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Poly-Einmaleins?

*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Poly-Einmaleins?
Ok, aus dem ganzen Disaster in der letzten Zeit, haben wir mal durchgesprochen, wie es sich vielleicht angehen läßt, Fehlannahmen bei potentiellen Polys (und Neu-Partnern) mal ein wenig vorzubeugen ... Ich denke zwar, daß solche eine absurden "Ihr müßt da doch drüber stehn" Forderung wie zuletzt sich nicht sehr wahrscheinlich wiederholt. Aber man kann ja nie wissen.
Was haltet ihr denn von folgenden Überlegungen, sozusagen Poly-Realitäts-Einmaleins?

1. Polys sind auch nur Menschen, die sich entwickeln, dazu lernen und Fehler machen, wie jeder andere auch. Solange wir keine Heiligen sind und auch unsere Ängste und Begrenzungen immernoch haben, ist die Wahrscheinlichkeit für Krisen relativ hoch - vor allem wenn Neuankömmlinge dazu kommen. Im Idealfall wird es eine harmonische Traumreise, im Realfall eher steinig. Wenn Du nicht bereit bist, das mit Deinem Partner durchzustehen, laß es gleich bleiben.

2. Polys sind nicht dazu da, Dir die Antworten abzunehmen oder nicht auch an Dir selbst zu arbeiten. Das hat jeder selbst zu tun. Man kann aber erwarten, daß man in einer Krise nicht alleingelassen wird.

3. Polys sind auch keine Trainingsgeräte, keine leichten Betthupferl oder Abenteuerspielplätze, sondern Menschen, die viel Arbeit investieren, um komplexe Beziehungen aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Du hast als Teil dessen genauso Verantwortung zu tragen.

4. Jeder Mensch gibt, was er geben KANN, wenn jemand etwas nicht kann oder Ängste bekommt, muß das anerkannt werden. Wenn man anfängt, dem Gegenüber seine Ängste vorzuwerfen oder ihm zu sagen, was er tun muß oder müßte, wird es nicht leichter - sondern schwerer. Es ist erstaunlich, wozu ein Mensch fähig ist, wenn er geben DARF, aber Druck hilft nicht, sondern macht es schlimmer.

5. Wenn irgendetwas passiert zwischen Deinem Partner und Dir, was Dich verunsichert oder belastet - tu erstmal GARNICHTS, rede nur. Notfalls zieh Dich zurück, sortiere Deine Gefühle, beruhige Dich. Sprich über Deine Gefühle ("Ich bin enttäuscht" oder "Du provozierst mich" sind keine Gefühle, das sind Vorwürfe, übe Dich in gewaltfreier Kommunikation) und was Du Dir wünschst. Wohlgemerkt wünschst, nicht was sein muß. Dein Gegenüber kann Dir das geben oder nicht, wenn er es nicht tut, kannst Du das nur akzeptieren - aber eben auch Deine Konsequenzen ziehn. Aber erkläre Deinem Gegenüber, was für Dich die Konsequenzen sind, anstatt auch zu agieren.

6. Sei Dir bewußt, daß jemand, der frisch verliebt ist, nicht ganz zurechnungsfähig agiert. Das ist keine Ausrede für rücksichtsloses Verhalten, wir sind erwachsen und in der Lage, über unser Verhalten zu entscheiden. Wenn Dein bestehender Partner Dir sagt, daß er sich gerade allein gelassen oder verunsichert fühlt, weil Du Dich aufgrund einer neuen Liebe anders verhältst - beruhige ihn, verbringe Zeit mit ihm, gib ihm Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen und überprüfe Dein Verhalten kritisch. Jemanden dazu zu nehmen, wenn die bestehende Beziehung nicht stabil ist, funktioniert nicht. Das wird die bestehende Beziehung eher zerstören. Das hat dann nichts mit Polyamory zu tun.
Die meisten Trennungen bestehender Partnerschaften entstehen in der Polyamory wegen neuer Partnerschaften. Das ist eine kritische Phase, nicht nur rose rote Wölkchen, stell Dich darauf bitte ein.

7. Wenn Du Verlustängste bekommst, weil Dein neuer Partner z.B. einen neuen Partner hat, gilt das Selbe wie 5. - tu erstmal garnichts, rede nur. Die erste Reaktion wird sein, von Deinem Partner zu erwarten, daß er Dir Dein Sicherheitsgefühl wieder gibt. Er sollte auch verständnis- und liebevoll an Deiner Seite sein und Dir sagen, warum Du so wichtig für ihn bist, was Dich so einzigartig macht. Aber letztendlich mußt Du Deine Ängste selbst in den Griff bekommen. Wenn Dein Partner Deine Ängste durch sein Handeln nicht zerstreut oder sich nicht verständnisvoll verhält, wirst Du vermutlich tiefer in die Angst rutschen. Es ist weder ok, daß er Dir anbietet, sich zu trennen, noch, daß Du von ihm Trennung verlangst. Dann habt ihr das Problem nicht behoben und werdet in Zukunft wieder darüber stolpern - und die alte "Lösung" steht abermals im Raum. Dein Partner muß zu seinen Gefühlen stehen und Du Dich daran gewöhnen, daß er steht, aber eben nicht geht (egal in welche Richtung).
Wenn er sich für oder gegen einen von Euch entscheidet, hat er sich gegen Polyamory entschieden oder zumindest klargemacht, daß er einem die Auseinandersetzung mit den Ängsten zu Lasten eines anderen erspart. Was auf das Selbe hinausläuft.

8. Wenn Du Deine Verlustängste oder Eifersucht nicht in den Griff bekommst, kannst Du nicht polyamor leben (selbst Partner zu haben, die keine weiteren Partner haben dürfen, ist nicht das Ziel). Das ist ok, wenn es denn so ist, aber darunter kann niemand leiden oder die "Schuld" zugesprochen bekommen. Finde den Punkt, an dem Du dazu stehst, wer Du bist, was Du leben kannst, selbst. Erwarte nicht von anderen, daß sie Dir das abnehmen. Damit handeln sie nicht polyamor.
Deine Partner sollten Dich die ganze Zeit dabei liebe- und verständnisvoll begleiten, aber sie werden genauso darunter leiden, was in Dir vorgeht, also berücksichtige bitte auch ihren Schmerz.

9. Es wird wie in monogamen Beziehungen auch immer mal wieder passieren, daß jemand aus Verzweiflung, Schmerz oder sonstigen Gefühlen etwas sagt oder tut, was Dich verletzt oder verunsichert. Ihr könnt das nur zusammen klären. Und da hier mehr als zwei Personen beteiligt sind, kann das auch öfter vorkommen ...

10. Jede Einzelbeziehung in der Polyamory muß sich erstmal um sich selbst kümmern, was Stabilität oder Intensität angeht. Egal was an äußeren Faktoren wirkt (ein weiterer Partner, der dritte Weltkrieg), man kann nur an dieser Beziehung arbeiten und ihr Gelingen nicht von weiteren Beziehungen abhängig machen. Wenn ein bestehender oder potentieller Partner verunsichert ist, kann das nicht zu Lasten weiterer Beziehungen gehen. Es geht nicht, daß man eine Beziehung auf Eis legt, damit eine weitere laufen kann oder beginnt. Das ist keine Lösung, das ist Selbstbetrug. Es wird nicht besser, weil man den Konflikt hinauszögert, einem Partner die Aufarbeitung seiner Ängste abnimmt.
Oder man lebt hierarchische Polyamory in klarer Erst- und Zweitbeziehung. Nur sollte das von vornherein klar sein, damit sich jeder darauf einstellen kann.
*******se_B Mann
266 Beiträge
Hallo Venice,

vielen Dank für diesen schönen Text. Auch wenn mir kein einziger Poly bekannt ist, der tatsächlich den hier implizit formulierten Ansprüchen vollständig gerecht wird ist es doch eine schöne Sammlung von Denk-Anregungen und Zielen für die Persönlichkeitsentwicklung.

Gruß,
DerGroße
studie
******Bln Mann
2.686 Beiträge
hmm... das müsste doch auch etwas kürzer und griffiger formulierbar sein ... oder?

( Und wo bleibt die Leichtigkeit? Alles so schwer und deutsch! )
autsch
Hallo Venice79!


Worum geht es Dir, möchtest Du Verletzungen, Enttäuschungen und Wecken von verborgenen Defiziten vermeiden?

Glaubst Du wirklich eine Möglichkeit finden zu können, mit der Du unangenehmes vermeiden kannst?

Oder hab ich das so falsch verstanden ;-(

Es gibt viele Punkte, die ich toll finde. So z.B., daß in Wirklichkeit jeder sein Befinden selbst verantworten können muss, und nicht andere. Das ist ein Grundstein, dessen Lernaufgabe aber unser gesamtes Leben dauern kann/wird. Wie in vielen anderen angesprochenen Dingen.

Wo hab ich Dich so falsch verstanden, denn es klingt für mich in Wirklichkeit etwas schrecklich, was da bei mir angekommen ist. Und ich glaub fast, ich hab´s in den falschen Hals bekommen...


Viele Grüße
Scrat
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Ich bin immer für kürzer, macht Vorschläge. *zwinker* Nur "leichter" ... sorry, ich habe grade gesehn, was "leichter" für Folgen haben kann.
Scrat: Schmerz läßt sich nicht vermeiden, das ist mir bewußt und ich werde jetzt zum Kraft tanken, nachdenken, eine ganze Menge Zeit vergehen lassen, bevor ich mich nochmal auf jemanden einlasse. Worum es mir geht: es hat sich viel entwickelt und getan in den letzten Tagen für mich, für meinen Mann. Wir diskutieren immernoch und werden das wohl noch eine Weile tun, was wir gelernt haben in der letzten Zeit, wie unsere neuen Richtlinien sind. Wie der Große schon schrieb, dem wird man nie wirklich gerecht, aber man weiß, wohin die Reise gehn soll.
Ich habe z.B. bis zu dieser Erfahrung nie eine solche Verlustangst erlebt (kleinere ja, das kam vor, war aber immer nach einem Gespräch erledigt) oder wie der Verlauf ist, was ich daraus gezogen habe. Daran versuche ich Euch teilhaben zu lassen, vielleicht hat irgendjemand einen Gewinn. Und ich bin gespannt auf eure Meinungen, wie man das vielleicht noch besser machen kann.
Sehr empfehlenswert...
zu lesen für alle Ratsuchenden, ich finde es klasse was du dir überlegt hast!

Gerade auch, sich mit der Art der Kommunikation auseinanderzusetzen, wie du es unter Punkt 5 schreibst.

Es gibt ja wirklich Menschen, die sich keine Gedanken darüber machen, welchen unterschiedlichen Sinn es macht, zu sagen

"Du trittst mich mit Füßen."

oder

"Ich will dich nicht mit Füßen treten und suche mir deshalb - anders als du - keinen weiteren Partner..."

und

"Ich fühle mich wie mit Füßen getreten..."
*******se_B Mann
266 Beiträge
@ Scrat

"Leichter" führt gern zu einer gewissen Beliebigkeit und Blauäugigkeit. Was das bedeutet habe ich gerade erlebt.

Daher finde ich es hier richtig, ein paar Dinge klar auszusprechen und nicht alles kuschelweich und unverbindlich zu lassen. Wie immer gilt natürlich: Jeder kann sich nur herausnehmen, was für ihn selbst zutrifft.

Gruß vom Großen,
der gerade mit Punkt 4 und 7 durch ist und mit Punkt 8 kämpft
@ Großer ;-)
Das "Leichter" (o.Ä.) war nicht von mir *zwinker*

Und was Du dazu sagt ist auch für mich stimmig.
@ Venice


Danke für Deine Antwort, das hat geholfen anders zu schauen, jetzt kann ich mehr damit anfangen.

Ich habe die Vorgeschichte nicht komplett verfolgt, vielleicht hat mir das irgendwo gefehlt, um Dein EinMalEins nehmen zu können.
@venice
liebe venice,

vielen dank, dass du die erlebnisse der letzten zeit so kreativ und sinnvoll zur reflektion über häufige fehl-wahrnehmungen oder erfahrungsmängel nutzt!

mir gefallen die ratschläge der auflistung im großen und ganzen sehr gut... bis auf einige aussagen, die ich für mich so nicht stehen lassen kann:

Es ist weder ok, daß er Dir anbietet, sich zu trennen, noch, daß Du von ihm Trennung verlangst. Dann habt ihr das Problem nicht behoben und werdet in Zukunft wieder darüber stolpern - und die alte "Lösung" steht abermals im Raum.

ich kann absolut verstehen, dass das die lektion ist, die du für dich aus den aktuellen geschehnissen ziehst. und doch ist es in ordnung, wenn sich leute für eine trennung entscheiden, weil es eine von vielen "richtigen" möglichkeiten ist sich zu entscheiden. es kommt halt immer auf die umstände und die prioritäten der beteiligten an.

Dein Partner muß zu seinen Gefühlen stehen und Du Dich daran gewöhnen, daß er steht, aber eben nicht geht (egal in welche Richtung).
ich habe ein großes problem mit aussagen die ein "muss" beinhalten. es gibt keinen zwang zu seinen gefühlen zu stehen und für den anderen partner diese gefühle zu akzeptieren. das ist ein ideal das man anstreben und erreichen kann, aber es wird genug paare geben die an dieser stelle das eine oder andere mal sich für die "sicherung" ihrer beziehung entscheiden und gegen die aufkommenden gefühle für eine neue person. das wäre sicherlich nicht mein weg, aber das macht es nicht weniger möglich oder sinnvoll. denn auch hier geht es wieder um das was den beteiligten wichtig ist und welchen gewinn sie aus der entscheidung für sich zu ziehen glauben.

Wenn ein bestehender oder potentieller Partner verunsichert ist, kann das nicht zu Lasten weiterer Beziehungen gehen. Es geht nicht, daß man eine Beziehung auf Eis legt, damit eine weitere laufen kann oder beginnt.
natürlich geht es! und zu zeiten von großen krisen und schicksalsschlägen kann das genau der richtige weg sein um seine emotionalen energien zu schonen und nicht beim versuch beide beziehungen zu leben sich und seine beziehungen unnötig zu schädigen. auch das sehe ich als viel zu komplexe frage, als dass es dafür in meinen augen eine grundsatzregel geben könnte - einen vorschlag oder ein ideal schon eher.
klar im idealfall klärt man die probleme der einen beziehung ohne die andere zu beenden oder zu pausieren, aber was wenn es alle dermaßen schlaucht und belastet, dass am ende 2 beziehungen in einer tiefen krise stecken? braucht ja auch keiner! *nein*

@ fellxxbln
Und wo bleibt die Leichtigkeit?
ich würde sagen die leichtigkeit kommt da ins spiel wo wir lernen uns selbst zu verstehen, gut mit uns selbst umzugehen und über unsere eigenen ängste und macken lachen zu können.
leichtigkeit kommt mit dem vertrauen in unsere fähigkeit unsere verschiedenen missverständnisse und krisen lösen zu können, mit dem vertrauen in die tragfähigkeit unserer beziehungen und liebe.
leichtigkeit kommt mit der erkenntnis, dass die eigenen ängste und die unerfahrenheit dinge völlig verzerrt darstellen können und eine gesunde skepsis gegenüber unseren "was-passiert-wenn"-gedanken angebracht ist.
leichtigkeit entsteht aus dem begreifen der verschiedenartigkeit der menschen und ihrer emotionalen wie rationalen realitäten, weil es kein allgemeingültiges richtig gibt und man immer wieder neue perspektiven und einsichten gewinnen kann.

leichtigkeit ist so wunderbar einfach, wenn einen die eigenen gefühle und verhaltensmuster nicht in geiselhaft nehmen! *zwinker*

alles liebe,
venuskind
@ Venuskind


Auch ich sehe in einer Trennung letztendlich "nur" eine Flucht vor sich selbst, weil das Gegenüber lediglich ein Spiegel ist, mit dem man in Resonanz ist.
Eine Flucht davor, sich mit sich selbst auseinander zu setzen.
Aber, es bleibt jedem überlassen, ob dies eine Priorität ist.

Eine Trennung aus: "Ich empfinde real Gleichgültigkeit" ist natürlich eine sinnvolle Entscheidung, aber andere fallen mir nicht ein.
*******se_B Mann
266 Beiträge
Worum es beim Thema Trennung geht ist doch das Folgende:

Es ist NICHT richtig, vom anderen die Trennung von einem Dritten zu verlangen (wenn er sie selbst anbietet ist das, wie ich finde, seine Sache).

Es is durchaus richtig (siehe Punkt 8 ) sich selbst zu trennen, insbesondere, wenn ich mit der Situation nicht leben kann.

Der grundsätzliche Tenor von Venice's Text ist ja auch: Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Jeder kann nur für sich entscheiden, nicht für den anderen.

Das, wie ich finde, Schwierige daran ist, diese Konsequenz im Gespräch zu vermitteln ohne zu drohen. Also zu sagen: Mit der Situation so, wie sie ist kann ich nicht leben. Daher werde ich mich trennen, wenn sich die Situation nicht ändert. Und das ohne zu sagen: Du mußt Dich ändern, sonst verlasse ich Dich. Das ist eine Drohung und inakzeptabel. Aber der Grat ist sehr schmal.

Gruß,
DerGroße
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Venuskind, natürlich ist es ein Ideal, wie schon gesagt, die Realität wird dem nicht nachfolgen können. Nur was die Geschichte angeht mit dem Punkt:

Wenn ein bestehender oder potentieller Partner verunsichert ist, kann das nicht zu Lasten weiterer Beziehungen gehen. Es geht nicht, daß man eine Beziehung auf Eis legt, damit eine weitere laufen kann oder beginnt.

Ich habe das durch. Ich habe vor langer Zeit mal zugestimmt, mich auf unbestimmte Zeit von jemandem zu trennen, damit er eine Beziehung beginnen kann mit jemandem, der nicht wußte, ob er das will/kann mit mir dabei. Kurz gesagt der Effekt war: unsere Beziehung war komplett vorbei, ich habe nichts mehr von ihm gehört oder gesehen, außer nach 9 Monaten, also jetzt würde er gerne wieder ...
Für mich war diese Beziehung nach einem Monat aber komplett vorbei, weil ich gemerkt habe: entweder ich liebe jemanden auf die Art, daß ich eine Beziehung möchte und schlichtweg vergehe, während ich warte oder ich liebe frei und ohne etwas zurückhaben zu wollen - aber dann fange ich tatsächlich auch keine Beziehung mehr an. Für mich ist der Übergang von "frei-lieben" (als ätherisch lieben sozusagen) zu "sehnend lieben" schmerzhaft, das ist eine Trennung. Und wenn das einmal nötig war, weil da jemand anderes hinzutrat, dann vertraue ich nicht mehr darauf, daß das nicht wieder geschieht. Das mache ich aber nicht mit. Dann ist es vorbei und mein Gegenüber kann klagen und weinen, soviel er will. Ich liebe ihn, aber ich gehe keine Beziehung mehr ein.

Oder noch anders ausgedrückt: ich denke (aus meiner eigenen Empfindungswelt heraus, mein Mann sieht das auch so, kann jemand anderes ganz anders sehen), daß eine enge (!) romantische Beziehung auf Zukunftsaussicht fußt. Daß man etwas aufbauen möchte, das Bestand hat. Wenn es erforderlich ist, sich zu trennen für jemanden, von dem man nicht weiß, was er bringt, ob diese Beziehung Bestand haben wird, dann gibt es von vornherein eine Hierarchie zugunsten neuer Beziehungen. Das ist meiner Meinung nach nicht lebbar.
Natürlich kann man sich trennen, weil sonst beide Beziehungen zerbrechen würden. An der Entscheidung sollten aber alle Anteil haben und nicht einer die Reißleine ziehen. Ich habe auch schon zwischen zwei Partnern gestanden und mich von einem getrennt. Aber da hat schlichtweg einer partout nicht mitgekonnt mit der Lebensweise. Wenn es jemals passieren sollte, daß die Beziehung mit meinem Mann z.B. total kriselt und die mit einem anderen Partner auch, werde ich extrem viel Kraft brauchen. Aber es ist ein Unding für mich, mich deswegen zu trennen.
Und wenn man erstmal anfängt, sich zugunsten des Sicherheitsgefühls eines Partners zu trennen oder das als Option zu sehen, wird man jedesmal in der selben Falle sein, wenn der dann wieder "zuckte".
Das geht meiner Meinung nach einfach nicht.
Das Vertrauen in die Tragfähigkeit einer Beziehung ist hier doch genau der eigentliche Punkt, oder? Wenn ich damit rechnen muß (oder weiß), daß sich mein Partner in einer Krise von mir trennt. Ist das Vertrauen in die Tragfähigkeit dahin.
**********vence Frau
430 Beiträge
das war sicher eine gute ...
... Idee, das "Desaster" so in Worte gefasst zu verarbeiten.

Sollte man das oder ähnliches dann als Flyer möglichen Partnern in die Hand drücken? *zwinker*

Mir fehlt da noch viel viel mehr Leichtigkeit als es Felix schon angesprochen hat. Mein wichtigster Punkt wäre: nimm es nicht so schwer, lass der Liebe Raum und Zeit und nimm auch mal hin was kommt.

Und ganz konkret - Du schriebst

tu erstmal GARNICHTS, rede nur. Notfalls zieh Dich zurück, sortiere Deine Gefühle, beruhige Dich.

Reden kann genauso drängend und fordernd sein wie tatsächliches Agieren, der zweite Teil Deiner Aussage ist viel viel wichtiger und keinesfalls nur ein Notanker. Ich würde sagen - ich mach auch mal eine Liste:

1.) Werd Dir erst mal mit Dir selber drüber klar, was Du (mit Deinen Partnern) eigentlich willst und was Du aushalten kannst, leichten Herzens.
2.) Wenn Du glaubst Du bist Dir klar, dann kommuniziere das ganz sachte, denk drüber nach was dein/e Gegenüber dazu sagt/en
3.) Finde heraus, ob sich das, was Du willst in deiner Situation und mit deinen Partnern leben lässt
4.) Nimm von Deiner Idealvorstelllung gedanklich einen Aspekt (z. B. Sex, gemeinsam Wohnen, perfekt kommunizieren *zwinker* ...) weg - lässt sich das immer noch leben? Wiederhole das, bis nur noch die Liebe bleibt - wo ist Deine Schmerzgrenze?
5.) Stell Dir vor, Du hast maximal noch 6 Monate zu leben - wo ist deine Grenze dann? Geh zu Punkt 1 zurück!

I) Du weisst sicher schon, dass Du Deinen Polypartnern gegenüber ehrlich zu sein hast, wusstest Du dass das auch Dir selbst gegenüber gilt?
II) Nimm Dich nicht so furchtbar ernst und meide um Himmelswillen durchnummerierte Listen mit imperativen RatSchlägen!
III) Unterwirf Dein Leben niemals vollständig einem Begriff, für den es eine allgemeingültige und anerkannte Definition gibt!

Würzigen Gruß
Marion
ich finde den text sehr anregend - und mehr als eine anregung kann er nicht sein. ist ja nicht als bibel gedacht. von daher kann man natürlich auch über den ein oder anderen punkt diskutieren, aber ich würde ihn erstmal einfach so stehen lassen. da steckt ne menge drin.
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Marion, das mit dem Hinnehmen ist so eine Sache. Leider habe ich bisher wohl irgendwas grundlegend falsch gemacht, denn außer meinem Mann hat kein Partner Hinnehmen können, was ich gesagt habe, gefühlt habe. "Hinnehmen" ist so garnicht mein Fall, war es nie.

Und wenn ich mich in einer dieser Situationen in der Vergangenheit auf das festgelegt hätte, was ich leichten Herzens geben kann und nicht, was ein anderer will, daß ich es gebe - wäre es noch viel schneller aus gewesen, als es war. Was nicht notwendigerweise heißt, das es damit gut war, keine Frage.
Inzwischen habe ich akzeptiert, daß es eben so einfach nicht geht. Wenn doch (so schien das mit dieser gerade beendeten Beziehung zu sein) - super. Allerdings haben wir diese zuerst positive Erfahrung auch nur deswegen so leben können, weil wir die Arbeit aus der Vergangenheit bereits hinter uns hatten. Und ganz ehrlich gesagt: so sehr das schlaucht, ich sehe es als großen Gewinn, was ich bisher daraus gezogen habe und daß ich eben bisher NICHT einfach hinnahm. Sondern es soviel angestoßen hat.

Und die "kleinen" Lösungen ... die kriege ich nicht hin, fragt meinen Mann, er kennt mich nun fast zehn Jahre, vielleicht muß ich alt und grau werden, um das zu schaffen, aber da fehlt mir bisher ... ein Gen. Wobei ich klarstellen möchte, daß diese ganze jetzt so schiefgegangene Sache, das mitkommen nach L.A. und dieser ganze Kram, nicht von mir kam. Im Gegenteil, ich habe explizit mich darauf eingerichtet, bis dahin vielleicht zusammen zu sein und das eben emotional auch so zu handhaben. Das wollte hausjut aber nicht, er hat mich monatelang bearbeitet, sich für L.A. entschieden. Da hab ich schließlich zugestimmt, mich weiter zu öffnen. So blauäugig, von vorn herein das zu planen oder zu wollen, war ich nicht, Gott bewahre.
Und wenn ich noch 6 Monate zu leben hätte - wir haben darüber gesprochen, gerade gestern - ich würde genauso handeln, wie ich es jetzt tue, ich hätte nichts anders gemacht oder haben wollen, würde genauso weitergetrieben werden von der Frage "Wie kann das klappen, was ist nötig" und nicht nach der Frage "Wie kann ich es mir jetzt grade schön machen". Ich glaube im Gegenteil, daß mich so eine zeitliche Beschränkung nur noch mehr antreiben würde. Aber das ist individuell. *g*
Schlimm wird es dann ...
... wenn man nicht die Gelegenheit hat zu reden.
Sich für eine Zeit zu verabschieden, oder sich für immer zu trennen.

Und auch hier seh ich wieder überhaupt keinen unterschied zur Monoamorösen Beziehung.
Auch da laufen doch im Grunde gleiche Strukturen ab.

Poly zu sein heißt doch nur es zwei drei oder viermal so oft zu leben wie einer der nur eine Beziehung zur selben Zeit führt.
Affären ausgeschlossen.

Lg YOYO
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Nochmal an Marion, ich versteh den Satz einfach nicht:
III) Unterwirf Dein Leben niemals vollständig einem Begriff, für den es eine allgemeingültige und anerkannte Definition gibt!
Welcher Begriff? Welche "allgemeingültige und anerkannte Definition"?
Mir fehlt hier bei allen Beiträgen die "Leichtigkeit des seins"

Polyamory bedeutet für mich keinesfalls zerfleischen sondern offenen und ehrlichen Umgang miteinander.

Verabschiedungen müssen nicht zwangsläufig auch etwas mit Trennung zu tun haben. Jedem menschen sollte auch das recht auf eine Auszeit gewährt sein


sorry meine Meinung
wow, bin beeindruckt!
Echt gut!

Ich finde eine Bibel (ich mag keine Religionen) gar nicht nötig! Und bin schon sehr platt von diesem geilen Gedankensammelsurium. Das lässt Freiheiten und Spielräume.

Daumen hoch!! So wie es ist, finde ich es sehr gut!


Gruß bangat
**********vence Frau
430 Beiträge
Nochmal an Marion, ich versteh den Satz einfach nicht:
III) Unterwirf Dein Leben niemals vollständig einem Begriff, für den es eine allgemeingültige und anerkannte Definition gibt!

Welcher Begriff? Welche "allgemeingültige und anerkannte Definition"?

Als Begriff könnte man z. B. nehmen: Religion, Sex, Erwerbsarbeit, LSD, Monogamie, Polygamie (damit meine ich natürlich eine der definierten, gesellschaftlich etablierten Formen der Vielehe - also z. B. ein Mann darf maximal 4 Frauen heiraten)

Immer wenn ich es gestatte, dass so ein definierter Begriff zu meinem dominierenden Lebensmotto wird schränke ich meine Möglichkeiten ein.

Prekär wird es natürlich auch, wenn man sich selbst mit eigenen Definitionen einzwängt.
Wir leben alle in der
gleichen Welt in der Definitionen nun mal unumgänglich sind, sonst würden wir uns ja nicht mal selbst verstehen.
Zugegeben hat jeder eine ander Art der interpretation.
Und somit sind wir dann schon wieer mal bei der Möglichkeit des Polydudens angekommen lach.
**********vence Frau
430 Beiträge
Hinnehmen
Venice - dazu habe ich ja schon mal was zitiert:

gib mir den Mut Dinge zu ändern die ich ändern kann,
gib mir die Kraft Dinge hinzunehmen die ich nicht ändern kann,
und die Weisheit sie jeweils zu erkennen.

In diesem Sinne hinnehmen, nicht im Sinne von einfach laufen lassen, treiben lassen!
**********vence Frau
430 Beiträge
Definitionen
Liebe YoYo,

ich habe ja nichts gegen Definitionen, nur als Lebensmaxime taugen sie nicht!
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Ah danke für die Erklärung, Marion. Hinnehmen gut und schön, aber auf welche Art ... das kann zumindest zeitweise auch mal mit absoluter Trauer sein, mit Verzweiflung, mit Freude oder Glück.
Auch ein Hinnehmen, oder? Akzeptieren plus Gefühl?
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