Meiner Erfahrung nach gibt es in den meisten Fällen mehrere Phasen des Polylebens:
1. ich bin unzufrieden in meiner Beziehung, möchte mich ausprobieren (häufig sexuell, aber auch zwischenmenschlich) und möchte mich nicht mehr auf einen Menschen (sexuell oder zwischenmenschlich) beschränken.
2. ich probiere mich aus und stelle fest, dass ich mir bei sexuellen Kontakten emotionale Verbindung wünsche.
3. ich fange an, mehrere zu lieben und mich damit auseinanderzusetzen, was das mit sich bringt (meist viele Probleme, insbesondere, wenn es einen festen Partner gibt, der Verlustängste hat).
4. mit viel Beziehungsarbeit, oftmals erst nach einigen Jahren haben sich Polykonstellationen gebildet, die dann im weiteren Verlauf zunehmend langfristig, konfliktarm und erfüllend sind.
Das mag manchen schematisch erscheinen, aber es ist meine Erfahrung aus 8 Jahren Polyforum, mindestens 12 großen Polytreffen und diversen Polystammtisch- Gesprächen.
Hier im Forum geht es häufig um Menschen, die in Phase 1 oder 2 Hilfe suchen und ich weiß nicht, wie viele Stunden ich darauf schon geschrieben habe, weil ich von Polyamorie so begeistert bin. Ich schreibe kaum noch, weil es echt anstrengend ist, immer wieder die gleichen Probleme zu wälzen.
Lieber treffe ich mich mit Menschen, die es leben zum Austausch.
Polyamorie ist aber auch ein Stück Kultur, was aus meiner Sicht gepflegt werden möchte. Die meisten beziehen sich hier auf Easton/ Hardy Schlampen mit Moral.
Morning Glory Zell Ravenheart hingegen ist kaum bekannt. Die haben den Begriff Polyamorie nämlich das erste Mal verwendet und auch, wenn ich "Gründungsdokumenten" etwas kritisch gegenüber stehe, weil sie sehr dezidiert formuliert sind, schlage ich immer noch Alarm, wenn die zwei grundlegenden Kriterien (da gibt es einen sehr viel größeren Konsens unter allen sich zu Polyamorie bekennenden Menschen) Transparenz und Einvernehmen verwässert werden.
@***ng
Aus diesem nach wie vor ungelösten Konflikt resultiert leider die Frage "Poly oder nichtpoly....
Ich habe gar kein Problem damit, wenn jemand am Beginn seines Polylebens um diese Dinge nicht weiß. Aber wenn jemand nach Jahren immer noch durch alle Betten turnt und das als Polyamorie im Sinne der Definition verkauft, dann bekomme ich schon mal Hörner.
Meistens dann, wenn meine Intuition brüllt "es ist kein HERZ dabei!"
Denn darum geht es für mich: Mitgefühl, Mitfreude, Liebe.
Wo, wie, mit wem jemand lebt, das Bett teilt oder nicht, das ist nicht entscheidend.