Hallo Diffeomorph.
Also ich kenne das auch und finde den Zustand des Verliebtseins zwar toll, aber auch schwierig - erst Recht in (m)einer Poly-Konstellation.
Wenn Verliebtheit bei mir "voll ausbricht", dann ist sie extrem intensiv. Ein Hochgefühl, das aber so intensiv ist dass es oft auch schmerzt, eine extreme Fixierung auf den Mensch in den ich gerade verliebt bin. Logisch, dass das herausforderndend ist.
Ich versuche folgendes:
• Die Zeit, die ich mit dem neuen Menschen habe, bewusst einzuschränken auf ein Maß, das es mir ermöglicht, meinen Partner nicht zu vernachlässigen. Das halte ich für wichtig, so zeigt man dem Partner dass es einen festen Stand bei einem hat. Aber ich habe auch bemerkt, dass man sich nicht zu extrem zurück halten sollte - das kann den neuen Menschen verletzten und bei einem selbst zu Frust führen. Eine gesunde Balance ist hier wohl zu finden.
• Bewusst schöne, besondere Dinge mit dem langjährigen Partner machen. Z.B. ihn mit Tickets für ein Konzert überraschen. Mit dem neuen Menschen verbringt man ja oft automatisch fast nur Quality Time. Mit dem langjährigen Partner dominiert der Alltag etc, was die Beziehung manchmal "trister" macht. Hier will ich bewusst gegensteuern.
• Den Übergang von der Zeit mit dem neuen Partner zum alten Partner bewusst gestalten, um im Zusammensein mit dem alten Partner mental präsent zu sein. Ich nehme mir wenn möglich nach einem Treffen mit dem neuen Partner etwas Zeit alleine. Höre ein schönes Lied, das ich mit dem neuen Partner in Verbindung bringe. Dann eins, das mich an den alten Partner erinnert. Dann meditiere ich ein paar Minuten, konzentriere mich also auf etwas ganz anderes oder etwas von mir selbst. Nach diesem Ritual habe ich den Kopf etwas freier für meinen langjährigen Partner. Idealerweise mache ich es aber so, dass ich bei meinem neuen Partner über Nacht bin, dann arbeiten gehe und danach zu meinem langjährigen Partner zurück fahre. So bleibe ich mit den Gedanken nicht so sehr beim neuen Partner. Ähnliches gilt für Tagträume, die ich im Zustand der Verliebtheit extrem viel hab. Ich versuche mir das in Zeuten zuzugestehen, in denen ich sowieso alleine bin - zum Beispiel bei der Fahrt zur Arbeit und zurück. Bevor ich dann aber zu meinem langjährigen Partner heim komme, beschäftige ich mich meist kurz bewusst mit etwas ganz anderem - z.B. Nachrichten, einem Podcast o.ä. Auch das hilft mir, bei meinem langjährigen Partner mental präsent zu sein.
• Ich finde, Verliebtheit ist so ein intensives Gefühl, dass die langjährige Liebe manchmal blass erscheint, wenn man gerade verliebt ist. Das führt bei mir regelmäßig zu Sorgen, Erschrecken, Schuldgefühlen. Ich mache mir selbst dann nochmal bewusst klar, dass diese Gefühle unterschiedlich sind und das dass, was ich erlebe, recht normal ist. Dazu lese ich auch gern was zum Thema, z.B. den Abschnitt zur Verliebtheit im Buch Schlampen mit Moral oder hier diesen schönen Beitrag:
http://polyfor.us/common-nre-mistakes/#print
• Ich musste meine Einstellung in Sachen Priorisierung ändern. Mein Mann und ich sehen uns als "Primärbeziehung". Für mich funktioniert es aber nicht, gefühlsmäßig zu priorisieren. Ich kann meine Gefühle nicht kontrollieren und es hilft nichts, mich schuldig zu fühlen, wenn ich mal intensiver oder besser oder mehr für den neuen Mann fühle. Deshalb ordne ich meine Beziehungen jetzt eher nach Rollen ein. Mit meinem Mann lebe ich, will ich Kinder. Ich fand den Begriff "Nestpartner", den hier mal jemand genannt hat, sehr schön dafür. Die Rolle als Nestpartner wird ihm auch von niemand genommen.
• Absprachen und Beschränkungen: Ganz schwieriges Thema für mich. Wenn nein Mann mich bittet, mit meinem neuen Freund XY nicht zu machen, weil es ihn verletzt. Uff! Wenn XY mir nicht so wichtig ist, kein Problem. Wenn ich mich selbst aber danach sehne, XY mit dem neuen Freund zu machen... puh. Anfangs hab ich mich immer eingeschränkt und zurück gehalten. Weil ich mir klar gemacht habe, mein Mann schränkt mich nicht aus bösem Willen ein, sondern weil ihn das Ganze einfach zu sehr mitnehmen würde. Ich versuche da bewusst, ihm auch zu vertrauen, dass er so viel zulässt wie möglich. Und mich in seine Situation zu versetzen. Aber... in manchen Dingen hat das bei mir trotzdem zu dem Gefühl geführt, kontrolliert zu werden, mich mit dem neuen Partner nicht frei fühlen zu können, blockiert zu sein... bei mir hat das teilweise leider zu Frust und sogar Wut auf den langjährigen Partner geführt. Kein Gefühl, von dem ich gerne zugebe, es gehabt zu haben. Nun ja, seitdem versuche ich deutlicher für das einzustehen, was ich mir wünsche. Ich versuche einen Mittelweg zu finden... mich nicht zusehr zu kasteien, aber dennoch Rücksicht zu nehmen (das ist ja auch irgendwie meine Verantwortung). Da stehe ich oft zwischen gleich drei Stühlen... den Wünschen des langjährigen Partners, den des neuen Partners und meinen eigenen... und es ist furchtbar, eins von den dreien nicht zu berücksichtigen... manchmal lassen sich aber nicht alle in Einklang bringen. Ich versuche auszugleichen, habe dafür aber noch keine Lösung gefunden.
• Ich mache mir immer wieder klar, was für ein Geschenk der langjährige Partner mir da macht... mich leben zu lassen, lieben zu lassen, wie ich bin... alles zu entfalten. Das ist wundervoll. Das ist auch nicht einfach für den langjährigen Partner und gerade deshalb ein tolles Geschenk. Wenn ich daran denke, kommt ein wohliges Gefühl auf.
• Zeiten wo ich mit dem langjährigen Partner bewusst zusammen bin (Mahlzeiten, Kuscheln, Quality Time, Unternehmungen) gehören ihm und die Kommunikation mit dem neuen Partner ist auf ein Minimum beschränkt, außer in Notfällen wie emotionalen Ausnahmesituationen beim neuen Mann. Wenn viel Sehnsucht da ist, vereinbare ich mit dem langjährigen Partner, dass ich zu einer passenden Zeit mit dem neuen telefoniere. Das lasse ich dann aber auch nicht ausufern. Möglichst kommuniziere ich mit dem neuen Partner zu Zeiten, wo mein langjähriger Partner nicht bei mir ist oder sowieso mit was anderem beschäftigt ist oder auch mit anderen Menschen schreibt/telefoniert.
Liebe Grüße!