„Was ist richtig?“ ist eine wesentliche Frage
, die nicht nur hier sehr kontrovers diskutiert wird.
Mich erinnert die Frage an meinen Lieblingssport, bei dem das „doing it right“ (DIR) von einer kleinen (elitären) Gruppe zur Ideologie erhoben wurde, die ein streng standardisiertes Vorgehen beschreibt — bis hin zu einer exakt vorgegebenen Ausrüstungskonfiguration und zahlreichen Vorschriften zur Beschaffenheit und Herstellern der Ausrüstung. Alle anderen, die anderen Organisationen angehören, Produkte anderer Hersteller verwenden oder Dinge anders machen, sind „strokes“ (schräg).
****ZH:
Für mich heisst "richtig" Polyamor zu leben und lieben, wenn …
Das bringt es gut auf den Punkt!
Verallgemeinerungen und Gleichmacherei sehe ich auch kritisch — ich bin der Meinung, dass richtig ist, was
für mich funktioniert.
Warum gibt es Kleidung in verschiedenen Größen? Weil wir eben nicht alle gleich sind und nicht alles jedem gleichermaßen passt. In Beziehungen verhält es sich nach meinen Erfahrungen nicht viel anders: So unterschiedlich, wie die Bedürfnisse sind, erfordern sie auch das Umgehen miteinander, damit alle in einer wie-auch-immer gestalteten Beziehung glücklich und zufrieden leben können.
Ein anderer Punkt, der hier gelegentlich schon dogmatisch diskutiert wurde:
*******dDay:
1. polamor fühlen = mehrere lieben können
2. polyamor leben
und provokant ergänzt:
3. polyamore Beziehungen haben oder suchen, um sich als polyamor definieren zu dürfen?
Für mich reichen 1. und die Fähigkeit,
polyamor leben zu können aus, um mich als polyamor zu definieren. Ein Muss sehe und mag ich auch nicht.
Spannend wird es bei 2., denn wenn
ich polyamor leben möchte, setzt das die entsprechende Toleranz und das Gönnen
meiner Partnerin voraus. Wenn sie damit nicht glücklich oder unzufrieden wäre, dann müsste ich mich entscheiden, ob ich mit dem Bestehenden glücklich und zufrieden genug bin, oder ob mir in dieser Beziehung so viel fehlt, das ich das Bestehende in Frage stelle oder auf's Spiel setze, weil mir zu viel fehlt.
Nimmt meine Partnerin das auch für sich in Anspruch, wird es noch spannender: Kann ich das ebenso gut wie sie? Das Gönnen, die Toleranz? Wenn man selbst „betroffen“ ist, sieht vieles ja oft ganz anders aus. Rational mag „gleiches Recht für alle“ ja sein, aber sind es die Gefühle und Emotionen auch? Die sind nämlich nach meiner Erfahrung selten so rational.
Ein guter Punkt betrifft die Gestaltung der Beziehung
****a73:
Ich sehe es so, daß das "Gönnen" auch irgendwo ein Ende hat. Wenn die Bedürfnisse der vorhandenen Partner anfangen auf der Strecke zu bleiben, einer aus dem Gefüge aber dauernd weitere hinzuzieht wird das "von Herzen gönnen" irgendwann in blanken Frust umschlagen.
Polyamor heißt nicht daß ich jeden und alles um meine Partner ertragen muß und beinhaltet auch immer Verantwortung die ich für meine Partner und deren Wohl mit trage.
Wie viel Aufmerksamkeit, Zuwendung, Zeit,… jemand braucht, ist keine Konstante. Das kann sich von Woche zu Woche, Tag zu Tag, Stunde zu Stunde ändern. Schon in „normalen“ Zweierbeziehungen können „normale“ Situationen interessante Ergebnisse haben, z.B. wenn einer nach einem besch… Tag einfach nur in den Arm will und der andere nach einem anstrengenden Tag dafür keine Energie übrig hat, weil er selbst völlig platt ist und erst mal nur seine Ruhe haben will. Da ist von Verständnis dafür, dass es gerade nicht wie sonst geht, bis zum Vorwurf, nicht da zu sein, wenn man gebraucht wird, oder dass zu hohen Anforderungen gestellt werden, vieles möglich. Wenn der andere gerade nicht verfügbar ist, weil er sich anderweitig vergnügt, wird so etwas richtig spannend. Übertrieben? Vielleicht. Aber in der Übertreibung liegt die Deutlichkeit.
Deswegen reicht aus meiner Sicht
*******dDay:
polyamor zu leben, setzt die von mir erwähnten Skills voraus.
nicht aus — polyamor leben zu können setzt nicht nur Skills wie Kommunikation und Organisation voraus, sondern in vielem auch eine vom „mainstream“ abweichende Einstellung und Sichtweise.
*******enig:
Ob die Beziehung jetzt "richtig" ist? Jo mei, und außerdem: wer will das definieren?
Weise Worte!
Ich beschreibe das gerne so: „Beziehungsfähig wird man erst
in einer Beziehung.“
Damit meine ich: sie so zu gestalten, dass sich alle wohl fühlen und möglichst keiner zu kurz kommt.