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Polyamorie - Kann das funktionieren?259
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Widerstand gegen Polyamorie

Darf ich noch einmal einhaken? *ggg*

wenn ich bei ihm bin, fällt er erstmal über mich her und zwar immer von hinten und er kommt beim 7. Stoß
Vs.
wenn ich bei ihm bin, braucht es eine Phase der körperlichen Annäherung, damit ich mich ihm nahe fühle

Die sachliche Schilderung empfinde ich aufrichtig, weil ich bei mir bleibe und dem anderen Menschen nichts aufnötigen möchte. Ich sag einfach nur: da ist ein Verhalten, das ich benenne und das mag ich so nicht.

Wenn ich einem Mann mit Gefühlen umschreibe, von Phasen der Annäherung rede, verunsichere ich bloß. Der arme Mann weiß erst einmal überhaupt nicht, wie er sich verhalten darf.

Meine Erfahrung ist: sage ich klar, was ich mag und was nicht, kann damit erst gearbeitet werden. Die Info "überfalle mich nicht gleich mit einem Quickie" reicht tatsächlich aus.

Ich muss nicht emotional manipulieren und Verhalten ernötigen. Wenn ich mich erst nahe fühlen möchte, ist das zunächst meins. Das kann kein anderer Mensch machen.

Natürlich kann ich wie in der Schauspielerei Gefühle produzieren. Mich manipulierend verstellen, mich einschmeicheln. Dem anderen Menschen künstlich Wichtigkeit geben, die Nummer eins meiner Aufmerksamkeit zu sein. Und so Nähe "machen".

Aber was ist, wenn der andere Mensch darauf gar keine Lust hat, Gefühle im Gegenüber erst einmal zu produzieren, um in diesem Fall Sex zu haben?

Diktiere ich dem Partner in dem Moment nicht meine Bedingungen auf, indem ich ihn emotional verstricke in meine Bedürfnisse? Ist das noch aufrichtig und offen?

Reicht das nicht, wenn ich sage: "Schatz, Du bist mir zu schnell, ich möchte erst mit dir einen Tee trinken und quatschen, dann können wir vögeln."? Oder wenn ich Quickies grundsätzlich doof finde, oder urplötzlich überfallen zu werden, sage ich das?

Ist es nicht eher ein Ausdruck von Scham, um den heißen Brei zu tanzen, um bloß nicht direkt zu sein?

Un überhaupt, muss ein Mensch sich echt schämen, wenn er etwas nicht möchte, was der andere Mensch gerne hätte?

Und weshalb muss ich eine Begründung liefern, wenn ich ein Verhalten nicht mag?

Ach so, Du willst dich erst nahe fühlen, das verstehe ich. Ja dann... *lach*

Und warum kann man nicht in dem Moment sagen: "Hilfe, Du überforderst mich gerade mit deiner Wildheit. Stopp. Ich bin nicht so schnell."?

Meiner Erfahrung nach ist unvermittelte Aufrichtigkeit so unmissverständlich klar und ehrlich, dass der andere Mensch damit weitaus besser umgehen kann, als viel später aus so einer undramatischen Situation eine Therapiestunde mit Lernerfolg zu machen.

Letzteres verursacht Verunsicherung, denn der arme Mensch muss sich jetzt umständlich überlegen, wie er diese Nähe produzieren darf und soll.

Ich kenne das aber auch. Wenn ich einem Mann sage, er muss mir Lust auf sich machen, steht der erst einmal auf dem Schlauch. Ich muss konkretisieren, was ich damit meine. Und benennen können, was mir Lust macht.

Hakt es da nicht viel früher in einem selbst, das aufgrund von Unsicherheit, Befürchtungen, Unwissenheit oder Kontrollverlustängsten nicht zu wollen oder zu können?

Gerne wird vorgeschoben, den anderen Menschen nicht zu verletzen. Ist es da besser, Verunsicherung zu produzieren?

Sie
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
Ist das nicht bloß ein Versuch, die absolute Kontrolle über die anderen Menschen im Netzwerk zu erhalten?

GENAU DAS NICHT (und nahezu alles andere aus Deinen Beiträgen auch nicht...).

(Die beiden Beispiele, waren nicht dafür gedacht, was sich ein Paar sagt, sondern was ein Paar den anderen Partnern erzählt. Denn es geht bei Transparenz eben nicht um "technische Details", sondern um Transparenz in Gefühlsdingen.)

Und es geht genau nicht um Kontrolle, sondern ausschließlich um Vertrauen.

All das, was man sich sagen KANN, entsteht am beziehungsförderlichsten, wenn es aus dem Vertrauen heraus geschieht, dass alles, was man sagt, auch akzeptiert wird, nur das Zurückhalten, das Schweigen, das Leugnen, das Verdrehen, das Verheimlichen einfach keinen Sinn macht.

Ich erlebe, dass das für die meisten Menschen extrem ungewohnt ist. Sie haben ihr Leben lang die Erfahrung gemacht, dass nur ein kleiner Teil dessen, was sie fühlen, wirklich vom anderen als legitim erachtet wird. Also halten sie die Klappe.
Bei mir hat sich das geändert. Ich habe vielen Menschen das Gefühl gegeben, es ist WIRKLICH absolut in Ordnung, was kommt. Auch und gerade die richtig fiesen Dinge. Und wenn Menschen dahinein vertrauen lernen, dann kann der Raum entstehen, dass die Lüge, die Heimlichkeit, das Schweigen völlig unnötig ist und alle GERNE erzählen. Auch und gerade die Schwächen.

In meinem Leben sieht das so aus, dass sich Menschen dann von selber zurückziehen, wenn sie an einen heiklen Punkt kommen. Und auch ich werde zurückhaltender, wenn ich spüre, dass da jemand etwas verschweigt.

Manchmal braucht es eine Zeit und derjenige kommt wieder auf mich zu, manchmal trennen sich die Wege.

Mir wäre es z.B. viel lieber, jemand zeigt sich damit, im Polykül die Nummer eins sein zu wollen, denn dann kann man gemeinsam schauen, was dahinter für ein Bedürfnis steckt.
In unserem Fall war das nicht möglich und die Wege haben sich getrennt.

Diese Freiheit und Leichtigkeit, von der hier die Rede ist, die erteile nicht ich jemandem, sondern die erteilt er sich doch vielmehr selbst.

Deshalb ist der Schritt vor der Ehrlichkeit im Polykül doch die Selbstehrlichkeit.

Und ich rieche Selbstbetrug 3 Meilen gegen den Wind.

Und ich zwinge niemanden, selbstehrlich zu sein. Ich finde nur die, die das nicht wollen, meist total langweilig.

Reicht das nicht, wenn ich sage: "Schatz, Du bist mir zu schnell, ich möchte erst mit dir einen Tee trinken und quatschen, dann können wir vögeln."? Oder wenn ich Quickies grundsätzlich doof finde, oder urplötzlich überfallen zu werden, sage ich das?

Ich würde es so nie formulieren. Oder sagen wir mal, den ersten Satz (der mit "Du") würde ich grundsätzlich weglassen. Dafür gründlich meine Bedürfnisse nennen und erklären. (Das ist dann etwas ganz anderes, als es zu begründen, ich brauche keinen Grund, um mein Verhalten zu rechtfertigen. Ich muss vielleicht damit leben, dass der andere sagt "Tut mir leid, wenn ich am Anfang nicht mit Dir vögeln kann, dann fühle ICH mich nicht wohl. Viele Bedürfnisse sind inkompatibel...)

Vielleicht muss manchmal die Unsicherheit erstmal da sein dürfen.
Wir hätten es gerne sicher. Wenn schon alles so unsicher ist, dann sollen wenigstens die Partnerschaft(en) sicher sein.

Sind sie das nicht, trennen sich viele Menschen lieber, als das auszuhalten. Aber damit verhindern sie häufig innere und äußere Berührung.
@******ore

Offensichtlich treffen wir unterschiedliche Menschen. Die Männer, mit denen ich zu tun hatte, kamen ganz wunderbar mit meiner Offenheit klar. Sie schaffte das Vertauen, auch sagen zu können, was Sache ist.

Und ich möchte und mag, wenn ein Mann mir ehrlich sagt, z.B. was er nicht mag und was gerne. Und es würde sich wie Ringelpietz anfühlen, wenn er erst einmal über Gefühle schwurbelt, anstatt einfach direkt zu sagen, was er möchte.

Und es geht genau nicht um Kontrolle, sondern ausschließlich um Vertrauen.

Ich sehe das anders. Von Menschen erwarte ich nur, dass sie sich so verhalten, wie es sich für sie selbst stimmig anfühlt. Unsicherheiten muss ich nicht pseudopsychologisch wegmanagen, die erledigen sich von selbst, wenn ein Mensch in der Gruppe beginnt, offen und ehrlich zu sein.

Und ich brauche auch keine Kommunikationshebamme, die mir erklärt, wie man "richtig kommuniziert". Das ist für mich Bevormundung. Genausowenig brauche ich fremde Menschen, die mir erklären wollen, ob meine Beziehungen polyamor sind oder nicht. Das ist dann deren Problem und nicht meins, wenn sie sich unwohl damit fühlen, wie ich meins benenne. Oder lebe.

Und ich rieche Selbstbetrug 3 Meilen gegen den Wind.

Da haben wir was gemein. *ggg*

Sie
Ihr beide scheint mir in Thema Offenheit das gleiche zu meinen und völlig verschieden an die Sache heran zu gehen.

Ich verstehe einerseits die Einstellung "ist mir egal, was jemand anderes denkt, zu wissen, was und wie ich lebe", weil es mir ähnlich geht ... um privaten und direktem Umfeld.

Im öffentlichen Raum verstehe ich wiederum auch die andere Seite, die gern Aufklärung betreiben möchte, da auch nur dadurch Akzeptanz entstehen kann.

Und diese Aufklärung gestaltet sich als überaus schwierig, wenn das Bild "Polyamorie" sogar unter den "Eingeweihten" ein teilweise völlig Differenziertes ist.

Viel Kraft und Durchhaltevermögen!
****on Mann
16.232 Beiträge
Wie gehe ich damit um, wenn Menschen unbedingt mit mir über meine Polyamorie sprechen wollen und mir zeigen, dass sie mit ganz vielen Vorurteilen in Widerstand gehen? So ungefähr die Startfrage des Threads.

Ich habe noch einen Stapel der gut gemachten Aufklärungsflyer des PAN (PolyAmores Netzwerk), davon überreiche ich einen. Darin wird Polyamorie glasklar und eindeutig beschrieben, und FAQ zur Transparenz und Einvernehmlichkeit beantwortet. Hat schon so manchen über die Fakten staunen lassen.

Zitat von ***ng:
Daher vermeidet es der PAN (der Verein, der die großen Poly-Treffen für den gesamten deutschsprachigen Raum organisiert) schon seit seiner Gründung eine Poly-Definition anzugeben, sondern führt die Poly-Treffen einfach ganz pragmatisch durch.

Den Flyer sehe ich nicht als Vermeidung einer konturierten Definition, im Gegenteil.
******age Mann
3.161 Beiträge
Hm, bezüglich der von @****on eingebrachten "kristallklaren" Definition von BDSM und Polyamorie habe ich durchaus den Eindruck, Polyamorie genauer definieren zu können mit "mehrere Menschen lieben, aber nicht beliebig."

BDSM dagegen kann Bondage sein oder Machtgefälle oder Schmerz zufügen oder alles gemeinsam oder nur einiges davon - dann noch einseitig aktiv - passiv oder beidseitig oder Bondage beidseitig, Lustschmerz nur in einer Richtung und Machtgefälle in die andere Richtung, oder, oder, oder ...

Polyamor mal zu deuten als "zusätzliche Sexkontakte", dann wieder als "FFM oder MMF in einem Haushalt", dann wieder als Beziehungsanarchie oder als offene Beziehung, ist meiner Meinung nach eine wohlgefällige Auslegung des Begriffs Polyamorie ...
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
Ich lese im Flyer, dass der PAN beschreibt, dass "gelebte Polyamorie viele verschiedene Formen annehmen kann", allerdings auf der Grundlage von Transparenz und Einvernehmen.

Bzgl. Sex heißt es: "Es geht in erster Linie um Liebe, Verbindlichkeit und den Wunsch nach langfristig angelegten Beziehungen. Dass manche Menschen außerdem noch Spaß an unverbindlichem Sex haben, ist natürlich möglich. Das ist aber unabhängig vom Beziehungsmodell."

Außerdem wird noch etwas zu Eifersucht gesagt (sinngemäß: wenn man sie erforscht, gibt es viel über sich selbst zu entdecken und man kann sie "verlernen").

Nun hat der PAN die Polyamorie nicht erfunden (Morningglory Zell- Ravenheart auch nicht, aber auch deren Pamphlet habe ich studiert und die gehen noch weiter: "Wenn die ältere Beziehung eine Störung hat, kommt so lange niemand dazu, bis die Störung beseitigt ist"), aber da ist vor relativ langer Zeit unter den vernetzten Polys ein Konsens getroffen worden, den ich nicht ignorieren kann.

Es bestätigt mich darin, Polyamorie anzuzweifeln und nicht in die inhaltliche Diskussion einzusteigen, wenn es an der Form der Grundlagen schon scheitert.
Hm,

Zum Thema Aufklärung. Mache ich nicht. Flyer verteilen? Riecht nach Zeugen Jehova.

Ich lebe das einfach. Montag holt mich Mann 1 von der Arbeit ab und wir küssen uns, Dienstag Mann 2. Der wird auch geküsst.

Die Menschen sind sowas von neugierig, die fragen schon nach. Und dann sage ich, ich liebe zwei Männer und ich darf das. Und daraus entwickelnn sich Flurgespräche.

Wir sind beide im Job geoutet und erleben weder Diskriminierung noch andere Repressalien.

Selbstverständlichkeit. Es ist ganz normal und darf sein.

Sie
****on Mann
16.232 Beiträge
Zitat von ******ore:
Es bestätigt mich darin, Polyamorie anzuzweifeln

Du zweifelst Polyamorie an?! Jetzt Du nicht auch noch! *lol*
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär....

Und nur bei anderen!

Ich bin nämlich ohne Zweifel der Superpoly *superman*

*umfall*
*********iebte Paar
2.465 Beiträge
Dashört sich alles so an, als wenn Menschen, die rein gar nichts mit Polyamorie zu tun haben sich ihre Gedanken darüber machen.
Letztlich kann und darf jeder sein Leben leben, wie er mag. Es ist sein Leben.
Für uns hat Polyamorie jedenfalls nichts mit sexueller Freiheit, oder gar einer offenen Beziehung zu tun. Im Gegenteil - es geht eigentlich nur eher nebensächlich um Sex.
****on Mann
16.232 Beiträge
Zitat von ******ore:
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär....

Also gut: Du zweifelst das Konzept und die Idee von Polyamorie an, wenn bei irgendwem die "Form der Grundlagen" nicht gegeben ist? Was kann denn die arme Polyamorie dafür, wenn irgendwer damit nicht umgehen kann? *nixweiss*
*****al4 Mann
798 Beiträge
Zitat von ******ore:

[...]"Wenn die ältere Beziehung eine Störung hat, kommt so lange niemand dazu, bis die Störung beseitigt ist"), aber da ist vor relativ langer Zeit unter den vernetzten Polys ein Konsens getroffen worden, den ich nicht ignorieren kann.

Es bestätigt mich darin, Polyamorie anzuzweifeln und nicht in die inhaltliche Diskussion einzusteigen, wenn es an der Form der Grundlagen schon scheitert.

Mir ist es völlig fremd, mich an dem Begriff Polyamorie orientieren zu wollen in dem Sinne, das ich irgendwelchen Definitionen nachlaufe und mich nach ihnen richte; was für ein Konsens? Das ich dann zu den erleuchteten Polys dazugehören darf? Transparenz und Einvernehmen reicht.
Aber der oben zitierte Satz, Gi, ist original das, was ich immer gelebt habe — ohne Konsens zu irgendeiner Gruppendefinition. Ist etwas schief in der Beziehung, hatte ich nie Platz für andere Begegnungen und wollte das auch nicht. Für mich war die Möglichkeit, andere zu lieben, nie eine Zerstreuung oder Flucht oder Ablenkung.
Ganz ehrlich: wegen dem Satz Polyamorie anzuzweifeln? Ehrlich gesagt, bestätigt mich dieser Thread wieder einmal sehr in meiner Entscheidung, mich nicht als polyamor darzustellen, sondern offen.
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
Es geht ja nicht um das Konzept um des Konzepts willen.

Dahinter steht ja das Leid (meines, wenn es mich direkt betrifft, das der anderen, wenn sie hier oder im realen Leben Hilfe suchen):

• jemand nähert sich mir an, sagt, er sei poly, spielt aber damit, um mir näher kommen zu können. (Oft nur sexuell, aber das vertiefe ich jetzt besser mal nicht...)

• jemand, mit dem ich zusammen bin, geht vorwiegend mit Menschen in Kontakt, die angeben, poly zu sein, sagen das aber nur meinem Partner, um ihm näher sein zu können, geraten dann aber in Stress, der auf alle überschwappt.

• hier im Forum: Menschen werden mit Tatsachen konfrontiert, die nie so abgesprochen wurden.

Es mag ja ein jeder immer wieder in den gleichen Mustern still oder laut vor sich hinleiden.

Mir hilft die Frage nach den klassischen polyamoren Werten, weil hinter der Definition das Leben tobt.

Und deshalb Fragen zu vermeiden, weil es so spießig ist, nach Definitionen zu leben, der darf seine Runden gerne weiter drehen. Polyamorie verkommt so genau zu der Meinung "ach das, einer leidet dabei ja immer"....
Was hat denn dieser sinnlose Definitionsstreit mit dem Thema zu tun? Macht ein neues auf, dann braucht man den ganzen Mist, von wegen wer ist der richtige Edelpoly nicht mitlesen, wenn ein Thema eigendlich ganz interessant ist
Micha
Zitat von ******ore:
Es geht ja nicht um das Konzept um des Konzepts willen.

Dahinter steht ja das Leid (meines, wenn es mich direkt betrifft, das der anderen, wenn sie hier oder im realen Leben Hilfe suchen):

• jemand nähert sich mir an, sagt, er sei poly, spielt aber damit, um mir näher kommen zu können. (Oft nur sexuell, aber das vertiefe ich jetzt besser mal nicht...)

• jemand, mit dem ich zusammen bin, geht vorwiegend mit Menschen in Kontakt, die angeben, poly zu sein, sagen das aber nur meinem Partner, um ihm näher sein zu können, geraten dann aber in Stress, der auf alle überschwappt.

• hier im Forum: Menschen werden mit Tatsachen konfrontiert, die nie so abgesprochen wurden.

Es mag ja ein jeder immer wieder in den gleichen Mustern still oder laut vor sich hinleiden.

Mir hilft die Frage nach den klassischen polyamoren Werten, weil hinter der Definition das Leben tobt.

Und deshalb Fragen zu vermeiden, weil es so spießig ist, nach Definitionen zu leben, der darf seine Runden gerne weiter drehen. Polyamorie verkommt so genau zu der Meinung "ach das, einer leidet dabei ja immer"....

Und was kann eine Definition da machen?

Ich finde es auch anstrengend, dass die Vorstellungen zu Polyamorie so unterschiedlich sind. Genauso finde ich es anstrengend, wie unterschiedlich die Auffassung zu den Inhalten des Wortes Liebe sind.

Ist mir ein Konsens wichtig, muss ich mich auseinander setzen und einen Konsens schaffen. Und ausprobieren, immer wieder, ob es auch die Lebensrealität erreicht.

Wenn nicht, taugt die schönste Definition nichts.

Und ehrlich, wenn Menschen immer wieder daran scheitern, dass ihre Bedürfnisse frei von Verlustangst (mein Partner verlässt mich wegen eines attraktiveren Menschen), sich ausgebeutet fühlen (der will nur Sex) oder mangelnder Exklusivität (Nummer eins sein) sein sollen, aber der andere Mensch dafür Sorge zu tragen hat, damit es ihm gut geht, muss man dann nicht an den Punkt gelangen, dass Polyamorie für denjenigen ungeeignet ist?

Sie
*******ias Frau
4.411 Beiträge
Zitat von ******ore:
Es geht ja nicht um das Konzept um des Konzepts willen.

Dahinter steht ja das Leid (meines, wenn es mich direkt betrifft, das der anderen, wenn sie hier oder im realen Leben Hilfe suchen):

@******ore ich verstehe Dich allzu gut.

Mit dem Begriff Trauma erging es mir ganz ähnlich.
Ursprünglich umfasste die psychologische Definition eines Traumas ausschließlich die Konfrontation mit Tod und Folter. Und der gemeinsame Nenner meiner Therapiegruppe in der Klinik war das Miterleben/ Überleben des durch Menschenhand verursachten Todes. Also Mord, Mordversuch, Todschlag und fahrlässige Tötung.

Im Laufe der Zeit wurde a) der psychologische Traumabegriff immer mehr ausgeweitet und b) fand der Begriff "Trauma" auch zunehmend Platz im alltäglichen Sprachgebrauch. Nun werden bereits Friseurbesuche, bei denen ein Kommunikationsproblem vorlag und der Friseur ausversehen 10 cm mehr als erwünscht von den Haaren abschnitt, als "traumatisch" bezeichnet.

Die Breite Masse denkt bei Traumata an Entwicklungstraumata. Also Verletzungen, die einem in der Herkunftsfamilie zugefügt worden sind, die man als Kind nicht richtig verarbeitet bekam und über weite Strecken seines Lebens mit sich herum schleppte.

Da, wo diese Entwicklungstraumata mit über viele Jahre wiederholten massiven Gewalterfahrungen einhergingen, gibt es sogar eine große Schnittmenge mit jenen, die unter den ursprünglichen Trauma-Begriff fallen. Da greifen zu großen Teilen dieselben psychischen Schutz-Mechanismen, viele der Symptomatiken findet man hier wie dort und viele Behandlungsansätze sind hier wir dort wirksam. Doch die Behandlung von Entwicklungstraumata ist für Menschen, die unter den ursprünglichen Trauma-Begriff fallen und gerade tief in der PTBS stecken, wie Gift. Da geht es primär um das Bewusst-Werden und die Verarbeitung einer Extrem-Situation, welche so nicht ins bestehende Weltbild und Selbstbild integriert werden kann. Das zerbricht, droht zu zerbrechen oder ist bereits komplett zerbrochen. Eine ganze Reihe an psychischen Funktionen über die der Mensch normaler Weise verfügt, ist vorrübergehend nicht mehr verfügbar. Und in diesem extrem instabilen Zustand der Persönlichkeit weitere Baustellen aufzumachen - "Entwicklungstraumata" - ist extrem schädlich. Vereinzelt - wenn der aktuelle Zustand es zulässt - ist es auch dort sinnvoll, Entwicklungstraumata aufzuarbeiten und somit weitere Ressourcen frei zu schaufeln. Doch das ist nicht der Schwerpunkt der Therapie. Bei jenen, die Entwicklungstraumata mit über viele Jahre wiederholten massiven Gewalterfahrungen haben, ist es anders herum. Da liegt der Schwerpunkt auf den Entwicklungstraumata. Doch vereinzelt kann gar nicht am Entwicklungstrauma gearbeitet werden. In solchen Phasen geht es um das Bewusst-Werden und die Verarbeitung einer Extrem-Situation, die alles zu zerbrechen droht.
Unter diesen beiden Gruppen findet man viel gegenseitiges Verständnis für den aktuellen Zustand.

Doch die breite Masse hat keine extremen Gewalterfahrungen.
Die haben bloß Entwicklungstraumata auf dem Schirm.
Und so verhalten sie sich mir gegenüber auch.

****************************************************************uten Absichten
gepflastert.


Meine durch die PTBS ausgelöste Sozialphobie war vollkommen berechtigt.

Viele Menschen haben sich schon Mal auf die ein oder Art und Weise mit ihren eigenen Entwicklungstraumata beschäftigt und so manches aufgelöst bekommen. Sie fühlen sich befreit. Sie haben für sich selbst den passenden Lösungsansatz/ die hilfreichsten Methoden gefunden. Und in ihrem Enthusiasmus und ihrer Hilfsbereitschaft wollen sie anderen Menschen auch etwas Gutes tun. Und sie folgen dem überwertigen Ideal, dass es immer allen Menschen gut tun würde, Entwicklungstraumata aufzuarbeiten. Doch wie ich weiter oben beschrieb ist das für Menschen, die gerade tief in der PTBS stecken, giftig und schädlich.

Wie erklärt man so einem Menschen, dass das, was er gerade tut, Gift ist?
Wie erkläre ich das meinem früheren Ich? - Denn einst tickte ich genauso.

Ich wollte den Menschen doch nur helfen. *tuete*

Ich habe einen langen Weg hinter mir. Inzwischen habe ich mein Welt- und Selbstbild wieder aufgebaut - diesmal inklusive Trauma. Die Sozialphobie brauche ich nicht mehr. Doch wie ich Menschen, die wie mein früheres Ich ticken begreiflich machen soll, was er/ sie da tut, weiß ich immernoch nicht. *nixweiss* Das wäre so als würde ich versuchen, einem Kind einen Orgasmus begreiflich zu machen. Es hat dafür einfach (noch) nicht die Voraussetzungen.

Wenn ich nun einer Person begegne, die meinem früheren Ich stark ähnelt, kann ich mich zurück lehnen und die Person von ihrem Faible erzählen lassen. Ich finde es erfrischend, wenn Menschen für etwas brennen. Und Psychologie und Therapiemethoden waren ja auch immer und sind wieder mein Faible. Da bin ich neugierig. Den Wunsch, für andere Menschen heilsam zu sein, finde ich sehr liebenswert. *herz*

Natürlich treffe ich vereinzelt noch auf Mutmaßungen und Unterstellungen, bei denen ich ein Mal tief durchatmen muss. (Doch sie werfen mich nicht mehr aus der Bahn.)

Zum Beispiel die des sekundären Krankheitsgewinns. Das ist für Menschen, die "im Rahmen von Entwicklungstraumata" denken, naheliegend. Schließlich dauert die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit in solchen Fällen nur einen Bruchteil der Zeit, die es im Falle von schwersten Traumata im ursprünglichen Traumabegriff braucht. Und wenn es länger dauert, steckt beim einfachen Entwicklungstrauma oft der sekundäre Krankheitsgewinn dahinter.
Diese Menschen sehen mich nicht. *traurig*
Wie denn auch? Wenn sie im Eifer des Gefechts die ganze Zeit enthusiastisch über ihr Ding sprechen? *gruebel*

Wie ich damit umgehe, dass weder mein Leid noch meine Leistungen der letzen Jahre gesehen werden?
Wie ich damit umgehe, wenn einfach blindlinks irgendwelche Mutmaßungen und Unterstellungen rausgehauen werden?

Wie gesagt: Der sekundäre Krankheitsgewinn ist deren Ding, nicht meines.
Ich weiß aber, dass es ihn gibt. Und dass es ihn gibt, erkenne ich an.
Danach erzähle ich einfach Mal ein wenig von mir.
Mein Gegenüber reagiert dann primär mit Enttäuschung. Und da gibt es so grob zwei Möglichkeiten.
1: Die Gegenseite ist enttäuscht, dass sie mit ihrer Vermutung in meinem Fall daneben lag.
2: Die Gegenseite ist enttäuscht, da sie weiterhin in ihrem eigenen Rahmen denkt "Puh, das ist eine starke Rationalisierung. Da macht es jetzt keinen Sinn weiter zu gehen.".
Was genau es ist, wird erst die Zeit zeigen.
Aber für den Moment, ist das Thema vom Tisch. *smile*
Das gibt mir Zeit auszuloten, ob mir mit dem Menschen auf anderen Ebenen eine positive Verbindung möglich ist. (Ja, wieviel Ähnlichkeit überhaupt mit meinem früheren Ich besteht.)

Zitat von ******ore:
Es bestätigt mich darin, Polyamorie anzuzweifeln

Das ist ein guter erster Schritt. *ja*
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
@*******ias

Wie gesagt: anzweifeln nur bei anderen *smile*

Ich bewundere Dich für Deinen Mut, hier tief in die Materie einzusteigen.

Für mich war die Entdeckung des Begriffs "Entwicklungstrauma" meine Erlösung und ich habe hier 2 Jahre lang versucht, primär mal aufzuklären, den Unterschied zwischen Schocktrauma und Entwicklungstrauma deutlich zu machen. Mit dem Ergebnis, dass mir viele viele Male Psychologisierung vorgeworfen wurde.

Ich finde, es braucht diese Erkenntnisse hier. Nicht jeder kann etwas mit ihnen anfangen, aber die, die damit etwas anfangen können, für die ist das wirklich heilsam.

Und die, die endlich mal unter das Wasser schauen dürfen und den riesigen Unterbau unter ihrer Eisbergspitze sehen dürfen und allein dadurch schon innerlich etwas mehr zur Ruhe kommen können, für die hat sich die Schreiberei allemal gelohnt.

ICH bleibe bei der Polyamorie, weil mir die Spiegel über das hinaus, was Monogamie "mir erlaubt hätte" zur Selbstreflexion geholfen haben. Ich werde - wie gesagt- immer wählerischer, weil vieles in mir schon zur Ruhe kommen durfte.
Aber ich benenne weiter, wenn ich in Schilderungen von Polyamorie keine sehe.
*********rgara Frau
7.495 Beiträge
Ich empfinde jegliches Schubladendenken als die Freiheit begrenzend.

Jeder Mensch ist anders. Jede Beziehung zwischen zwei Menschen ist anders. Wenn ich aufhöre da Definitionen dran zu hängen, die wieder bei den Beteiligten Erwartungen wecken und Gespräche darüber erfordern wer wie was darunter versteht , wird der Weg frei einfach zu leben was ist.

Ich kann meine Familie lieben und nebenher Partner. Keiner nimmt dem anderen etwas weg dadurch.
Das ist für mich auch so in Partnerschaften. Theoretisch könnte ich viele Menschen gleichzeitig lieben. Männer, Frauen, Transgender.
Praktisch kann ich aber so vielen gar nicht den Raum in meinem Leben geben, den eine Partnerschaft mit Tiefe und Qualität braucht.
Habe ich nun mehrere Partner, die immer wieder Freiraum brauchen, kann ich mehr haben, als wenn ich einen habe, der viel Zeit mit viel Intensität füllen will. Das ist aber mit jedem Menschen wieder anders.

Ich liebe einen Mann, mit dem ich keine Beziehung habe oder haben kann. Dennoch kann ich noch andere lieben. Und ich leide nicht darunter keine Beziehung mit ihm zu haben. Ich freue mich an den Momenten, die wir teilen. Und die sind dann so wie es der Moment ergibt.

Er wird immer einen Platz in meinem Herzen haben. Jeder neue Partner sollte das akzeptieren können.
Und mit jedem neuen erlebe ich das Abenteuer herauszufinden, was für eine Art von Beziehung und Begegnung wohl mit diesem Menschen möglich ist.

Es ist für mich nicht wichtig, ob ich es Polyamorie nenne oder gar nichts. Es ist einfach wie es ist. Seit ich die Schublade verlassen habe, man könne nur einen Menschen lieben , bin ich frei zu lieben so oft wie es sich ergibt. Und das ist weniger häufig als es klingt. Es sind besondere Begegnungen, die eine Qualität haben, eine Intensität, die die anderer übersteigt.....
ICH bleibe bei der Polyamorie, weil mir die Spiegel über das hinaus, was Monogamie "mir erlaubt hätte" zur Selbstreflexion geholfen haben.

Es kommt sehr darauf an, ob andere Menschen sich von dir dazu benutzen lassen wollen oder nicht.

Tust Du so etwas, nämlich dich an anderen Menschen und den dazugehörigen Konflikten zu entwickeln, bedeutet das eine große Belastung. Für die Menschen, die gar nicht wissen, weshalb Du reagierst, wie Du eben reagierst.

Ich habe schon lange den Eindruck, dass es häufiger diese Alternativ-Laien-Therapiegruppe gibt, wo sich aneinander abgearbeitet wird.

Für mich ist so etwas aber gar keine Polyamorie, sondern dann primär eine Selbsthilfegruppe. Gefährlich, wenn kein echter Fachmensch Supervision betreibt.

Ich würde wissen wollen, was ein Netzwerk anstrebt und da tut. Miteinander und aneinander.

Für mich ist ein polyamores Netz nämlich bloß eine Ansammlung von Menschen, die sich lieben und diese Liebe zueinander feiern möchten.

Wenn ich immer wieder mitbekomme, dass in der Psyche von Menschen gerührt wird, die das so nie gesucht haben, miterlebe, dass die anderen oder auch nur eine Person sich an der Gruppe abarbeitet, nenne ich das übergriffig bis missbräuchlich.

Sie
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
@*********rgara

In Deinem Falle, wenn Du es als Bereicherung siehst und damit glücklich bist, dann ist das wunderbar!

Aber wie oft lese ich hier: "die Polyamorie ist schuld an meinem Desaster".

Eifersucht, Stress, Untreue, Unverbindlichkeit, Heimlichkeiten...

Und an der Stelle sage ich dann eben auch "nenn es nicht Polyamorie, wenn es keine ist!"

Es NICHT zu benennen, WENN es welche ist, ist kein Übel.
Aber eine eigentlich sehr schöne Möglichkeit, anders in Verbindung sein zu können, zu missbrauchen, um dem eigenen Unglück einen Namen geben zu können, das finde ich einfach traurig.
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
@*********t6874 Also die meisten Menschen sind schon freiwillig mit mir zusammen..... Und ich mache nichts heimlich.

Sowohl in unserer Lebensgemeinschaft, als auch in der jetzigen Gruppe von Menschen um mich gab es je einen Psychotherapeuten. (Studiert!)

Ich bin so transparent, wie hier auch. Wen es nicht interessiert, liest drüber weg, die anderen bedanken sich für "die klugen Sachen", die ich schreibe.
*********rgara Frau
7.495 Beiträge
@******ore

Nicht nur als Bereicherung. Sondern als Befreiung. Als Weg zu leben was ist. Ohne Erwartungen und im Erspüren und Erkunden dessen was sein kann.
******ore Frau
4.633 Beiträge
Themenersteller 
Wunderbar!
Na ja, informierst Du neu Dazukommende darüber, was dein eigentliches Ziel ist?

Also die Selbsthilfegruppe.

Bevor Du es falsch verstehst, ich habe keine Probleme mit Selbsthilfegruppen.

Ich möchte aber in Kenntnis gesetzt werden, wenn es eine Person gibt, der es nur um sich selbst geht und ich dann Mittel zum Zweck bin. Und dass diese Person die beurteilende Instanz ist, die darüber befindet, wie es um die geistige Gesundheit neuer Probanden steht.

Sie
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