Liebe Sabine,
Nein ich fühle mich nicht krank!
vergiss diesen Satz bloß nicht, rahm in ein und häng ihn überall auf! Du wirst noch früh genug dran zweifeln, fürchte ich.
Also hat eben jetzt erst eine Einzeltherapie meines Mannes stattgefunden, zu der er mir in der letzten Nacht gesagt hat, dass er deutlich mehr Termine gehabt hat, als mir gegenüber gesagt.
Ich hatte bis jetzt noch keinen Termin mit meiner eigenen Therapeutin.
Also unsere Probleme in der Ehe oder in meiner Liebe zu meinem Freund sind Ferndiagnosen, seitens sehr guter Freunde, oder eben der Therapeutin meines Mannes.
Ich nenn das nicht Ferndiagnose sondern unfaires Urteilen hinter Deinem Rücken. Sei mir nicht bös, aber nach dem, was Du bisher über die guten Freunde geschrieben hast und nach dem was diese Therapeutin von sich gibt - das ist nicht objektiv, das ist in hohem Masse einseitig!
Sie hat sich allerdings auch zur Aufgabe gemacht in erster Linie ihm zu helfen. Er ist der Ernährer der Familie und er muss wieder mit freiem Kopf zur Arbeit gehen können.
Wie bitte? Da geht es gar nicht um eure Beziehung(en), sondern darum Deinen Mann wieder funtkionstüchtig zu machen?!
Und ja da liegt das Problem der rosaroten Brille, dass ich gehofft habe durch all meine Liebe ihn vor dem Abgrund bewahren zu können und nicht erkannt habe, dass er bereits fällt und ich ihn nicht auffangen konnte, weil er Hilfe von anderer Seite erhofft hatte.
Dein Mann ist auch selbst für sich verantwortlich; wenn er deine Hilfe braucht, muss er das auch kommunizieren. Und wenn er die Hilfe woanders sucht, bist nicht Du verantwortlich, wenn er fällt.
Ich habe mich an einen Traum geklammert und mein Freund hat sich ebenso daran geklammert.
Was wäre das Leben ohne Träume?
Ich werde unvoreingenommen in diese Therapie hineingehen, weil wie gesagt ich eigentlich noch gar keine Sitzung hatte.
Ich werde sehen was zu retten ist.
Du gehst zur gleichen Therapeutin? Das würde ich mir gut überlegen, sie hat ja offenbar schon selbst gesagt, dass es ihr in erster Linie um den Familienernährer geht. Wie willst Du da Hilfe für Dich bekommen können? Und vergiss den Satz ganz oben nicht ...
Ich werde feststellen, was alles schief gelaufen ist, warum ich nicht für meinen Mann auf meinen Freund verzichten wollte.
Weil Du ihn liebst, weil Du beide liebst? Da ist erst mal gar nichts schiefgelaufen, Du hast Dich verliebt und dennoch die Liebe zu deinem Mann nicht verloren oder weggeworfen. Du und wenn ich mich richtig erinnere auch Dein Mann wollten daraus etwas positives machen. Und jetzt wäre es plötzlich Dein Versagen, Deine Unfähigkeit zum Verzicht?
Ich bin manchmal trotzig, nach dem Motto, jetzt erst recht, will mir nichts vorschreiben lassen, will meine eigenen Entscheidungen treffen, mich auf gar keinen Fall manipulieren lassen.
Kann ich verstehen und es wird sehr sehr schwer sein sich gegen letzteres zu wehren. Ich weiß nicht, welche Möglichkeiten ihr habt, aber ich würde darauf bestehen, dass die/der Therapeut/in von euch beiden gesucht und von beiden akzeptiert werden kann. Sprich, wenn sich diese Therapeutin tatsächlich als so voreingenommen herausstellt, dann würde ich an deiner Stelle einen Wechsel einfordern und jemand suchen, der Poly nicht per se als krankhaft ansieht.
Vielleicht kommen wir an einen Stein in unserer Beziehung, den wir alleine noch nicht umgedreht hatten und erkennen, warum genau die Liebe zu meinem Freund nicht diskutierbar war und nicht wie so viele Entscheidungen in unserer Beziehung mit einem: Na gut!!!, meinerseits oder seitens meines Mannes geendet hat.
Manche Dinge sind eben nicht diskutierbar, man kann sie nicht aus der Welt reden Punkt. Sie mögen verhandelbar sein, man kann drüber diskutieren wie man damit umgeht, aber sie können nicht aus der Welt geschafft werden.
Ich habe mich heute morgen mit meinem Freund getroffen. Wir haben gemeinsam die Entscheidung getroffen, dass wir, wie auch von meinem Mann und seiner Therapeutin erlaubt (zur Realitätsfindung), empfohlen, nennt es wie ihr wollt, einen gemeinsamen Urlaub antreten werden und uns danach trennen werden.
Jetzt bekommt die Süchtige noch eine Überdosis, auf dass ihr richtig schlecht werde und ab zum Entzug? Und es wird euch "erlaubt"? Mit welchem Recht, mit welchem Selbstverständnis? Vor allem die Therapeutin, die (noch) nicht mal Deine ist - wie kann sie sich anmassen, Dir etwas erlauben und daraus folgend anderes verbieten zu wollen?
Es fällt uns nicht leicht, ganz sicher nicht, aber es fehlt mir die Antwort auf meine Gefühle, ob ich meine Kinder verlassen könnte, ob ich meinen Mann verlassen könnte, ob ich dann glücklicher bin.
Mein Freund unterstützt mich darin.
Wieso solltest Du Deine Kinder verlassen? Und Deinen Mann - Du willst das ja auch nicht. Dein Mann würde Dich verlassen, wenn Du nicht bereit bist, einen sehr wichtigen Teil deines Lebens nach seinen Bedürfnissen auszurichten. Da euch das beide betrifft, wird umgedreht natürlich auch ein Schuh draus - aber Du bist nicht diejenige die verlässt!
Mein Mann will hart an unserer dann neu beginnenden Zukunft arbeiten.
Warum bekomme ich regelmässig lockige Zehennägel, wenn ich den Ausdruck "hart arbeiten" in Bezug auf Liebe angewandt sehe? Nein, nein ich will nicht bestreiten, dass man in Beziehungen auch "Arbeit" stecken muss. Aber in dieser Ausprägung, in diesem Zusammenhang ... puhh.
Vergiss den Satz ganz oben nicht, Sabine!
Würzigen Gruß
Marion