Hm, ehrlich gesagt kann ich dem Ansatz von Schlafmohn nicht folgen, Fühlen ist eine primäre, sehr viel ältere Geschichte (limbisches System), als es das Denken (und darunter verstehe ich zielgerichtete Assoziation und Informationsverarbeitung, kein wildes/zufälliges/unterbewußtes Verknüpfen von Sinneseindrücken und Informationsschnipseln) über das Großhirn ist.
Und wie nachgewiesen wurde, ist der Ablauf im Gehirn immer schon meßbar, bevor der rationale Entschluß über das Denken (Definition siehe gerade eben) getroffen wurde. Sprich: wir begründen nachträglich sogar (oder finden Ausreden), für das, was wir tun.
Wenn das anders wäre, wir Kontrolle hätten über Gefühle etc. durch bloßes DENKEN würden z.B. Borderliner nicht existieren, die können alle sehr wohl Denken, das ist nicht das Problem ...
Fühlen ist nicht durch Denken steuerbar, das limbische System läßt sich jedenfalls nach meinem Informationsstand keineswegs beeinflussen. Nur der Impuls zu einer Handlung aufgrund einer Emotion läßt sich unterdrücken - bzw. nachträglich halt als gewollte Unterdrückung begründen, aber eigentlich war auch das dem bewußten Denken noch nicht klar, bis es unterdrückt war ...
Woran ich persöhnlich GLAUBE (das ist nicht beweisbar meines Wissens): daß der größte Teil unserer Aktionen und auch Gefühlsreaktionen durch unterbewußte, also nicht gewollt gezielte Informationsverarbeitung entschieden wird - und wir uns halt als Herren im Haus fühlen möchten, also rational klingende Erklärungen für unser Verhalten nachträglich sehr geschickt zusammenkochen.
Zur Erklärung: Ich als die Person, die das gerade schreibt, schreibe gewollt gezielt diesen Text. Mein Unterbewußtsein hat derweil sonstwas zu tun. Und wegen der überwiegenden Stimmung oder Muster aus meiner persöhnlichen Geschichte - die nicht gewollt sind, sondern eben unterbewußt - ist auch mein Unterbewußtsein durchaus zu gezieltem Verhalten fähig. Nur eben nicht zu GEWOLLTEM. Das ist ein großer Unterschied.
D.h. mit Denken kämen wir dann nicht weiter, Denken hilft uns höchstens, unbewußte mögliche Abläufe aufzuzählen oder Verhaltensmuster in Worte zu fassen, um unserem Unbewußtsein auf die Schliche zu kommen. Eben immer nur Denken als Beobachter unserer Person, nicht als Lenker ...
Und dann aber können wir die Faktoren, die anscheinend bestimmtes Verhalten hervorrufen (gezielt eben, aber nicht gewollt), verändern - um unser Unterbewußtsein umzupolen. Wir ändern also die Verarbeitung nicht direkt, wir versuchen nur im Black Box System Unterbewußtsein die Wichtungen zu verschieben, um Empfindungen weniger stark wahrzunehmen, weniger schlimm zu finden oder anders zu reagieren.
Das mag nach Erbsenzählerei klingen, hat für mich aber eine große Konsequenz: wir raten, warum wir empfinden und handeln, wie wir es tun, wir WISSEN es eben nicht. Werden wir nie. Also können wir auch nicht direkt etwas ändern.
Jemand, der von außen draufsieht, ist emotional nicht involviert - also sowohl objektiver als auch weniger informiert (hat nicht soviele Informationen wie wir in unserem Kopf, aber genauer Bescheid WISSEN tun wir deswegen auch nichts). Und wenn wir also nur raten, dann sollten wir möglichst viele Varianten suchen, gerade auch von außen und akzeptieren, daß wir nicht einfach auf einen Knopf drücken können (Denken) und es wird anders. Wir können nur uns besser verstehen durch mehr raten, ehrlicheres, weniger schambehaftetes Raten - und dann von AUßEN Veränderungen bewirken (wir auf unser Unterbewußtsein, andere auf unser Unterbewußtsein). Und Unterbewußtsein ist nicht rational.
Einfaches Beispiel Spinnenphobie: da kann man denken, wie man will, man muß sich dem Trigger aussetzen, damit es weggeht. Denken ist NACHTRÄGLICH, hilft nur, die Situation zu identifizieren und dann sie bewußt herbeizuführen, in sich hineinzuhören, weiter auszudrücken, was man fühlt, die Gefühle zu beschreiben. Und so vielleicht zum Kernauslöser und dem Kerngefühl zu kommen. Aber sich zu sagen "die sind nicht schlimm" hat noch keinen Spinnenphobiker geheilt, das kann nur über die Veränderung des Unterbewußten am Objekt laufen. Unterbewußtsein ist ein "Tun" Ding, kein "Denken" Ding.
Sprich beim Thema Eifersucht dann das Selbe: die Situation bewußt erlebenen, sich nicht von der negativen Empfindung abzuwenden und zurückzuweichen, sondern sich zu fragen, was fühle ich genau gerade, was hätte ich gerade gerne, wodurch ZUSÄTZLICH würde ich mich jetzt gerade besser fühlen - wenn trotzdem genau das passieren würde? Lauter beschreibende Sachen, keine rationalen Sachen. Was normalerweise passiert, ist: negatives Gefühl, Situation vermeiden, die das auslöst - d.h. die Situation löst jedesmal das Selbe aus, denn ich arbeite nicht an der Situation.
Als Lesetip hätte ich:
"Denken, Fühlen, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert" von Gerhard Roth