen Leben schon Diskriminierung oder Abwertungen erfahren? Welche?
Habe ich. Meistens ist es Abwertung meiner Verbindungen zu anderen Menschen, Kommentare wie "Aber das ist ja alles nur oberflächlich, dir kann ja niemand davon wirklich ernsthaft wichtig sein" und ähnliches.
Mir wird auch bisweilen unterstellt, ich würde nicht für mich sorgen und das nur um meines Partners Willen machen. Meistens wird mir untersagt, über mein Privatleben oder meine Menschen zu sprechen, auch wenn andere über ihre Partner sprechen dürfen. In der Regel halte ich mich in solchen Umfeldern aber nie lange auf. Das gilt sowohl für Privat, als auch Arbeit.
Zitat von **********uegeI:
„• Seht ihr gewisse politische Vorgaben (z.B. Ehe nur zwischen zwei Menschen) als diskriminierend und/oder änderungswürdig an? Wie sehr tangiert und/oder belastet euch das?
Ich denke, dass das ganze System Ehe nicht aktuell und sinnvoll ist. Anstatt normative Familien so stark einzuschränken und zu begünstigen, sollten bessere Methoden gefunden werden, um Familien zu entlasten. Dazu gehört auch, real existierende Familien anzuerkennen, egal, wie sie aussehen und wie viele Menschen beteiligt sind. Und vor allem auch, ob die Erwachsenen Sex miteinander haben oder nicht.
Die Ehe an sich, wie sie besteht, ist in sich diskriminierend und ausschließend und damit nicht angemessen.
Zitat von **********uegeI:
„• Outet ihr euch? Vor wem outet ihr euch und vor wem nicht? Outet ihr euch auch außerhalb des privaten Umfelds, z.B. im öffentlichen Raum, bei der Arbeit u.ä.?
Ich oute mich grundsätzlich, weil ich keinen Bedarf habe, Menschen in meinem Umfeld zu haben, die mich und andere diskriminieren. Wenn ich nicht sein kann, wie ich bin, habe ich keine Lust, in deren Umfeld zu sein.
Ich will weder mich noch meine Menschen verstecken müssen und ich habe auch keinen Bedarf daran, jeden Tag überlegen zu müssen, mit wem ich mich wann wo zeigen kann oder über wen ich sprechen kann. Ich rede offen über mein Leben, die Menschen darin sind der wichtigste Bestandteil davon. Das trifft auch auf den öffentlichen Raum zu.
Zitat von **********uegeI:
„• Seht ihr die Entscheidung für oder gegen ein Outing als reine Privatsache an? Oder hat ein Outing für euch auch eine gesellschaftspolitische Dimension? Wird es dadurch gewissermaßen auch zu einer sozialen "Aufgabe" oder gar Pflicht für jeden von uns, weil es als Einsatz für mehr Akzeptanz und mehr Rechte zu verstehen ist?
Outing ist nie nur Privatsache. Dennoch ist es auch nicht sinnvoll oder in Ordnung, ein Outing zu erzwingen oder es zu moralischer Pflicht zu machen. Diskriminierung ist echt und gefährlich, entsprechend muss das jeder Mensch für sich bzw. gemeinsam mit seinen Partnern entscheiden. Sich selbst zu outen bedeutet immer auch, die Menschen im eigenen Umfeld mit hineinzuziehen, daher muss man sich auch überlegen, wen man datet.
Ich denke, wenn man es kann, gerade, wenn man anderweitige Privilegien besitzt, sollte man sich aber schon überlegen, sich nicht doch zu outen. Es hat großen impact und ist bedeutungsvoll. Diese Dinge sind nie nur privat, immer auch politisch - und daher wichtig. Aber dennoch muss es jeder für sich entscheiden.
Zitat von **********uegeI:
„• Was hält euch von einem Outing ab?
Nichts.
Zitat von **********uegeI:
„• Was haltet ihr von folgender Kritik: Polyamore ziehen sich mehrheitlich ins Private zurück und outen sich nur im engen Freundeskreis. Das heißt auch, dass sie sich nicht für eine größere Sichtbarkeit ihrer Gruppe und damit für mehr Akzeptanz und mehr Rechte einsetzen. Seht ihr das so oder seid ihr ganz anderer Meinung?
Ich bin mir nicht mal sicher, wie weit diese Aussage den Fakten entspricht, gerade weil Polyamorie zunehmend mehr Öffentlichkeit bekommt. Diese Öffentlichkeit kommt auch irgendwo her - es gibt viele Menschen, die sich genau dafür einsetzen und offen darüber sprechen.
Davon abgesehen setzt es immer große Privilegien und Sicherheit voraus, sich selbst für größere Sichtbarkeit und Akzeptanz einzusetzen, weil man sich der Öffentlichkeit dadurch zeigen muss. Dadurch verliert man Schutz und erfährt Diskriminierung, teils auch Hass. Nicht jeder Mensch hat die Grundlagen dafür, nicht jeder will oder kann das. Und niemand sollte das von einem anderen Menschen verlangen. Sich hinzustellen und zu behaupten, dass andere nicht genug tun, nicht genug kämpfen, heißt am Ende nur, dass man seine eigenen Privilegien nicht gecheckt hat und nicht anerkennt, dass nicht jedes Menschen Leben so einfach und leicht ist, dass er sich das leisten kann.
Also nein, ich empfinde diese Kritik nicht als gerechtfertigt, auch wenn Sichtbarkeit wichtig ist. Heute haben wir aber mehr Sichtbarkeit als je zuvor, also ist das schon auch sehr überheblich.