Ich finde Scheidungs- und Todesfall sind nicht dasselbe.
Im Scheidungsfall hat sich mindestens einer von beiden - optimaler Weise beide - dafür entschieden das Leben ohne einander weiter zu gestalten.
Man wird nicht mehr gewollt und will dann auch nicht mehr. - Oder umgekehrt.
Doch im angekündigten Todesfall aufgrund von Krankheit hat das Schicksal beide vor vollendete Tatsachen gestellt.
(Beziehungsweise macht die Prophezeihung der Ärzte den baldigen Tod wahrscheinlich. Das ist ja deren Fachgebiet.)
Ich bin mit beidem vorsichtig geworden.
Ich habe die Feststellung gemacht, dass man in Therapie- und Selbsthilfegruppen auf wundersame Weise mit anderen Menschen durch die Hölle gehen kann. Man hilft sich gegenseitig und das ist toll. Doch am Ende des Weges stellt man fest, dass einen abgesehen von der alten Scheiße, die man nun hinter sich lassen kann, nicht allzu viel verbindet. Und wenn man sich trotzdem traf, konnte man nicht mehr allzu viel miteinander anfangen. Also traf man sich nicht mehr. - Und das war für alle OK so.
Als ich mich auf einen Mann einließ, der mit seiner Trennungsgeschichte noch nicht ganz durch war, nahm seine unverarbeitete Trennungsgeschichte sehr viel Raum ein. Und am Ende seines Weges war es genauso: Im Grunde genommen konnten wir nicht mehr allzu viel miteinander anfangen. - Doch für mich war das nicht OK.
Ist ja toll, dass ich die Fähigkeit habe, anderen bei der Verarbeitung ihrer Trennungsgeschichten zu helfen. Doch mein eigenes Thema war das zu der Zeit nicht.
Wie oft hatte ich überhaupt kein Interesse an dem Thema?
Wie oft hatte mich das Thema gestört?
Wie oft hatte ich mich bloß auf das Thema eingelassen, um das störende Problem aus der Welt zu schaffen? - Um endlich mit dem weitermachen zu können, was mich eigentlich an diesem Menschen reizte!
Oder um es mal ganz pragmatisch auf den Punkt zu bringen: Ich hatte viel gegeben, doch wenig von dem, was ICH hätte gebrauchen können bekommen. Und ich fühlte mich ausgelaugt und benutzt.
Doch andere Menschen kann ich nicht ändern.
ICH war es, die nicht "Nein" gesagt hatte. Das hätte ich ja tun können. In ganz vielen Momenten hätte ich "Nein" sagen können.
DAS könnte ich ändern.
Dann hätte er sich für dieses Thema höchst wahrscheinlich eine andere gesucht. - Genau das hätte er meinetwegen sehr gerne tun können.
Im Worst-Case hätte er dann gar kein Interesse am Kontakt zu mir gehabt. - Das wäre für mich das geringere Übel gewesen.
Im Best-Case hätten wir Dinge gefunden, die für beide von Interesse sind und das gelebt. Unsere eigene Beziehung hätte sich entwickelt. Langsamer zwar. Aber da hätte sich etwas entwickeln können.
Letztgenanntes ist die Option, die ich für den TE sehe.
Es wird anstrengend, dich
@*******Paar zusammen zu reißen, um die potentielle neue Beziehung NICHT mit der eigenen schwermütigen Geschichte zu überfluten. Es wird anstrengend sein, dem Neuen einen Raum zu geben und zu halten.
Selbst wenn es dir gelingt, wirst du höchst wahrscheinlich erst mal ein paar unpassenden Frauen begegnen, bevor eine zu dir passende dabei ist. Aufgrund deiner Angst, in ein Loch zu fallen, solltest du umso genauer darauf achten, ob das wirklich passt. Deine Angst wird dir nämlich vorgaukeln wollen, dass die Frau die Passende für dich ist - auch wenn das gar nicht der Fall ist.
Nur so ergibt sich meines Erachtens die Chance, dass du trotz der Umstände eine neue Geschichte stabil aufbauen kannst.