@hamamelis
nun.. ich habe gesehen, dass sich die diskussion und ansichten annähern.. und zu klären beginnen. trotzdem möchte ich noch meine gedanken anfügen, die ich gestern begonnen hatte.
grundsätzlich empfinde ich deine gedankengänge und ansätze durchaus berechtigt und sehr reflektiert. dennoch bleiben sie für mich sehr theoretisch und kopflastig. (nicht bös gemeint
)
du differenzierst, definierst und sezierst einzelne offizielle stilrichtung und ausrichtungen des bdsm.. (doch auch dies sind kategorisierungversuche von unendlich vielen eigenen auffassungen und lebeweisen) ..und verbeisst dich etwas gar arg in den begriff "macht".
ich mag diesen begriff nicht sehr, da er so allumfassend, vorbelastet und zu nahe (auch im verständnis) bei machtmissbrauch liegt.. also eher negativ konditioniert ist. doch wenn wir auch hier wiki zu rate ziehen, heisst es beim begriff macht:
Nach einem weitverbreiteten Verständnis des Wortes bezeichnet Macht die Fähigkeit von Individuen und Gruppen, auf das Verhalten und Denken sozialer Gruppen oder Personen - in ihrem Sinn und Interesse - einzuwirken. Es handelt sich um einen grundlegenden sozialen Aspekt, welcher in praktisch allen Formen des menschlichen Zusammenlebens eine Rolle spielt.
grundsätzlich eine sehr schöne, eher unverfängliche wortdefinition.. die einen erahnen lässt, dass wohl in jeder beziehungsform "machtenergien" spielen. und dies muss nicht in jedem fall als ungleich oder missbräuchlich gefühlt werden.
auch wenn das "
erfühlen von macht" durchaus ein zentrales spielelement des bdsm ist, ist sie immer zu relativieren und nie absolut! ..und muss überhaupt keinen einfluss auf die beziehung im allgemeinen haben.
ich würde lieber mit neutraleren, einfachen polaren begrifflichkeiten hantieren, wie z.b.
führung - hingabe & "aktiv - passiv". diese entsprechen für mich bereits sehr gut den grundsätzlichen wesenheiten des spielinhaltes.
diese begriffe sind auch auf andere interaktionen der geschlechter anwendbar. klassische beispiele: tanzen und (normale) sexualität. in beiden beispielen entsteht eine harmonie der handlung durch eine polarität der bewegung und der geistigen einstellung.
(man könnte es auch in diesen beispielen in gewissem sinne macht nennen - wenn man unbedingt möchte.
)
beim tanzen ist der fall klar: der mann führt.. "die frau lässt sich führen" (wobei jede gute tänzerin einen mann dabei "indirekt" wunderbar ausschauen lässt.. und wohl auf sehr subtile "hingebungsvolle" art den gang der bewegung durchaus beeinflussen kann). auch beim normalen sex sind zwei gleichzeitige aktive beteiligte eher kontraproduktiv. einmal ist der eine der bestimmende.. der führende.. der aktivere.. der andere mehr der empfänger.. der geniessende part.. und eher passive.. im nächsten moment drehen sich diese "rollen" vielleicht.
beim bdsm ist die rollenverteilung einfach klar verteilt.
Was ich nur meine, ist, dass in einer nicht von BDSM getragenen Polybeziehung jeder Beteiligte jederzeit über seine sexuellen Handlungen sowohl im Aktiven wie im Passiven selbst bestimmt.
dies gilt für mich beim bdsm ebenfalls. durch das grundsätzliche einverständnis, durch die absprachen und grenzen setzungen wird ein feld geschaffen, in dem man/frau sich sexuell bewegen will. diese grenzen des "submissiven parts" (!) sind die leitplanken.. sie sind gesetz.. sie bestimmen die handlungsmöglichkeiten des top. dieser übernimmt die verantwortung.. für die session.. und für beiderlei wohlergehen. das beinhaltet, dass er jederzeit sein gegenüber wahrnimmt, auch seine unausgesprochenen grenzen zu fühlen lernt. ein stopp ist ein stopp - das ist gesetzt. hier wird aber auch der submissive teil nicht ganz aus der verantwortung gelassen. die bewegungs- oder handlungsfreiheit mag für einen moment eingeschränkt sein, doch die selbstverantwortung wird nie vollkommen ausser kraft gesetzt. doch so weit sollte es im normalfall nicht kommen. ein übergeben von vertrauen und verantwortung, von macht in gewissem sinne, beinhaltet auch, dass diese macht
nie missbraucht wird!
für meine person kann ich nur sagen: für mich ist es nicht das gefühl von "macht", die den kick beinhaltet.. sondern immer das geschenkte vertrauen, das spüren ihrer hingabe und das erleben ihrer lust dabei.. die mich beglückt.. und natürlich auch die leidenschaft & freude, "mit ihrer lust spielen zu dürfen".
wer bdsm nie selbst erlebt hat, wir es schwerlich nachempfinden können. die theorie hilft da nur sehr bedingt weiter.
(auch wer die farbe blau nie gesehen hat, wird sie nie wirklich kennen.. nie "fühlen" können..)
nicht jeder muss polyamor leben.. nicht jeder ist fähig dazu. gleiches gilt für mich für den bdsm.
sowohl polyamor und bdsm sehe ich als fähigkeiten.. seinem innersten selbst begegnen zu können.. und sozialisierte und internalisierte tabus zu überwinden!
doch es gibt keinen (von aussen) bestimmten bdsm. jedes paar definiert und lebt gemeinsam (!) seinen eigenen bdsm.. wie es sich auch nur gemeinsam auf eine polyamore lebensweise einlassen kann.