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Bitte (...) eure Erfahrungen wie: Ich habe die Beziehung weitergeführt und es ausgehalten um unsere Ehe zu retten.....
Sorry. Damit kann ich nicht dienen. Nach meiner Lebenserfahrung ist: "die unliebsamen Eigenarten des Partner aushalten, um die Beziehung irgendwie zu retten.", einer der schlimmsten Fehler, die ich je gemacht habe.
„Ich kann bisher nichts positives aus der Situation ziehen.
Ja ich wollte eine offene Beziehung und das hat auch Gründe, die hier nicht hergehören.
Meines Erachtens gehören euer beide Antriebe zur Öffnung der Beziehung zum aktuellen Missverständnis.... gegenseitigem Unverständnis.
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Er hat seine Bedürfnisse gestillt so wie ich.
Nein , wieso hätte ich an Eventualitäten Denken sollen?
Wenn zuvor abgeklärt wurde, bis Hier und nicht Weiter sollte alles klar sein, das Dachte zumindest ich.
Da schließt du von dir selbst auf deinen Ehemann. Das war naiv. Und er war auf andere Art naiv.
Menschen ticken unterschiedlich.
Und viele Menschen wissen im Mittleren Alter noch gar nicht so genau, wie sie in Punkto "sexuelle Spielgefährten" überhaupt ticken.
Der Grund: In ihre ersten Freunde/ Freundinnen waren sie verliebt und hatten früher oder später auch Sex mit ihnen. "Nur Sex" hätte sie im jungen Erwachsenenalter hier und da vielleicht mal gereizt. Doch sie hatten (wie in vielen anderen Dingen auch) als junge Erwachsene noch nicht den Mut, die Zuversicht oder die Selbstsicherheit "nur Sex" mal zu versuchen. Womöglich hatten sie auch nie das Bedürfnis nach "nur Sex".
Dann kam eine lange monogame Phase mit nur einem Partner. Und nebenbei Sex mit anderen zu haben, war sowieso undenkbar. Beziehungsweise waren das nur unrealistische Träume. Nicht weiter ernst zu nehmen. Man war treu. Ob Monogamie mit oder ohne Ehe war dabei gleichgültig.
Man vergaß im Laufe der Zeit, warum man vor dieser monogamen Beziehung nie eine unverbindliche sexuelle Beziehungsform ausprobiert hat. Warum man sich nie auf ein Abenteuer eingelassen hatte. Sex nur um der Sex willen.
Auf die Frage: "Warum nicht?", erhält man von diesen Menschen oft die Antwort:
"Das hat sich halt nie ergeben."
Und dann... voll im Leben stehend... summa summarum hat man es sich schön bequem mit seinem/ seiner monogamen Partner:in eingerichtet und es passiert an für sich nicht mehr allzu viel Aufregendes... sagte der/ die Partnerin plötzlich:
"Lass mal sexuelle Abenteuer versuchen. Lass uns da mal austoben. Ausloten, was so geht. Lass uns, unsere Sexualität mal besser kennenlernen. Lass uns unsere Beziehung öffnen. Aber nur für Sex."
Das klingt für einige Menschen verlockend.
Aber sie wissen noch nicht, was sie da tun. Geschweige denn, wie es sich für sie anfühlt.
Insbesondere für viele Männer klingt das freie Ausleben der sexuellen Lust verlockend. Denn da ist ja noch dieses Märchenumwobene Ideal vom echten Kerl, der locker flockig Sex mit den unterschiedlichsten Frauen haben kann... Cool. Da lockt dann auch die Anerkennung von anderen Männern.
Unter Frauen ist Anerkennung für das freie Ausleben der sexuellen Lust weitaus seltener. Als Frau darf man sich eher auf Sprüche gefasst machen wie: "Also für "nur Sex" wäre ich mir viel zu schade." Es gilt nicht als besonders weiblich, mit irgendwem, der einem emotional nicht allzu viel bedeutet - emotional nicht allzu viel bedeuten sollte - Sex zu haben.
Wo kämen wir denn da hin, wenn Frauen nur aus Lust Sex haben? Frauen haben doch nur aus Liebe Sex.
Was ich damit sagen will:
Die Ausgangslage war für deinen Mann und für dich @*******a72 eine gänzlich andere.
Was für dich eine zusätzliche Hürde war, die du überwinden musstest, um dir selbst zu erlauben, dein Bedürfnis zu leben, war für deinen Mann neben seiner eigenen Neugierde ein zusätzlicher Antrieb, etwas zu leben zu versuchen, was so gar nicht seinem eigentlichen Bedürfnis entsprach.
Selbst wenn man sagt: Was andere denken interessiert mich nicht.
Den Mainstream in Punkto "Was gilt als männlich? Was gilt als weiblich?" kennt man trotzdem.
Diesen Mainstream haben wir alle verinnerlicht.
Was ein Mensch in dieser Situation aber noch nicht kennt, ist die eigene Gefühlslandschaft bei sexuellen Abenteuern.
Ja, ob man Sex ohne Verliebtheit überhaupt leben kann.
Oder ob sich das so völlig falsch anfühlt.
Ob man beim Sex das dringende Bedürfnis bekommt, nach weiteren liebenswerten Eigenschaften des Sexualpartners zu suchen... Und wer suchet, der findet meist auch weitere mögliche Verbindungen, die man gemeinsam aufbauen und festigen kann.
Woher soll man seine eigenen Reaktionen in dieser Situation kennen?
Man war in seinem Leben ja noch nie in der Situation, in der man versucht hätte, sich selbst und der Frau (oder dem Mann), mit der man "eigentlich nur Sex leben wollte/ sollte" eine Grenze zu setzen.
Man weiß noch nicht, ob sich dieses "Grenzen setzen" richtig oder falsch anfühlt.
Letztendlich ist es eben keine Frage des Geschlechts. Sondern eine Frage des eigenen Naturells.
Es gibt verdammt viele Männer, die im Mittleren Alter zum ersten Mal rein sexuelle Beziehungen versuchen, dann aber feststellen, dass sie das weder leben können noch wollen. Nein, sie wollen sich nicht auf das "freie Ausleben ihrer Lust" konzentrieren. Nein, sie wollen keine "rein sexuellen Abenteuer". Manche Männer wollen sich verlieben, abheben und auf Wolke 7 schweben. Ohne Verliebtheit ist ihnen Sex nichts.
Und dein Mann hat sich nun selbst erfahren und kommt zu dem Schluss:
„Ich möchte jetzt mein Leben,leben so das es mir gut geht.
Und du machst ihm das nun zum Vorwurf. Da das so doch gar nicht abgesprochen war.
Abgesprochen war doch "nur Sex".
Abgesprochen war, dass er das lebt, was dir gut tut.
Und eben nicht, dass er genau das lebt, was ihm gut tut.
Ich sage: Diese Absprache war bereits nicht ganz koscher.
Ja, dein Mann ist ein Mann.
Ja, dein Mann ist (noch) dein Mann.
Aber dein Mann ist nicht der coole Ficker, der sich auf das freie Ausleben seiner Lust konzentriert.
Den Coolen Ficker auf Abenteuer, der aber nur einen Hafen kennt - deinen Hafen - den hättest du gerne gehabt. Und "zur Sicherheit" wolltest du das mit einer Absprache festlegen bevor er in diesem Bereich irgendeine Selbsterfahrung sammeln konnte.
Dass so eine Sicherheit "nur Schall und Rauch" oder aber "nur Zufallstreffer" sein kann, ist klar.
In diesem Fall war sie Schall und Rauch.
Dein Mann bevorzugt das Ausleben seiner Lust in liebevoller Verbindung.
Und solange du deinen moralischen Sockel "Aber wir haben doch abgesprochen!" nicht verlässt, hast du keine liebevolle Verbindung zu ihm.
Und wie schaut es andersherum aus? Fühlst du dich als die coole Abenteurerin, die ihre Lust frei von Liebe ausleben kann, von deinem Mann gesehen, verstanden und geliebt?
Oder verachtet?
Ausgehalten?
Hattest du die Hoffnung, dass er dich im freien Ausleben deiner Lust bestärkt und unterstützt?
Was ist aus deinem ursprünglichem Antrieb, die Beziehung zu öffnen geworden?
Zwischen euch liegen in einem wesentlichen Punkt Welten. Darüber kann man sich austauschen und in gegenseitigem Verständnis üben. Aber "Mimimi, dass du so bist wie du bist ist ein Problem. Das tut mir nicht gut. Dafür müssen wir eine gemeinsame Lösung finden." wird nicht funktionieren.