„ Entscheide ich es allein, ob eine neue Beziehung zum Polykül hinzukommt (oder in meinem Fall, ob eine neue Beziehung zur bestehenden Alt-Beziehung hinzukommt)? Oder muss ich das mit meiner Alt-Beziehung abstimmen? Ist das eine Ich-Entscheidung oder eine Wir-Entscheidung?
Veto-Recht hatten wir nicht vereinbart, aber hat die Alt-Beziehung trotzdem Mitspracherecht? Oder genauer: Mitentscheidungs-Recht?
Diese Fragen sind doch gleich expliziter.
Und die Antwort ist total simpel:
Du entscheidest IMMER allein.
Auch wenn du Mitspracherecht, Vetorecht usw einräumst - DU entscheidest das zu tun.
Aus meiner persönlichen Erfahrung sag ich, dass das Bewusstsein für diese Entscheidung absolut notwendig ist.
Was passiert denn, wenn du einem Herzenswunsch nicht folgst, weil ein Partner das nicht möchte?
Du beugst dich dem Willen des anderen, wenn du dir nicht bewusst machst, dass du es absolut freiwillig und allein entschieden hast.
Und du wirst es bereuen, früher oder später.
Das ist das alte Lied: „Für dich habe ich!“
Ich kenne beides - „Rücksicht“ dem Partner gegenüber und „Rücksichtslosigkeit“ dem Partner gegenüber.
Mit zweitem fahre ich persönlich besser und damit auch mein Partner.
Ja, ich höre meinen Partnern zu, ich bedenke auch ihre Situation. Aber wenn ich - meist aus Angst die Beziehung nicht zu gefährden - etwas nicht getan habe, einem Wunsch nicht gefolgt bin, den ich als unproblematisch angesehen habe, dann hat sich immer ein unangenehmer Beigeschmack entwickelt.
Auch wenn ich das dem anderen nie vorgeworfen habe, es hat sich für mich einfach nicht gut angefühlt.
Und das trägt man in die Beziehung.
Vermutlich ist das auch eine Typfrage. Einige Menschen scheinen mit diesem gegenseitigen Rücksichts-Konsens-Verzicht-Konzept gut zu leben. Sie fühlen sich aucenscheinlich gut mit der Entscheidung einen persönlichen Wunsch zu Gunsten der Beziehung fallen zu lassen.
Solange (!) das auf Gegenseitigkeit beruht. Sind beide da sehr ähnlich veranlagt, dann läuft es auf Dauer wohl auch gut.
Aber wehe, es taucht da mal die Situation auf, in der einer nicht nachgibt. Dann kommen alle „Opfer“ auf die Waagschale.
Nein, mir entspricht das nicht. Ich kanns schlichtweg nicht nachempfinden, da ich noch nie den intuitiven Wunsch verspürt habe, einem geliebten Menschen etwas am liebsten zu versagen.
Und nach sehr vielen Jahren in denen ich diese Thematik mittels Zuhören und Mitteilen angegangen bin, ist mein Fazit:
Reden ist im besten Fall eine Unterstützung, oft aber nur eine Verzögerungstaktik.
Handeln ist besser.
Wenn ich etwas von Herzen gerne tun möchte, dann ist das schlichtweg nicht „verhandelbar“ mittels verbaler Kommunikation.
Damit verlagere ich nur meine Entscheidungskompetenz. Ich entmündige mich selbst, wenn ich auf die Erlaubnis des Partners warte.
Ich drücke mich vor meiner Verantwortung, in dem ich dem anderen einen Teil davon zuspiele.
Für mich persönlich ist das kein gangbarer Weg mehr.
Was ich inzwischen tue:
Ich teile mich mit, ich höre zu und ich tu (trotzdem) was ich möchte.
Und achte dann auf die Reaktionen.
Wie fühlt es sich an?
Was ändert sich bei mir?
Und manche meiner Wünsche verschwinden wieder, weil sie unwichtiger als die erlebte Konsequenz sind.
Andere bleiben erhalten.
Nur drüber reden, lässt einen Wunsch nicht verschwinden.
Bei mir zumindest nicht.
Und wenn ein Mensch da zu sehr von mir verschieden ist, dann wird alle Kommunikation der Welt das nicht ändern.
Wir erleben erst, ob wir einen gemeinsamen Weg finden können, wenn wir anfangen ihn zu gehen.
Das Reden kann nur aufzeigen, warum wir diesen Weg wollen oder eben nicht.
Wie es sich anfühlt wissen wir erst, wenn wir handeln