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Was, wenn ein Partner erkrankt?

Was, wenn ein Partner erkrankt?
Als (nicht mehr ganz) Neuling beschäftigt mich eine Frage schon seit längerem.
Wenn ein/eine PartnerIn schwer erkrankt, wie geht ihr damit um? Und vor allem, wie wirkt sich diese schwierige Situation auf die andere(n) Beziehung(en) aus?
Die Frage betrifft mich gerade und ich bin dankbar für ehrliche und konstruktive Antworten.
*****u70 Frau
226 Beiträge
Bei uns bin ich diejenige, die krank ist.
Ich kann also nur meine Sicht darstellen. Wenn ich meine Bezugsperson "brauche ", ist sie für mich da. Die anderen Partner*innen haben sehr viel Verständnis dafür und sind auch für mich da. Egal ob ich psychische oder ganz praktische Unterstützung benötige. Zusätzlich stärken meine Metamouren meine Bezugsperson.
Wenn ein/eine PartnerIn schwer erkrankt, wie geht ihr damit um? Und vor allem, wie wirkt sich diese schwierige Situation auf die andere(n) Beziehung(en) aus?

Ich bin im Rahmen meiner Möglichkeiten für meine beiden Männer da. Sie für mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch.

Seit Januar bin ich sexuell zb raus, wegen Unfall und jetzt Bandscheibenvorfall. Dazu kommt Corona.

Mein Ex Zweitie hat mich damals sogar besucht, nur um mich zu betüddeln, als ich Mumps hatte.

Ich finde, es zeigt sich erst in Krisenzeiten, was andere Menschen wirklich für einen sind.

Ob es bloß um Sex und Spaß geht, jemand fast sofort mit anderen Menschen losbimst, oder Liebe im Spiel ist.

Weshalb sollte ich einen Polypartner anders sehen als einen Monopartner? Natürlich ist das nicht angenehm, wenn zb einer plötzlich ausfällt und unklar ist, ob er oder sie wieder gesund wird.

Sie
**********derHB Mann
2.673 Beiträge
Zitat von *****u70:
Zusätzlich stärken meine Metamouren meine Bezugsperson.

Habt Ihr denn einen so guten Kontakt untereinander, dass die Metamouren auch Dich direkt stärken können?
*******enig Mann
10.111 Beiträge
Krankheit? Ist heutzutage gesellschaftlich nicht akzeptiert. Vorübergehende Funktionsstörung mag vielleicht noch gehen, alles andere sollte man mit einer Schlaufon-Äpp schnellstmöglich abstellen. Wir haben gefälligst gesund zu sein. Dass wir Zeiten erleben, wo der eine oder die andere nicht voll auf dem Damm sind, blendet man einfach aus. Kein Wunder, dass im Ernstfall dann die Ratlosigkeit groß ist.

Rücksicht nehmen ist auch aus der Mode gekommen, also bleibt nur die Hoffnung, dass man niemals krank wird. Sterben kommt sowieso nicht in Frage...

Ironie OFF
******ore Frau
4.635 Beiträge
Ich wollte in meiner Krankheitsphase (9/2019- 6/2020) keine besondere Rücksichtnahme, die mein Partner mir (aus Gewohnheit zu allen versorgungsbedürftigen Wesen, besonders den weiblichen) angedeihen lassen wollte. Zunächst hat das unsere Beziehung sehr entlastet.
Dann kam aber eine Phase, in der ich verwundbarer war, als zu Krankheitszeiten und erstmal musste ICH lernen, dass ich um Hilfe und Unterstützung bitten kann, dann muss mein Partner lernen, eine für ihn stimmige Form zu finden (er hatte nämlich gerade diesen unverhältnismäßig schweren Versorgungsmühlstein von seinen Schultern gezerrt....).

Ich finde, es ist eine Form der Balance für alle.
Selbstwirksamkeit, Unabhängigkeit, Verbundenheit ist in gesunder Form schon zwischen gesunden Menschen nicht leicht. Bei Krankheit aber noch schwerer.
*****u70 Frau
226 Beiträge
Zitat von **********derHB:
Zitat von *****u70:
Zusätzlich stärken meine Metamouren meine Bezugsperson.

Habt Ihr denn einen so guten Kontakt untereinander, dass die Metamouren auch Dich direkt stärken können?
Mit der einen Metamour bin ich schon lange eng befreundet. Wir haben direkten Kontakt auch unabhängig unserer gemeinsamen Liebsten
Ich meinte aber mit dem Satz, dass meine Liebste von ihren anderen Partner*innen gestärkt wird. Wenn sie sich zum Beispiel Sorgen um mich macht, kann sie mit ihnen darüber sprechen.
*********_Goat Mann
62 Beiträge
Für mich war die Kommunikation über eigene Belastung bzw. fehlende Kapazitäten und die daraus folgende Rücksichtnahme und Unterstützung sehr heilsam, als meine Ehefrau erkrankte.

Regelmäßige Pausen zur Reflektion des eigenen Zustands und der unterschiedlichen Bedürfnisse aller Menschen ist notwendig. Auch wenn dadurch weniger "unglaublich tolle Zeit" mit anderen Menschen verbunden war.

Das ganze brachte uns näher zusammen, ermöglichte neue Arten der Tiefe, Vertrauen und Verbundenheit.
Diese Erfahrung möchte ich nun nicht mehr missen.
*******tch Frau
86 Beiträge
Meine Erfahrung ist: Funktionierst du nicht, interessiert es niemanden. Als ich vor über fünf Jahren lange übel krank war, war ich damit spontan alleine. Mein Fazit: Wer sich nicht um kranke Freunde kümmert, kann gehen. Gerade auf die speziellen Bedürfnisse kranker Menschen sollten echte Freunde eingehen, in kommuniziertem Rahmen oder auch mal darüber hinaus.
******ore Frau
4.635 Beiträge
Es gehört aber auch der Part des Kranken dazu, sich mitzuteilen, Schwäche einzugestehen.
*******ben Mann
3.383 Beiträge
Für mich gibt es da keinen Unterschied, wie viele Menschen ich liebe bzw. in Beziehung bin.
Entweder habe ich zu dieser Person solch ein Verhältnis, das mensch sich im Krankheitsfall um Hilfe bitten kann bzw. das Bedürfnis (Verantwortung?) den anderen bei seiner Heilung zu unterstützen oder eben nicht.
*********iebte Paar
2.465 Beiträge
Wenn meine Freundin erkrankt, dann ist das genauso, als würde meine Frau erkranken. Ich wäre für sie da und würde helfen. Ebenso ist es auch für ihre Familie, ihren Dad, ...
******ore Frau
4.635 Beiträge
Geht es nur darum, wer hilft?
Das würden doch eigentlich alle für die engsten Menschen tun.

Aber es geht vielleicht auch darum, wer sich helfen lässt, von wem, von wem nicht so gerne.

Stichworte: Hilflosigkeit, Vertrauen, Schwäche zeigen.

Ich habe in meiner Ausbildung vor 30 Jahren gelernt, dass kranke Menschen eine extremes Rückzugsbedürfnis haben können, bisweilen verbunden sogar mit Feindseligkeit (aus Angst heraus).

Ich habe mich in den heftigsten Krankheitsphasen auch nur engsten Freunden offenbart und Hilfe annehmen fällt mir nach wie vor sehr schwer.
Das würden doch eigentlich alle für die engsten Menschen tun.

Ja, für die engsten Menschen.

Ganz genau.

Ich würde sagen, dass es stark auf die Bindung ankommt, wie weit man sich verpflichtend einlässt. Metamouren können auch völlig egal werden im Krisenfall.

Alleine Covid-19 sorgt zur Zeit dafür, dass sich Gräben im Verständnis auftun. Wo Einige sich lieber besinnen und zurückhaltend agieren, fickt und feiert ein anderer Mensch munter weiter. Spaß steht vor Rücksicht.

So ist das auch im Krankheitsfall.

Sie
****yp Mann
25 Beiträge
Meine Partnerin ist letztes Jahr nach der Trennung von ihrer Zweitbeziehung in ein ziemlich tiefes, lang anhaltendes schwarzes Loch gefallen. Sie bekam eine mittelschwere Depressionen mit allem was dazu gehört: Lust- und Interessenlosigkeit, Verlust der Libido, Angst- und Panikattacken... ich war in der Zeit für sie da, habe sie gestützt und gehalten und meine Aktivitäten bzgl. Zweitbeziehung eingestellt. Es war eine ziemlich heftige Zeit. Für uns beide.

Ich habe darüber gebloggt:

Polyamorie - und wie bitteschön geht man mit Liebeskummer des Partners um?

Dass das von uns gewählte Beziehungs-Model nicht einfach sein würde, war mir von Anfang an klar. Dass es rauchen würde an allen Ecken und Enden, sobald der eine Partner sich länger mit jemand anderem trifft, war mir auch klar. Auch wenn in mir der ganz starke Wunsch vorhanden ist, es dem Partner einfach zu gönnen, einfach zu sagen: „Wow, prima. Hab viel Spaß, ich freue mich für dich.“ Ist es in der Praxis doch viel schwieriger. Besonders, wenn Gefühle im Spiel sind und ganz besonders dann, wenn Ängste im Spiel sind.

Aber über all jene Ängste und natürlich auch über die Gefühle kann, soll und muss man reden. Und zwar immer wieder. Auch, wenn man sich selbst nicht mehr jammern hören kann, wenn man der Meinung ist, alles eigentlich schon irgendwie und irgendwann einmal gesagt zu haben, muss man wieder und wieder darüber reden können. Jede Situation, jeder neue Flirt, jedes Schwärmen am Anfang, jedes Date kann den Partner in einem besonders ungeschützten oder schwachen Moment erwischen.

Aber man weiss auch, dass es für seinen Partner etwas schönes ist. Ein schöner Moment, eine schöne Zeit, ein tolles Date, ein heißer Flirt. Darüber kann man sich mit dem Partner mitfreuen.

Was aber passiert, wenn man mitbekommt, dass die andere Beziehung seinen Partner belastet? Dass er eben nicht glücklich strahlend von letzten Date heimkommt? Was passiert, wenn man bemerkt, dass der Partner nach einem Blick auf die Benachrichtigungen im Handy nicht mit einem Lächeln, sondern eher mit Trauer, Resignation oder gar Wut reagiert?

Wie geht man damit um, wenn man gemeinsam lachend zusammen sitzt, kurz aufsteht, um einen Kaffee oder Tee zu holen, zurückkommt und sieht, dass der Partner, der eben noch über einen Witz oder ein Herumblödeln herzhaft gelacht hat, traurig das Handy beiseite legt und ganz in sich gekehrt ist?

Wie geht man damit um, wenn der Partner von einem Telefonat mit dem anderen tränenüberströmt aus dem Zimmer kommt und sich dann schluchzend ins Bad verzieht?

Und ganz wichtig: Wie geht man damit um, wenn der trauernde aber dich liebende Partner meint, dich schützen zu wollen, indem er dich nicht mit in seinen Kummer hineinziehen möchte, damit aber im Endeffekt etwas ganz anderes erreicht?

Nun, jeder Mensch ist anders. Manche trauern kurz und heftig, andere länger und still. Die einen möchten sich am liebsten verkriechen und in Ruhe gelassen werden, während die anderen versuchen, sich abzulenken. Und dann gibt es natürlich noch jene, die das eine sagen, aber eigentlich das andere wollen.

Diese Zeit des Kummers ist eine ziemlich heftige Zeit. Zunächst natürlich für die trauernde Person selbst, aber auch für den Partner, der in vielen Situationen eigentlich nur falsch reagieren kann. Und schlussendlich kann das auch eine Härteprobe für die Beziehung der beiden sein oder für das gesamte polyamouröse Beziehungsmodel. Denn man muss sich darüber im Klaren sein, dass es für die Zeit der Trauer – je nach Herangehensweise des Paares – keine wirkliche Beziehung in dem Sinne mehr gibt. Es ist alles überschattet vom Kummer. Und von halb ausgesprochenen oder halb heruntergeschluckten Konflikten.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass jede Form von Beziehung gute und schlechte Zeiten hat. Es kann immer vorkommen, dass der eine oder andere unglücklich ist, einen Verlust erlitten hat oder ganz einfach nur Kummer hat. Dass der jeweils andere Partner dann darauf Rücksicht nimmt, Raum lässt, Zeit gibt, Nähe gibt, wenn Nähe gewünscht wird, sollte eigentlich klar sein.

Denn in diesem Fall ist es egal, woher die Trauer stammt. Der Partner fühlt sich nicht wohl, es geht ihm nicht gut, er hat einen schmerzhaften Verlust erlitten. Dass dieser Verlust aus einer Trennung mit einem anderen Partner stammt, ist erst einmal egal.

Man sollte sich das immer wieder sagen.

Gerade dann, wenn man das Gefühl hat, alles falsch zu machen, weil jedes Wort, jeder Satz, jede Geste von dir dem anderen in bestimmten Momenten einfach weh tun kann. Du selbst kannst eigentlich nichts anderes machen, als mit viel Geduld versuchen, das zu machen, was du sonst auch tust. Und dabei den Partner beobachten, ob es ihm gut tut oder nicht.

Doch was passiert in all der Zeit mit dem nicht trauernden Partner? Was geht in ihm vor? Was kann der tun, um sich zu schützen? Was kann, darf und soll er einfordern in dieser Zeit?

Das ist nicht leicht zu beantworten und selbst nach meiner letzten Erfahrung diesbezüglich, kann ich nur sagen: Es hängt von den eigenen Ängsten ab. Und darüber muss auch nach einer gewissen Zeit geredet werden können, auch wenn es dem trauernden Partner schwer fällt.

Denn wenn sich der Trauernde über eine längere Zeit in sich zurückzieht, ist das für ihn natürlich legitim und vollkommen nachvollziehbar. Aber für den anderen ist es eine Herausforderung.

Wenn der Trauernde nicht über das alles reden möchte, weil er alles gedanklich schon X-mal durchgekaut hat oder aber aus Liebe heraus, weil er den anderen schützen möchte, dann ist das auch wieder legitim und nachvollziehbar. Aber für den anderen wirkt das wie ein Vertrauensentzug. Und das wiederum kann bei ihm diverse Ängste aufbrechen lassen. Denn wo Vertrauen fehlt, um über etwas schmerzhaftes mit dem Partner zu reden, da muss ja auch noch anderes im Argen sein. Denn Vertrauen ist das Fundament einer jeden Beziehung. Ohne Vertrauen keine Nähe. Ohne Nähe keine Geborgenheit. Ohne Geborgenheit keine Liebe. Ohne Liebe keine Bindung.

Um diese und andere Ängste nicht aufkommen zu lassen, muss man seinen Partner nach einer gewissen Zeit einfach involvieren. Natürlich sollte man nicht über bestimmte Themen reden, wie sehr einem zum Beispiel der ach so wundervolle Sex mit dem anderen fehlt. Das wäre eher kontraproduktiv. Aber alles andere ist sinnvoll.

Es geht einfach nur darum, dass man versteht, was passiert ist, um abschätzen zu können, wie man seinen trauernden Partner auffangen kann. Es geht wieder einmal darum, dass kommuniziert wird.

„Es geht mir nicht gut, weil der andere mit mir Schluss gemacht hat“ versteht man besser als „Es geht mir nicht gut, hat aber nichts mit dir zu tun“.

Ohne Kommunikation, ohne Wissen um die Gefühle des anderen, steht man da und weiss nicht weiter, ist hilflos. Man weiss zwar, dass irgend etwas passiert ist, aber nicht was. Man merkt zwar, dass der Wunsch nach Nähe beim Partner gerade eher nicht vorhanden ist, aber man weiss nicht, warum. Man hat zwar einen körperlich anwesenden Partner, aber geistig ist er ganz wo anders. Und man weiss nicht warum.

Daher ist es so wichtig, dass man miteinander redet, auch wenn es beiden schwer fällt. Dem Trauernden, weil er darüber reden muss. Und dem Begleitenden, weil er sich zum Beispiel versehentlich Details anhören muss, auf die er gerade in dieser Zeit lieber verzichtet hätte.

Während all das, was ich bisher geschrieben habe für jede Form von Beziehung gilt (Kommunikation! Kommunikation! Kommunikation!), ist es für ein Poly-Konstrukt noch mal um einen enormen Faktor wichtiger. Hier ist jedem Partner klar, dass immer eine dritte (oder bei manchen auch eine vierte, fünfte, sechste und siebte) Person betroffen oder involviert sein kann.

Natürlich kann ich von Anfang an sagen „mich interessiert es nicht, was du ausserhalb unserer Treffen so machst und ich will davon auch kein Wort hören“, aber das hat für mich nichts mit Amorie zu tun. Wie kann ich vorgeben, meinen Partner zu lieben, wenn mich nichts interessiert, was nach dem Wochenende, an dem wir uns treffen, in ihm vorgeht? Das fühlt sich für mich eher nach „Rosinenpickerei“ an. Ich mache mit der Person das, was mir gefällt, sollen sich doch andere darum kümmern, was hinterher ist.

Wenn beide Personen (und ja, dazu gehören IMMER beide), damit einverstanden sind, dann kann man natürlich auch ohne das ganze komplizierte Kommunikations-Thema leben. Man trifft sich hin und wieder, vögelt miteinander, geht auseinander, schreibt vielleicht ab und zu noch miteinander aber ansonsten lässt man das Thema auf sich beruhen. — Spätestens aber dann, wenn bei dem einen oder anderen Gefühle mit im Spiel sind, wird es komplizierter. Man muss den Mund plötzlich auch zum Reden benutzen.

Und das bedeutet, man muss das offen legen, was einen beschäftigt. Man sollte vielleicht auch seinen eigenen Zoo offen legen. Damit gibt man seinem möglichen Partner die Chance, zu entscheiden, ob er das überhaupt will oder nicht. Ich nenne das Fairness und Verantwortung.

Dass man in einem Poly-Konstrukt nicht immer alles mit jedem besprechen kann, ist auch klar (sonst kommt man eventuell nicht mehr zum eigentlichen wesentlichen Teil der Beziehung). Aber man sollte diejenigen Personen involvieren, die von den Gefühlen oder Gedanken direkt betroffen sind. Lebt man also primär mit einer Person zusammen und ist das so abgesprochen, dann müssen Ängste, positive wie negative Gefühle, Wünsche, Träume, Sehnsüchte miteinander besprochen werden. Und dann findet man immer einen Weg, damit umzugehen.

Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe mich von Anfang an nicht wirklich um die andere Beziehung meiner Partnerin geschert. Sie war einfach da. Und ich musste lernen, damit umzugehen. Ich habe nicht nachgefragt, wie es ihr damit geht und ich habe auch sonst meine eigenen Bedenken diesbezüglich bei mir behalten. Ich habe sie weder auf mögliche Konflikte aufmerksam gemacht, noch habe ich ihr jemals direkt gesagt, dass ich ihn für einen ziemlichen Arsch halte (was ich hiermit offiziell nachhole, meine Liebe).

Ich hatte mir am Anfang gesagt, dass mich das nichts angehen darf, weil diese Beziehung schon länger existierte, als die zu mir. Außerdem habe ich mir oft genug Gedanken darüber gemacht, ob ein bestimmtes Gefühl meinerseits bezüglich ihrer Beziehung zu ihm, nicht vielleicht auch einen ganz anderen Hintergrund haben könnte. Waren da meine Ängste im Spiel? War da gar Eifersucht im Spiel?

Ich habe erst dann angefangen, Fragen zu stellen, als sie mir mal erzählte, dass er sich nach einem Treffen plötzlich nicht mehr gemeldet hatte. Dass er ein ganzes verlängertes Wochenende über die Kommunikation mit ihr eingestellt hatte. Und das, obwohl sie ihm noch geschrieben hatte, dass sie wegen einer Sache dringend Klärungsbedarf hätte.

Aber da war es schon reichlich spät. Dadurch, dass ich zuvor keinerlei Neugier oder Gesprächsbereitschaft diesbezüglich gezeigt hatte, ist es im Nachhinein nur allzu verständlich, dass sie mir wenig von ihren Konflikten mit ihm erzählen wollte. Im Endeffekt habe ich dadurch nicht gezeigt, dass sie mir vertrauen kann. Und das tut mir sehr leid.

Aber ich habe daraus gelernt.

Ich für meinen Teil weiss, was Trauer und Kummer in mir auslösen. Ich weiss, welche anderen Gefühle dadurch entstehen. Ich habe in meinem Leben oft genug trauernde Menschen begleitet. Und ich habe es oft genug erlebt, dass ich nach dieser Trauer-Phase nicht mehr benötigt wurde und daher dann einfach ausrangiert wurde.

Natürlich ist die einfachste Art mit einem trauernden Partner umzugehen, sich einfach mit den Worten „geht mich nichts an“ zurückzuziehen, und den anderen selbst damit zurechtkommen zu lassen. Und dann, wenn er „fertig“ ist, wieder hervorzukommen, einen oder zwei doofe Witze zu machen, ein Lächeln aufzusetzen und wieder ins gemeinsame Leben einzusteigen. — Wenn denn noch eines vorhanden ist.

Aber diese Art liegt mir nicht.

Ich für meinen Teil habe auch oft genug selbst Trauer und Kummer empfunden. Ich habe mir in dieser Zeit immer jemanden gewünscht, der einfach da ist. Mit mir Geduld hat. Der mir einfach einen Tee oder einen Kaffee macht, mir wortlos Kekse oder Obst hinstellt. Der mir sein Ohr leiht, damit ich es ihm abkauen kann. Der mir in der Zeit Abends eine Geschichte vorliest, damit ich einschlafen kann. Der sich in der Nacht, wenn die Ängste am schlimmsten sind, einfach an mich ankuschelt und mir Halt gibt. Der mir irgendwelche abstrusen Geschichten erzählt, damit ich lachen und laut „Du bist sooooo doof“ rufen kann. Oder der mich einfach wortlos in die Arme nimmt und mich geduldig weinen lässt.

Diese Art liegt mir mehr. Denn das bin ich.
*****al4 Mann
798 Beiträge
Buddy, ehrlich gesagt kommen mir da die Worte von Themisabeth in den Kopf, die da sagte, das es ihr manchmal schwer falle, um Hilfe zu bitten oder sie anzunehmen. Geht mir auch so. Will sagen: das was du schreibst, geht von dir aus, du möchtest diese oder jene Offenheit, Mitgefühl, Trost und Nähe. Aber das ist deins. Was möchte deine Partnerin? Im Grunde kannst du nur da sein und Raum geben. Was sie braucht, weiß sie und es ist an ihr, dir das zu sagen. Alles andere ist Interpretation deinerseits, und ab einem gewissen Punkt auch Übergriff. Es hat etwas mit Respekt zu tun, sie so anzunehmen wie sie jetzt da ist und ihr nicht weniger als dich und deine Präsenz anzubieten. Wie die aussieht, was sie von dir braucht, das kann sie für sich entscheiden.
Klar fällt dir das schwer zuzusehen und auszuhalten. Aber in solch einer Situation geht es nicht um dich und deine Gefühle, sondern die deiner Freundin — also dann, wenn du für sie da sein möchtest. Klar wäre das viel einfacher und beruhigender, wenn du ihr dein Ohr leihen würdest; dann könnte man darüber reden, du könntest verstehen und würdest nicht so hilflos dastehen. Aber wenn sie garkein Ohr will, weil sie nicht erzählen möchte?
Ganz allgemein: ich verstehe den Wunsch nach untereinander offenem Geflecht, aber zunächst mal liebt jeder für sich, und jeden anders und unterschiedlich, in anderem Kontext und individuellen Räumen. Das kann zusammenkommen, muss es aber nicht. Und wenn man sich gegenseitig zugesteht, das man mehr als einen Menschen lieben kann und darf, gehört dazu, das man ihn so lieben darf, wie es für diese beiden Menschen richtig ist. Und aushalten muss, wenn man im Falle von Trauer einfach außen vor bleibt und nichts anderes tun kann als da zu sein. Aber das ist ziemlich viel.
******ore Frau
4.635 Beiträge
Ich glaube, dass das auch eine Frage der äußerlichen Beziehungsgestaltung ist. Eine Frage von räumlicher Nähe.
Menschen, die zusammenleben, haben eine Form der Bezogenheit, aus der getrennt lebende immer wieder aussteigen können.
Dadurch bedingt sich in einem hohen Maße die Verbundenheit.
Kommt dann Krankheit (seelisch oder körperlich) dazu, haben die Partner einen naturgemäß höheren Anteil, als nur zu begleiten. Sie sind durchaus mehr betroffen.
********Poly Frau
3.184 Beiträge
Es gibt da dieses Video zum Thema Trauer-Unterstützung, das mich sehr beeindruckt hat:


****yp Mann
25 Beiträge
@*****al4, wir leben zusammen in einem Haushalt. Und wenn du dann plötzlich siehst und spürst, dass deine Partnerin aus irgendwelchen Gründen leidet, macht man sich natürlich Gedanken darum. Das, was ich wollte, hat da keine große Rolle gespielt. Sie brauchte meine Nähe und die Gewissheit, dass ich für sie da bin. So hatte sie das dann irgendwann auch kommuniziert.

Mir ging es in dem Beitrag nur darum zu zeigen, wie man sich als (Haupt-) Partner fühlen kann, wenn der Partner krank wird. Und dass es ohne offenes Reden nicht besser wird.
****yp Mann
25 Beiträge
@*******beth, ganz genau! Danke schön. 😊
******_68 Frau
176 Beiträge
Da ich mehrere feste Beziehungen habe, sehe ich es als normal an, dass man sich auch in Zeiten kümmert und zur Seite steht, wenn jemand innerhalb darin erkrankt. Wenn ich krank bin, dann lasse ich Hilfe nur ungern zu, as musste ich auch erst lernen. Aber umgekehrt wissen vor allem meine beiden festen Lebenspartner, dass sie sich immer auf mich verlassen können.

Emotional ist es in der Tat manchmal nicht einfach. Mit 30 Jahren denkst du nicht so dran. Wenn man dann über 50 Jahre ist, kommen einem dann schon mal andere Gedanken und über 60 Jahre, überlegst du dir eben auch was so sein könnte. Vor allem, wenn um einen gerade vermehrt 50-Jährige scheinbar gesunde männliche Freunde und Bekannte einfach tot umfallen.

Mein andere Lebenspartner hatte Krebs und es ging ihm schlecht nach einer OP. Für mich gab es da keine Überlegung. Ab zu ihm ins Krankenhaus und auch wichtige Dinge in seinem Alltag regeln. Für mich heißt das eben ein Stück meiner Einstellung zu meinen polyamoren Lebenspartnern, mir auch in Zeiten wo nicht alles Sonnenschein ist, zu fühlen und zu sehen wie ich helfen kann.

Umgekehrt würde ich mir es auch wünschen, wenn es mir sehr schlecht geht. Weil es einem ja auch zeigt, man ist nicht alleine.

Dazu gehört auch, dass eben dann heute andere Überlegungen dazu kommen. In Bezug darauf anstellt... was ist, wenn?

Dazu muss ich natürlich gestehen, dass ich schon unterscheide, ob ich gerade eine Polyamore Beziehung starte und sie vielleicht erst in den Kinderstuben steckt. Meine beiden Männer sind ja schon lange an meiner Seite. Mit dem einen bin ich 21 Jahre verheiratet und mit dem anderen über 13 Jahre zusammen. Vielleicht denkt man da auch anders.

Es ist aber schön hier auch zu lesen, dass auch andere es wichtig ist, dass in schlechten Zeiten, man zusammenhält und sich gegenseitig unterstützt. Denn allzu oft wird einfach dann ausgetauscht, wenn die komplizierten Seiten losgehen.

Tamara
****yp Mann
25 Beiträge
Liebe Tamara, ich danke dir für diese Zeilen! Genau so sehe ich das auch. Polyamorie heißt für mich eben genau das: ich liebe. Und wenn ich liebe, dann bin ich für meine(n) Partner da, wenn es ihm schlecht geht.

Und genau das was du da sagst, möchte ich eben Auch nicht haben: diese Austauschbarkeit. Wenn ich liebe, liebe ich. Auch und gerade dann, wenn es meinem Partner nicht gut geht. ❤️
********Poly Frau
3.184 Beiträge
Für mich persönlich kommt die Herausforderung dann, wenn mein Partner über längere Zeit eingeschränkt bleibt. Aus welchen Gründen auch immer.

Unterstützung bei neuen, plötzlich auftretenden Problemen krieg ich eher hin, als wenn es kein Ende nehmen will. Wenn mein Partner kaum was geben kann und ich meine Bedürfnisse länger zurückstellen muss, dann wird's schwierig für mich.

Ich wollte, es wäre anders, aber da steckt noch viel Egoismus in mir drin. Diese fiese Stimme, die nörgelt: Und - wo bleibe ich?
*********nchen Frau
5.062 Beiträge
Gruppen-Mod 
Wie wunderbar ehrlich *love5*
****yp Mann
25 Beiträge
@******yan, ich würde nicht sagen, dass es etwas mit Egoismus zu tun hat, wenn über einen längeren Zeitraum (hier über ein Jahr) zwar viel Nähe da ist (im Sinne von kuscheln, vorlesen, reden etc.) aber kaum intime Nähe (im Sinne von Knutschen, Lust und Sex) stattfindet.

Irgendwo ist man ja auch nur ein Mensch. Und als solcher braucht man in einer Beziehung beide Arten der Nähe. Jedenfalls geht es mir so als äußerst leidenschaftlicher Mensch.

Und ja... auf neue Herausforderungen zu reagieren fällt auch mir leichter, wenn man dazwischen auch mal kurze Erholungsphasen hatte... und es gab tatsächlich auch Momente, in denen ich mich ziemlich weit weg gewünscht habe.

Es war eine sehr, sehr, sehr schwierige Zeit für mich, für uns als paar und natürlich auch für meine Partnerin.
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