Internet braucht kein Fawning!
„"Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden", sagte Rosa Luxemburg zu Recht. Ich lasse anderen die Freiheit, mich ohne nähere Prüfung abzulehnen.
Glücklicher Weise brauchen Frauen im Internet kein Fawning.
Denn im Internet zählt die körperliche Überlegenheit des Mannes nichts.
Ebenso ist hier im Joy seine Stellung im Unternehmen oder im sozialen Umfeld kein Druckmittel.
Im offline-Leben reagieren viele Frauen in bestimmten Alltagssituationen auf ungewollte Kontaktversuche der Männer mit Fawning.
D.h. sie geben sich wie ein süßes Rehkitz.
Präventiv zeigen sich Frauen freundlich, nett, lächeln und zugewandt, sie schenken Männern Zeit, denen sie eigentlich oder gerade jetzt gar keine Zeit schenken wollen und sagen Dinge, von denen sie annehmen, dass er sie hören will, um ihn zu beschwichtigen und sich gut mit ihm zu stellen.
Die Frau schenkt dem Mann die Aufmerksamkeit, die er unbedingt haben will, wann er sie haben will. - Aus Angst, der Mann könne ansonsten austicken und die ganze Situation eskalieren.
In offline-Leben ist das eine reale Gefahr.
Vor allem bei Männern, die man so gar nicht kennt und schlecht einschätzen kann.
Aber auch von männlichen Kollegen drohen schon mal Retour-Kutschen, wenn Frau sich nicht um den Mann kümmert, wann er das will.
Beziehungsweise haben viele Frauen das "als emotionaler Stabilisator zur Verfügung zu stehen" bereits so verinnerlicht, dass sie die Angst als solche in etlichen Alltagssituationen gar nicht mehr spüren. Sie fühlen sich schlicht und ergreifend für das "gute Klima" verantwortlich (gemacht). Und die eigenen Bedürfsnisse & Interessen, werden ad hoc mal eben verdrängt, um sich um den Dazwischen-Funker zu kümmern. Später kommt dann das, was die Frau gerade eigentlich machen wollte. Das führt oftmals zu so einer Art Dauerstress-Zustand. Gesund ist das nicht.
Die Angst wird am ehesten in Situationen mit Fremden spürbar. Dort ist es dann auch eher der bewusste Einsatz des Fawning.
Fawning ist zwar ein gutes Mittel zur Risikominimierung. Das streichelt das Ego des Mannes und er beruhigt sich. Ab und an greife auch ich in Offlineleben auf Fawning zurück. Eben weil es mir als das geringere Übel erscheint.
Doch Fawning - sich aus Angst um die emotionale Ausgeglichenheit der Männer zu kümmern - ist auf Dauer extrem anstrengend. Ist nämlich so, dass die Männer mit ihrem Bedürfnis nach emotionaler Stabilisierung ständig bei uns Frauen aufschlagen. Gleichgültig wie gut sie uns kennen. Und dann erwarten die Männer, dass wir Frauen unsere eigenen Bedürfnisse und Interessen zurückstellen, um uns um seine emotionale Ausgeglichenheit zu kümmern.
Von anderen Männern erwarten Männer so eine dauerhafte emotionale Verfügbarkeit merkwürdiger Weise nicht.
Andere Männer sind ja Menschen mit eigenen Interessen und Bedürfnissen. Die können halt nicht immer zur Verfügung stehen.
Dass das bei uns Frauen auch so sein könnte, dass er - der Mann - eine Frau stören könnte und das gar nicht persönlich zu nehmen braucht, scheint in manchem Männerhirn noch nicht angekommen zu sein. Leider.
Das ist hier
@*******_bw das eigentliche strukturelle Problem.
Männer sind es aus dem offline-Leben gewöhnt, dass Frauen für ihn emotional verfügbar sind.
Und sei es doch nur ein "nettes" kleines Schwätzchen zwischendurch.
Er muss nur dieses und jenes tun und dann schenkt sie ihm ihre Zeit & Aufmerksamkeit.
Und der Mann glaubt, die Frauen seien ihm gegenüber nett, warm, aufgeschlossen, weil sie ihn mögen.
Wunschdenken.
So einige Männer wissen halt nicht, was sie da tun. Welche Muster sie Offline ausleben. Beziehungsweise reden sie es sich schön: Die Frauen mögen das doch so!
Und dann wundern sie sich, dass sie online mit denselben Verhaltens-Mustern keine Frau zum Gespräch bewegen können...
Im Internet brauche ich das Fawning gar nicht.
Körperlich sind all die fremden Männer weit weit weg. Und damit auch ihre körperliche Überlegenheit.
Und beruflich sind wir auch nicht miteinander verbunden. Über die berufliche Schiene, kann mir ein Joy-User also auch keinen reinwürgen, falls ich nicht so springe, wie er gerade will.
Hier kann ich mein Desinteresse zum Ausdruck bringen, indem ich - wie ein Mann - einfach meine eigenen Interessen verfolge, ohne eine Retour-Kutsche in Form eines körperlichen Angriffs oder einer (beruflichen) Intrige zu risikieren.
Ob es nun um die Aufnahme eines Gesprächs oder um den weiteren Verlauf eines anfänglich netten Kontaktes geht, ist dabei doch wurscht.
Hier können die Männer höchstens verbal austicken. Und auch damit kann ich die Männer allein lassen.
Beziehungsweise melde ich die Extremfälle dem Support und lasse sie mit dem Support allein.
„**********************ei!
“
Hier muss ich - Frau!! - mich nicht um die ach so bedürftigen Männer mit ihrem patriarchalischen Anspruchsdenken kümmern.
Ja Männers, hier im Internet habt ihr die große Freiheit von meiner emotionalen Verfügbarkeit.