Wichtigste Beziehung ist die zu Dir selbst
Hey Dread_Fuchs,
Sich mit dem Thema auch theoretisch zu beschäftigen finde ich grundsätzlich nicht schlecht. Ich persönlich kann theoretisches Wissen gut un meiner Lebenspraxis wiederfinden und nutzen. Von Physik bis Beziehungsgestaltung habe ich meinem theoretisches Wissen immer was abgewinnen können. Aber das ist Typsache. Für mich größtes + an theoretischer Auseinandersetzung mit Poly/Beziehungsanarchie ist, dass es mich befähigt über Beziehungen im allgemeinen gut und präzise zu kommunizieren. Mein Eindruck ist, dass das in unserer westlichen, medialisierten Gesellschaft eine ziemlich vernachlässigte Fähigkeit ist und daher die Menschen ziemlich wenig miteinander an und von Beziehungen lernen. Ich kenne aber auch Menschen, die sich damit theoretisch gar nicht wirklich auseinandersetzen, aber durch Achtsamkeit ihren eigenen Gefühlen gegenüber und den Menschen um sich herum, wunderbare Mehrfachbeziehungen führen, von denen etliche Leute, die sich jahrelang in theoretisch-praktische Arbeit gestürzt haben, träumen würden. Wie gesagt... Typsache.
In jedem Fall ist aber (...Lernbereitschaft in Sachen...) Achtsamkeit, Ehrlichkeit und Empathie zentral wichtig. Erfolgreich überlebte Jahre, bisherige Erfahrungen oder abgearbeitete Literaturlisten sind meiner Meinung nach zweitrangig.
"...habt ihr genug "Geduld", um die erste Poly-Beziehung zu sein?" 😁
Ich antworte jetzt etwas an der Fragestellung vorbei, aber sehr persönlich. Ich denke das passt zu dem Thema, auch wenn der Blickwinkel mehr mit BA als Poly zu tun hat:
Ob ich eine intime Beziehung zu jemandem pflege/anstrebe, der nicht schon irgendwie erfolgreich begonnen hat, das aufzubrechen, was in die Abhängigkeit der mono-amoren RZB führt, entscheide ich eigentlich an der folgenden (ziemlich theoretischen
) Fragestellung:
Wie gut kann ich gerade in meinem Leben mit jemandem umgehen, der an seine Liebe irgendeine Art von (Vor-)Bedingungen, (un-) ausgesprochene Deals oder Erwartungen knüpft?
Liebe hier in dem Sinne aufmerksamen, konstruktiven Wohlwollens einem Menschen gegenüber, einfach nur weil er ist.
Da kann manchmal eine Kleinigkeit, die mir nicht passt, für ein Nein ausschlaggebend sein, weil ich zur Zeit genug mit mir und meinen Lebensumständen beschäftigt bin, gerade bei genau dieser Kleinigkeit noch selbst sehr unsicher bin oder bei mir irgenwelche Trigger anspringen für deren Aufarbeitung ich gerade keinen Kopf habe. Ein anderes Mal, kann ein Gedankengang überwiegen ähnlich wie...
"Was für ein toller Mensch, der bereit ist eine ganz intime Beziehung einzugehen und seine tiefsten Gefühle und Prozesse mit mir zu teilen. Ich weiß wie schwer so etwas sein kann und wenn ich Verlässlichkeit in diesem Moment anbiete, verlange ich von mir selbst, dass ich dann auch da bin, wenn man sich in einem anderen Moment darauf beruft."
Die Entscheidung, ob ich eine Beziehung eingehe und wie die aussieht, treffe ich danach wie es mir in meinem Leben geht. Wenn ich fur mich selbst diese Fürsorge und Wertschätzung aufbringe, kann ich sie auch immer meinem Gegenüber entgegenbringen. Und das halte ich für das Wichtigste für funktionierende Beziehungen, egal ob mono, poly, anarchisch, swinger oded sonst was.
Sorry für die vielen Worte. Kürzer hab ich es nicht hingekriegt. Ich hoffe es ist hilfreich.
Herzliche Grüße
Ralf