@Chaostrupp
Meine eigene gefühlsorientierte Art "Poly" zu sein ist, dass ich niemals eine andere Frau mit in die Beziehung bringen könnte, die nicht meine jetzige Frau auch liebt. Dieses mag komisch klingen, aber meine Frau sieht es eben so. Sie könnte nie einen anderen Mann mit in die Beziehung bringen, der nicht mindestens (da ich nicht bi bin, sie jedoch schon) ein quasi bester freund ist.
Wir müssten vom Gefühl her immer dem anderen zusätzlichem Partner gefühlsmäßig zustimmen, da sind wir uns einig, ansonsten würde es sich für uns falsch an fühlen.
Da diese Konstellation schwer oder fast unmöglich ist, haben wir uns schon damit abgefunden, dass wir quasi poly fühlen aber es nicht ausleben werden können.
Die Definition die du von Polyamory hast, ist eine sehr verbreitete und auch eine mitunter relativ oft gelebte. Auch in meinen Augen ist eine enge Beziehung der Wings zueinander, der Beziehungsstabilität sehr zuträglich und damit währen wir schon bei Begriffen und Definitionen.
Der Kampf um eine einheitliche Sprache in der Polywelt wird auch hier im Joyclub von Anfang an, mitunter sehr emotional, geführt.
Es gibt viele die wie du eine Regelung der Begriffe ablehnen und sich dann doch wieder genau dieser Begriffe bedienen.
Die Sprache (selbst wenn alle Satzzeichen fehlen
) ist immer noch die Beschreibung unserer Gedanken und wer über Polyamorie nachdenkt, der kommt nicht umhin Wörter zu gebrauchen. Also selbst wenn du nicht mit jemanden redest, verwendest du Definitionen, egal ob d dies willst oder nicht.
Bei vielen die sich gegen eine Definition der Polyamorie auflehnen, erkenne ich oft nur die Angst, für ihr Verhalten keinen "schöngeistigen Anspruch" mehr beanspruchen zu können.
Vor ein paar Tagen kam ein Beitrag über Polyamorie im Fernsehen. Eine Aussage ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.
Die "poly"-Frau sagte über sich selbst:
"Ich habe gern Sex und dieses nicht nur in einer Beziehung, da trifft es sich gut, dass ich mich sehr schnell verliebe und dann auch schnell Beziehungen eingehe. Ich bin Polyamorös, so brauche ich meine Lust nicht auf einen Mann beschränken und kann mehrere Beziehungen nebeneinander haben. z.B. Auf dem Kirchentag in Berlin, es hat sofort gefunkt zwischen und Dreien als wir zusammen in einer Sporthalle übernachteten..."
Die Aussage meiner Frau, die meine Gedanken zu erraten schien.
"Das ist eine Schlampe die einfach eine Ausrede für ihr Bedürfnis sucht, mit möglichst vielen Männern ficken zu wollen. Sie kann einfach es nicht mit ihrem Glauben vereinbaren, Lust zu haben, darum verliebt sie sich praktischer weise in jeden Mann für 30min.
Das hat jedoch mit dem was wir leben wenig zu tun und das schlimme ist, wenn jemand diesen Beitrag gesehen hat, dann denken die, dass ich es genauso mache, denn auch wir bezeichnen uns als Poly."
Wenn mich unsere Art zu leben eines geleert hat, dann Demut vor dem Leben. Sätze die eine "niemals", "das wissen wir genau" oder "wir sind uns absolut sicher" aussagen - die kommen mir so leicht nicht mehr über die Lippen.
Zu Polysein gehört in meinen Augen auch, zu begreifen, dass die Zukunft nicht geplant und die Vergangenheit immer verschwommen ist. Auch du kannst nicht hinter die Stirn deiner beiden Liebsten schauen und damit auch nicht sagen, ob nicht doch irgendwann Fallstricke auftauchen, die ihr jetzt noch nicht geplant habt.
Du schreibst selbst, dass ihr eine Fernbeziehung lebt, weist du denn wie deine beiden reagieren, wenn ihr zusammen rücken würdet?
"Das Leben ist das was passiert, während man Pläne macht." und genauso ist es für uns in der Polyamorie.
Die Frage ist nicht wie man sich Vorstellt eine Situation zu meistern, sondern wie man es tatsächlich dann schafft.
Also Kopf hoch und schaut was euch noch so alles an Achterbahnfahrt bevorsteht und achtet vor allem auf die Dinge, von denen ihr jetzt glaubt, dass sie nie passieren werden.
LG
Brian