Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Beziehungs-Anarchie
1036 Mitglieder
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Oberster Gerichtshof in Kanada zur Mehrehe

*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Oberster Gerichtshof in Kanada zur Mehrehe
Ich verfolge das Thema gerade in einem amerikanischen Poly-Forum und das interessiert Euch vielleicht auch. Und zwar gab es am 13.11.2009 in Kanada einen Aufruf von Mitgliedern der Vancouver-Poly-Community, sich als Nebenkläger in einem anstehenden Verfahren vor dem Obersten kanadischen Gerichtshof zur Kriminalisierung von Polygamie und Gruppenehen (was ist denn der Unterschied, einer mit mehreren versus untereinander?) zu melden.
Die erste Anhörung dazu fand im Dezember statt. Mehrere Polys haben sich als Zeugen gefunden, um zu erklären, daß dieses Verbot ihre verfassungsmäßig verankerten Rechte auf Gemeinschaft, Religion (Heidentum und Wicca z.B.), Gleichheit, Freiheit und Sicherheit der Person verletzt. Das Gesetz selber wurde nur 2x angewandt, einmal erfolgreich vor über hundert Jahren gegen einen Aborigines (?!?), einmal erfolglos gegen einen anderen Mann. Und es ist ursprünglich 1890 gegen Mormonen-Bräuche etabliert worden und soll auch wieder gegen Mißbrauch unter polygamen Mormonen angewandt werden. Die Polys klagen aber dagegen, daß dieses Gesetz so nicht mit der Verfassung vereinbar ist und geändert werden muß.
Die nächste Verhandlung ist wohl am 28.1.2010, jedenfalls müssen die kanadischen Polys bis zu diesem Zeitpunkt ihre Unterlagen eingereicht haben.
Das ganze hat sich über Vancouver hinaus entwickelt und kanadische Polys aus allen Provinzen sind nun auch damit beschäftigt, eine kanadische Polyamory-Gesellschaft zu gründen, um ihre Kräfte besser zu organisieren.
******602 Frau
80 Beiträge
Sehr interessant!
Hi, finde das sehr interessant. Wäre schön, wenn du das weiter verfolgen könntest. Bin ja erst vor kurzem hier hinzugestoßen und bin überrascht, wie weit verbreitet die Polyamorie doch ist. Finde es toll, wenn auch diese Art der Liebe "enttabuisiert" werden würde. Da sind aber sicher noch sehr weite Wege zu gehen.
LG
**********ucher Mann
5.526 Beiträge
Hallo Venice,

ein interessanter Beitrag! Auch bei uns ist ja die Bigamie und damit auch die Polygamie nach § 1306 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gesetzlich verboten. Ebenso findet sich eine Strafnorm in § 172 StGB (Strafgesetzbuch). Auch Lebenspartnerschaften (also gleichgeschlechtliche Zusammenschlüsse) sind nach § 1 Abs.3 Nr.1 3. Alt. LPartG (Lebenspartnerschaftsgesetz) unzulässig. Nur eine Strafnorm wurde dafür wohl noch nicht geschaffen ...

Ich denke zwar nicht, dass die Strafbarkeit der Doppelehe bei uns gegen Grundrechte verstößt, aber eine Entkriminalisierung dieser Norm halte ich auf lange Sicht ebenso nicht für ausgeschlossen, wie die Strafbarkeit der Homosexualität in § 175 StGB inzwischen ihr Ende gefunden hat, zumal Straftaten nach § 172 StGB wohl auch bei uns nur sehr selten vorkommen.

Was aber vonnöten wäre, ist eine Veränderung der gesellschaftlichen Werte in Bezug auf die Vielehe und das ist wohl ein langer Prozess, an dessen Anfang wir vielleicht gerade einmal stehen.

Liebe Grüße

Jens
**********monia Mann
2 Beiträge
to hamamelis
"...Was aber vonnöten wäre, ist eine Veränderung der gesellschaftlichen Werte in Bezug auf die Vielehe und das ist wohl ein langer Prozess, an dessen Anfang wir vielleicht gerade einmal stehen."


du hast meine worte vorweggenommen.

lg Him...
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Es gibt eine Reihe von Ländern, in denen Polyamory bereits sehr viel mehr Mainstream-Thema ist (wenn auch nicht notwendigerweise enttabusiert oder entspannt aufgenommen), als in Deutschland oder im deutschsprachigen Raum. Wir sind da immernoch Entwicklungsland. *zwinker*
Letzten Herbst gab es in den Niederlanden z.B. eine Petition von Polys, um im Parlament eine Debatte über die Zulassung der Mehrehe im gesetzlichen Rahmen zu erwirken. Ich weiß leider nicht, ob und wie weit das gediehen ist, kann da jemand mehr dazu sagen? Die niederländischen Polys sind jedenfalls sehr gut organisiert mittlerweile, landesweit.
In den USA, wo auch der Begriff geprägt wurde, ist der Kampf um gesetzliche Annerkennung noch viel stärker ausgeprägt. Das liegt aber leider vor allem daran, daß dort der Widerstand und seine Folgen sehr viel massiver sind. So müssen Poly-Familien (mehr als zwei Erwachsene romantisch verbunden zusammenlebend) in manchen Bundesstaaten den Entzug des Sorgerechts ihrer Kinder fürchten, wenn ihre Lebensweise nach außen dringt. Es gibt da eine amerikanische Comic-Serie auf einer Seite von und für Polyfamilien(http://www.polyfamilies.com), die den Alltag beschreibt und auch die Untersuchung durchs Jugendamt wegen "wohl"meinender Nachbarn nicht ausläßt. Außerdem gibt es amerikanische Poly-Podcasts, ganze web-basierte Sitcom Serien über Polyfamilien und das Thema wird teilweise sogar im normalen Fernsehn in Episoden oder Filmen aufgegriffen (nicht immer vorteilhaft). Die Polyamory Society ist beispielsweise auch eine große, national orientierte Vereinigung von Polys, die z.B. auch Rechtsbeistand in poly-typischen Fragen anbietet.

Im deutschsprachigen Raum entwickelt sich das alles nur langsam, das Wort muß selbst für die, welche schon immer so leben, erstmal bekannt werden, um sich zu finden. Und der "Leidensdruck", sich zusammen zu schließen, um etwas zu bewirken, ist bei uns (gottseidank) auch relativ gering. Aber es gibt seit letztem Jahr auch einen ehrenamtlichen Verein, in dem sich deutschsprachige Polys zu organisieren suchen, Hilfe für Neu-Polys bieten wollen, Informationen im Wiki sammeln etc. - und um die Organisation der halbjährlichen großen Polytreffen einfacher zu gestalten. Die Homepage steht mittlerweile, allerdings sind die Mitglieder momentan etwas im Alltag versackt, um es so richtig loszutreten. Geht mir ja auch so (bin mit smurf für das Werk verantwortlich, das Design stammt von herbeprovence). "Man" darf das gute Stück aber in Beschlag nehmen. *zwinker*
http://polyamory.de/tiki
**********vence Frau
430 Beiträge
Leidensdruck ...
... in D gegenüber USA. Glücklicherweise ist es ja doch so, dass bei uns das Private immer noch eher privat bleibt. Trotzdem ist die unterschwellige Diskriminierung nicht zu unterschätzen. Da gibt es sicher viele, die sicherheitshalber mit ihrem Polysein hinterm Berg halen und z. B. nicht zu mehreren zusammenleben, weil sie Nachteile befürchten.

@******lis
Ich denke zwar nicht, dass die Strafbarkeit der Doppelehe bei uns gegen Grundrechte verstößt,

konsequent gedacht schon. Da wird z. B. die Anerkennung als lebenspartnerschaft verwehrt und damit ergeben sich automatisch gravierende Nachteile. Ich denke da nur an Auskunftsrecht wenn ein Partner zB im Krankenhaus liegt, Mietrecht (ein Partner darf mit einziehen, aber zwei?) ganz zu schweigen von Erbrecht, Rente ... da gibt es schon einiges, was selbst nicht verheirateten Paaren zusteht, Polys aber nicht. Was wenn Polys Kinder haben? 2 Väter? 2 Mütter? Umgangsrecht?

Ganz abgesehen davon, dass ich die staatliche Alimentierung kinderloser Ehen eh für vorgestrig halte ... aber das ist ein ganz anderes Thema.

Würzigen Gruß
Marion
**********ucher Mann
5.526 Beiträge
@ herbedeprovence
Gravierende Nachteile gegenüber verheirateten und lebenspartnerschaftlich offiziell verbundenen Menschen sind sicherlich vorhanden, jedoch ist dieser Unterschied, der durch das Verbot und die Sanktionierung von Mehrfachehen zustande kommt, staatlich (und gesellschaftlich) gewollt und es liegt auch kein Grundrechtsverstoß vor. Grundrechte (Freiheit, Gleichheit etc.) gelten halt nicht unbeschränkt, sondern werden durch Gesetze und nicht zuletzt auch durch andere Grundrechte in rechtlich zulässiger Weise eingeschränkt. Die vorhandene Strafnorm zur Doppelehe entspricht daher unseren Grundrechten und Grundwerten, wie sie (noch)mehrheitlich in der Gesellschaft vorhanden sind und sich entsprechend in den Gesetzen bis hin zum Grundgesetz niederschlagen.
@******lis: mit denselben argumenten konnte man früher auch die Diskriminierung homosexuell lebender Menschen rechtfertigen, das war gesellschaftlich gewollt und strafrechtlich verankert - das machte die Diskriminierung Homosexueller nicht besser oder richtiger und finde ich immer noch falsch. Meinen Grundwerten und meinem Verständnis meiner Grundrechte entspricht das Verbot der Vielehe nicht.

Nach meinem Verständnis einer modernen, liberalen Gesellschaft - als eine solche sehe ich Deutschland - sollte der Staat entweder das Leben in einer Versorgungsgemeinschaft, auch Ehe oder Lebenspartnerschaft genannt, unterstützen, ungeachtet der Anzahl der diese Gemeinschaft bildenden Menschen sowie der vertretenen Geschlechter, oder die Alimentierung gemeinsamen Lebens sein lassen, anstatt die heterosexuelle Zweierbeziehung immer noch zu bevorzugen.

Und ähnlich sehe ich es auch bei Kindern - Patchworkfamilien und andere Lebens- und Partnerschaftsentwürfe haben rechtlich immer noch einen schweren Stand. Wäre mal Zeit für eine gründliche Familienrechtsreform...
Hmmmmm,

ich habe in dieser Richtung (Bigamieverbot) noch nie ein Problem für mich gesehen und finde es eher interessant, dass sich Menschen mit großem Ehrgeiz engagieren, dahingehend Gesetze ändern zu wollen.

Ich sehe das staatliche Ehegerüst tatsächlich als exklusive(!) "Vereinbarung" zwischen zwei Menschen. Alle Absicherung darin funktioniert auch m.E. nur gut, wenn möglichst wenige Menschen (also 2) daran beteiligt sind. Ist es nicht auch jetzt schon so, dass Unterhaltszahlungen nach mehreren gescheiterten Ehen nicht in angemessener Höhe geleistet werden können, weil nicht genug Geld für alle da ist? Ist ja schon bei vielen Menschen nach einer einzigen Scheidung nicht einfach.

Dass etwa die Hälfte aller Ehen auseinander geht, macht ja vermutlich auch vor Bigamisten nicht Halt - es sei denn, jemand wolle behaupten, Ehen scheitern ausschließlich deshalb, weil sie monogam geführt werden, was ich nicht glaube. *zwinker*

Und wie teilen sich wohl Rentenansprüche auf, wenn z.B. der einzelne Ehepartner von drei Frauen stirbt? Die Witwenrente einer Frau teilt sich nun auf drei auf?

Für mich selbst sehe ich durch eine Zweit- oder Drittehe keinerlei Vorteile in einer Beziehung. Die Anmerkungen zum Besuchsrecht im Krankenhaus und zu Wohnverboten mit Zweit- oder Was-auch-immer-Partner kann ich nur zum Teil nachvollziehen.

Ich konnte bisher Jeden (auch Nichtverwandten) im Krankenhaus besuchen, egal auf welcher Station. Und da Polybeziehungen sich untereinander ja so blendend verstehen, könnte auch der Ehemann meiner Freundin dafür sorgen, dass ich Besuchsrecht erhalte. Dafür muss ich (ich!) keine zweite Ehe eingehen. (Andere vielleicht schon; das weiß ich nicht.)

Und wer und wie viele Menschen in einer gemieteten Wohnung wohnen... Möglich, dass da bei Vermietern Einschränkungen gemacht werden, aber es fällt mir persönlich nicht schwer, Häuser oder große Wohnungen zu finden, die man auch mit mehreren Erwachsenen oder Patchworkfamilien beziehen darf. Die gab es schon immer (oder nicht?), und ich meine, in den letzten Jahren sogar immer mehr.

Ich spreche natürlich niemandem ab, dass es für sie oder ihn sinnvoll oder dringend sein kann, mehrere Ehen einzugehen. Für mich aber, und für mein Leben ist das eine ganz seltsame Idee. Der für eine Ehe geltende gesetzliche Rahmen würde mein Leben nur erschweren.

Und ganz sicher halte ich die Idee der Vielehe wieder für ein ganz anderes Thema als Polyamory. Poly geht auch ohne Vielehe ganz gut. In meinen Augen funktioniert Liebe sogar dann besonders gut, wenn man sich gar keine Gedanken um eine gesetzliche Regelung der Verbindung(en) macht. *zwinker*

meint
Chennai
**********ucher Mann
5.526 Beiträge
@ Lockending
Es ist nicht ganz dasselbe, denke ich. Es ist ja durchaus erlaubt, mehrere Menschen zu lieben und mit ihnen zusammen zu leben. Nur die Ehe als staatliche Institution soll halt (noch) zweien und zwar Mann und Frau vorbehalten bleiben. Das hat sich auch nach der Entkriminalisierung der Homosexualität nicht geändert. Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz ist zwar etwas Ähniches geschaffen worden wie eine Ehe, jedoch bleiben auch da Unterschiede bestehen. Ein Grundrechtsverstoß liegt darin aber gerade nicht, sondern eine bewusste Entscheidung, hier zu differenzieren.

Ich persönlich würde es allerdings auch befürworten, Lebenspartnerschaften Ehen gleich zu stellen und auch solche mit mehr als zwei Beteiligten zuzulassen und staatlich zu schützen. Das aber ist eher ein politisches Ziel, das man sich setzen und wofür man eintreten kann und weniger ein Problem unserer Grundrechte.

Das Familienrecht wurde doch gerade mal erst wieder reformiert ... lächel ... und ich denke, das war auch noch nicht die letzte Reform. Vielleicht erleben wir es ja noch, dass Vielehen bzw. Lebenspartnerschaften eine staatliche Anerkennung erfahren und die Rechte der daran Beteiligten denen von Verheirateten angeglichen werden. Vielleicht geht ja unsere gesellschaftliche Entwicklung in diese Richtung und dann wird ihr auch das Gesetz wie immer nachfolgen. Bis dahin müssen wir uns dann noch ein wenig mit Vertragsgestaltungen in solchen tatsächlich existierenden Gemeinschaften mehrerer Liebender behelfen, die gesetzliche Regelungen (Unterhalt, Besuchsrecht, Erbe, was auch immer) durchaus schon zum Teil ersetzen können.
**********vence Frau
430 Beiträge
@****nai
Die Anmerkungen zum Besuchsrecht im Krankenhaus und zu Wohnverboten mit Zweit- oder Was-auch-immer-Partner kann ich nur zum Teil nachvollziehen.

Ich schrieb von Auskunftsrecht - wichtig, wenn z.B mein Partner nach einem Unfall oder bei einer akuten Krankheit sich nicht selbst äussern kann. Wenn ich nicht (nah) verwandt oder verheiratet bin darf mir ein Arzt keine Auskunft über den Zustand meines Partners geben.

Besuchsrecht bezog sich auf Kinder - wenn der (Ex)Partner nicht leibliches Elternteil ist, besteht kein Umgangs(vulgo Besuchs-)recht, obwohl u.U. eine enge Bindung besteht.

Auch noch ein Punkt - Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht. Gibt sicher noch einiges mehr ...

Und mir geht es dabei auch nicht nur um den konkreten Streitfall, sondern auch um die normative Kraft, die solche gesetzlichen Regelungen haben. Generell bin ich ja der Meinung, der Staat soll sich aus dem ganz privaten, intimen von Partnerschaften raushalten und stattdessen dafür sorgen, dass Kinder, egal in welcher Konstellation sie geboren wurden, einen sicheren rechtlichen Stand haben. Aber da gab es ja jetzt schon erste Schritte mit der Bevorzugung von Kindern gegenüber späteren Ehefrauen bei der Unterhaltsberechnung.

@******lis
Nur die Ehe als staatliche Institution soll halt (noch) zweien und zwar Mann und Frau vorbehalten bleiben.
...
Ein Grundrechtsverstoß liegt darin aber gerade nicht, sondern eine bewusste Entscheidung, hier zu differenzieren.

Und wieso ist die nur aus historisch gewachsenen Strukturen begründete Bevorzugung kein Grundrechtsverstoß? Wenn Vater Staat meint, er müsse Partnerschaften einen besonderen Schutz angedeihen lassen, dann darf er m. M. nach nicht nur eine ganz bestimmte Form der Partnerschaft fördern. Dies verstösst gegen den Gleichheitsgrundsatz und hat ja auch zur Legalisierung und teilweisen Gleichstellung homosexueller Partnerschaften geführt. Konsequent weitergedacht müsste das dann auch für andere Formen von Partnerschaft gelten. Und nicht nur weil das ins Uferlose geht und nur noch Regulierungswut fördert, halte ich es für sinnvoll diesen staatlichen Schutz auf Partnerschaften, die Kinder erziehen zu beschränken. Und zwar in Hinblick auf die Kinder, nicht auf die Erwachsenen!

Würzigen Gruß
Marion
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Wenn Vater Staat meint, er müsse Partnerschaften einen besonderen Schutz angedeihen lassen, dann darf er m. M. nach nicht nur eine ganz bestimmte Form der Partnerschaft fördern. Dies verstösst gegen den Gleichheitsgrundsatz und hat ja auch zur Legalisierung und teilweisen Gleichstellung homosexueller Partnerschaften geführt.

Amen. Das hat sehr wohl was mit Gleichstellung und Freiheit zu tun, ob ich als Homosexueller, Bisexueller oder Poly gleichberechtigte Partnerschaften eingehen darf oder vor Gericht, Ärzten oder sonstigen Behörden Rankings machen MUß.
**********ucher Mann
5.526 Beiträge
Liebe Marion,
deine Frage,

"Und wieso ist die nur aus historisch gewachsenen Strukturen begründete Bevorzugung kein Grundrechtsverstoß? ",

ist leicht zu beantworten.

Was sind denn Grundrechte? Es sind Abwehrrechte gegenüber dem Staat, sozusagen garantierte Mindestrechte, die dem Einzelnen durch den Staat im Kern nicht beschnitten werden dürfen. Erlaubt ist es jedoch, ohne die Verletzung von Grundrechten, diese im Lichte anderer Grundrechte zu beschränken und gesetzlich auszugestalten. Dies ist für die Ehe der Fall und es findet sich sogar ein eigenes Grunrecht hierauf in Art. 6 GG (Grundgesetz).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist nicht gegeben, weil hier eben gerade nicht Gleiches ungleich behandelt wird. Es ist schon nicht das Gleiche, ob Mann und Frau in einer Gemeinschaft zusammen leben oder ob mindestens eine weitere Person hinzutritt. Der Dritte wird also gar nicht in seinem Gleichheitsrecht tangiert. Er darf auch heiraten, freilich wiederum nur eine Person, hat also die gleichen Rechte.

Eine Erweiterung der Heiratsmöglichkeit auf drei oder mehr Personen ist daher denkbar, offenbar aber zurzeit gesellschaftlich und politisch nicht gewollt, sonst gäbe es ja ein entsprechendes Gesetz. Das hat aber nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern ist schlicht Ausfluss unseres Zusammenlebens in dieser Staatsgemeinschaft, worin eine solche Ehemöglichkeit bisher nicht vorgesehen ist.

Lieben Gruß

Jens
**********vence Frau
430 Beiträge
Was sind denn Grundrechte? Es sind Abwehrrechte gegenüber dem Staat, sozusagen garantierte Mindestrechte, die dem Einzelnen durch den Staat im Kern nicht beschnitten werden dürfen.
Nach meinem Verständnis sind Grundrechte auch Rechtsgüter, die sich mittelbar aus den Menschenrechten herleiten (Unversehrtheit von Leib und Leben, Unantastbarkeit der Privatsphäre, Schutz des Eigentums, Würde des Menschen). In der amerikanischen Verfassung ist sogar das "Streben nach Glück" als Grundrecht (Naturrecht) verankert. In diesem Sinne steht es dem Staat nicht zu, aus einer
bewussten Entscheidung ... zu differenzieren
. Grundrechte dürfen keiner Entscheidung, die aus politisch-gesellschaftlichem Mainstream heraus gefällt wurde unterliegen.

Anders gesagt - es geht den Staat, bzw Gesetzgeber nichts an, wie ich mein persönliches Streben nach Glück verwirklichen will und deshalb steht es ihm schlicht nicht zu eine bestimmte Lebensform zu privilegieren. Anders sieht es mit dem Schutz von Familie als Kernzelle des Staates und der Gesellschaft aus. Aber das darf m. M. nach nicht durch die Form der Familie bestimmt werden, sondern sollte sich auf die Familie (wie auch immer die aussieht), die mit Kindererziehung und Betreuung Pflegebedürftiger Gemeinschaftsaufgaben erfüllt, beschränken.

Anders gesagt - kinderlose Ehen als Steuersparmodell sind in meinen Augen nicht besonders schutzwürdig, eine wie auch immer geartete Gemeinschaft, die persönliche Einbussen hinnimmt, weil sie sich um Kinder oder Pflegebedürftige/Alte kümmert sehr wohl.
****lCo Mann
154 Beiträge
@******lis: Wenn drei Menschen ein perfekt ausgewogenes Dreiecksverhältnis miteinander haben, der Staat aber nur jeweils zweien das Recht einräumt, ihre Partnerschaft herauszustellen, wie begründest Du dann, daß hier nicht das Grundrecht auf Gleichberechtigung grob verletzt wird??? Nur mal als ein Beispiel, warum Deine Verteidigung des status quo für mich keinen Sinn macht ...

@**********vence: Bei den meisten Deiner Ausführungen stimme ich Dir zu, nur in einem nicht: Es gibt m.M. nach weit mehr Dinge an einer Partnerschaft, die durch einen besonderen (durch Willenserklärung erlangbaren) Status der Partnerschaft schützenswert wären, als Kinder-, Kranken- und Altenpflege ...
**********ucher Mann
5.526 Beiträge
@ Marion: Sicherlich gehen unsere Grundrechte auch auf Menschenrechte zurück und in der amerikanischen Verfassung heißt es ja auch, "we hold these truths to be selfevident, ...", was aber nichts anderes bedeutet, als dass Menschen in einer Gemeinschaft sich diese Rechte, die sie für richtig und schützenswert erkannt haben, als übergeordnete Normen sozusagen selbst vorgeben. Naturrecht ist demgegenüber nicht festgeschrieben und man kann trefflich darüber streiten, ob es ein solches überhaupt gibt ... das Recht des Stärkeren zum Beispiel oder auch das Gebot des neminem laedere (niemanden zu verletzen).

Mithin geht es den Staat (uns alle!) sehr wohl etwas an, wie jemand sein Streben nach Glück verwirklichen darf. Klingt hart, ist aber für ein gedeihliches Zusammenleben einer Vielzahl von Menschen unablässig. Mal krass ausgedrückt: Es könnte ja sein, dass du dein persönliches Glück darin finden würdest, andere Menschen umzubringen und aufzufressen. Zum Glück kommt aber der Staat daher und verbietet das Morden und das Menschenfressen, auch wenn er damit Freiheitsrechte und persönliche Glückverwirklichungsrechte Einzelner Menschenfresser arg beschneidet. *zwinker*

Die Familie unter den besonderen Schutz des Staates zu stellen, hältst du also für legitim. Nur dann bestimmt der Staat natürlich auch, wo für ihn Familie anfängt und wo sie aufhört( bei zwei Personen, dreien, vieren, fünf, zehn, hundert ...). Keine Grundrechtsverletzung, nur Ausgestaltung.

@ PhallCo: Ich verteidige doch gar nicht den status quo. Mag er geändert werden. Doch eine Grundrechtsverletzung liegt schlicht nicht vor. Weder so, noch so. Dreiecksverhältnisse sind doch nicht verboten, nur halt zur Ehe derzeit (noch) nicht zugelassen. Da aber kein Dreiecksverhältnis einem anderen gegenüber privilegiert wird, ist auch der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt. Schau, du kannst auch nicht behaupten, du hast ein Recht darauf, mit zwölf Mann in der Fußballmannschaft anzutreten, wenn diese nunmal aus elf Mann besteht. Alle Mannschaften treten zu elft an und es wäre vielmehr eine Ungleichbehandlung, einer Mannschaft zwölf Mitspieler zuzugestehen. Da liegt doch der Hase im Pfeffer!
****lCo Mann
154 Beiträge
@hamamelis
Du argumentierst ähnlich wie die Leute, die sagen, wenn man farbige Menschen abschlachtet, verletzt man keine Menschenrechte, weil die N***** ja keine richtigen Menschen sind.

Es mag Dir selbst clever erscheinen, wenn Du die Stellung von Dreiecksverhältnissen nur untereinander vergleichst, aber den eigentlich notwendigen Vergleich mit Paarbeziehungen unterschlägst - es wäre beleidigend anzunehmen, daß wir darauf hereinfallen! Daß ein Dreiecksverhältnis gegenüber einem anderen besser gestellt ist, wurde weder irgendwo behauptet, noch stellt es - wie von Dir impliziert - die einzig mögliche Form der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar.

Also noch einmal ganz explizit, damit Du es nicht verdrehen kannst: Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes besteht im Verhältnis zur Paar-Ehe! Warum? Weil Leute, die eine Zweierbeziehung wünschen, eine gleichberechtigte Beziehung eingehen, anerkennen und unterstützen lassen können, ohne Abstriche. Leute, die sich zwischen zwei Partnern eigentlich nicht entscheiden wollen, müssen entweder einen Partner offiziell bevorzugen und den anderen von einer Menge staatlich zu garantierender Rechte ausschließen, oder sie müssen der Fairness halber beiden Geliebten alle diese Rechte verweigern und sie damit in demselben Status belassen wie jeden beliebigen Bundesbürger. Einen liebenden Menschen vor so eine Entscheidung zu stellen, ist nicht nur ungerecht im Verhältnis zu denen, die zufällig (!!!) nur einen Menschen als Partner lieben, es ist genaugenommen geradezu perfide. Die einzige Rechtfertigung der Paar-Ehe liegt in historischen Gründen, aber historische Gründe sind per se eine Beleidigung des gesunden Menschenverstandes.

Der Vergleich mit dem Fußball ist genauso irreführend: Man kann nicht mit 12 Mann zu einem Fußballspiel nach FIFA-Regeln gehen, wenn diese Regeln 11 Mann vorsehen. Aber kein Dreieckspartner geht zum Standesamt und will zu dritt eine Paarbeziehung eingehen, wie Du nahelegst. Dreieckspartner wollen natürlich eine Dreiecksbeziehung eingehen! Auf Dein Beispiel bezogen bedeutet das: Die 12 Mann wollen gar kein Fußball spielen, sondern ein anderes Spiel. Sie verlangen nicht die Zulassung zu zwölft zum Fußball, sondern die Aufhebung der nicht logisch begründeten Behauptung, Fußball sei eine höherwertige Form des Spiels und verdiene den besonderen Schutz gegenüber anderen Spielen wie Basketball oder Volleyball, gegen deren Ausübung man zwar keine Strafen mehr verhängt, die aber nach teutonisch-abendländisch-herrenrassigen Maßstäben bestenfalls geduldet und sonst totgeschwiegen werden.


Also wenn ich nicht anhand anderer Einlassungen Deinerseits wüßte, daß Du Polyamory prinzipiell unterstützt, würde ich sagen, daß Du mit unlauteren Mitteln die Unterdrückung förderst ...
**********vence Frau
430 Beiträge
Die Familie unter den besonderen Schutz des Staates zu stellen, hältst du also für legitim. Nur dann bestimmt der Staat natürlich auch, wo für ihn Familie anfängt und wo sie aufhört( bei zwei Personen, dreien, vieren, fünf, zehn, hundert ...). Keine Grundrechtsverletzung, nur Ausgestaltung.

Ich habe ganz explizit geschrieben, wo für mich Familie beginnt - wenn in einer Gemeinschaft Kinder erzogen werden - es ist allgemein Konsens, dass die daraus entstehenden Lasten nicht nur von den daraus betroffenen Personen getragen werden sollen, sondern von der Gemeinschaft unterstützt werden. Ebenso bei der Betreuung Pflegebedürftiger.

Mal krass ausgedrückt: Es könnte ja sein, dass du dein persönliches Glück darin finden würdest, andere Menschen umzubringen und aufzufressen. Zum Glück kommt aber der Staat daher und verbietet das Morden und das Menschenfressen, auch wenn er damit Freiheitsrechte und persönliche Glückverwirklichungsrechte Einzelner Menschenfresser arg beschneidet.

Die Freiheit des einen endet dort, wo sie die Rechte anderer beschneidet - ich denke über so ein Beispiel braucht man nicht mal diskutieren, was hast Du Dir den dabei gedacht?
**********ucher Mann
5.526 Beiträge
Marion, es ist aber so, dass wir in diesem Staat leben, ja diesen Staat bilden. Das Hoheitsrecht liegt aber erstmal beim Staat, der durch seine Organe im Bereich von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung das umzusetzen sucht, was allgemeiner oder mehrheitlicher Konsens seiner Bürger ist. Deine persönliche Auffassung von Familie ist dir damit unbenommen, jedoch gibt es in diesem unserem Staatssystem bestimmte Grundannahmen, die erstmal festgeschrieben sind, nicht unabänderlich aber zunächst verbindlich. Das ist doch auch nichts Schlimmes. Und zu diesen Grundannahmen zählt es offenbar, dass die Ehe nur aus Mann und Frau besteht und zum Zwecke der Familiengründung eingegangen unter dem besonderen staatlichen Grundrechtsschutz in Art. 6 GG steht. Das ist eine gewollte Privilegierung, die aber nicht nur historische, sondern auch sachliche Gründe hat, denn der Staat will seine Existenzgrundlage, die Fortpflanzung seiner Mitgleider möglichst sicherstellen und fördern.

Wenn zudem gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften inzwischen eine ähnliche Privilegierung erfahren, ist das sicherlich begrüßenswert.

Und es wäre für die Zukunft doch auch denkbar, dass die Definition der Lebenspartnerschaft erweitert wird und sich auch auf Mehrfachverbindungen beziehen könnte. Warum denn nicht!? Doch das ist allein ein gesellschaftspolitisches Ziel, dies zu erreichen, was ja durchaus möglich ist. Nur deswegen zu behaupten, die sachlich zu rechtfertigende und anerkannte Privilegierung der Ehe zwischen Mann und Frau oder negativ das bestehende Verbot der Mehrfachehe verstoße gegen den Gleichheitssatz, ist meiner Meinung nach weder notwendig noch zutreffend.

Was ich mir bei meinem "krassen" Beispiel gedacht habe? Deutlich zu machen, dass es so ist, wie du es jetzt schreibst: Die Freiheit des einen findet ihre Schranken spätestens dort, wo sie andere verletzt. Das klang bei deiner Aussage,

"Anders gesagt - es geht den Staat, bzw Gesetzgeber nichts an, wie ich mein persönliches Streben nach Glück verwirklichen will ...",

noch etwas anders ... lächel. Aber ich geb zu, ich hab bewusst etwas übertrieben.
*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Wer will noch mal, wer hat noch nicht, es bewegt sich mal wieder was in dem Fall, wie es scheint. Zumindest gibt es jetzt eidesstattliche Erklärungen von einigen Polys, die in Mehrfachbeziehungen unter einem Dach leben (mit und ohne Kinder) und öffentlich äußern, daß sie durch die kanadische Verfassung und das Verbot der Polygamie sich gefährdet fühlen in ihrer Sicherheit bezüglich Job, Sorgerecht etc.
Ist eine längere Geschichte bezüglich das wie und was, wer nachlesen will (englisch): hier http://www.ottawacitizen.com … 150648/story.html?id=3150648

Es gibt anscheinend in Kanada eine Kommission zur Gesetzgebung (Law Commission of Canada), welche aus durch die Regierung bestellten Personen besteht und dem Justizministerium unterstellt ist. Bereits 2001 hat diese an das Ministerium einen Bericht verschickt mit dem Titel "Beyond Conjugality: Recognizing and Supporting Close Personal Adult Relationships" ("Über Ehen hinaus: Erkennung und Unterstützung enger persönlicher Beziehungen von Erwachsenen"). In diesem Bericht wird die Illegalität von einvernehmlicher Polygamie in Kanada in Frage gestellt.

Nun hat sich im Herbst letzten Jahres die Canadian Polyamory Advocacy Association eingeschaltet und diesen Bericht zum Anlaß genommen, um Einspruch gegen die Verfassung vorzubereiten, um ein Gerichtsurteil zu erreichen, wonach Polyamory nicht mit Polygamie gleichzusetzen wäre und niemand in polyamoren Beziehungen gezielt benachteiligt oder ungerecht behandelt würde, das Verbot von Polygamie das aber letztendlich erzwingen würde (entweder nicht zu heiraten gegenüber monogamen Paaren als Zwang zur Nichtehe um alle Partner gleichzustellen oder nur einen Partner heiraten zu können und damit den anderen zu benachteiligen gerade im juristischen Kontext).

Ich behalte das weiter im Auge und Euch auf dem Laufenden, wohin die Reise geht.
*********marrn Mann
1.404 Beiträge
Gruppen-Mod 
interessant dazu..
..eine Entscheidung des Verwaltungsgericht Berlin zur Anerkennung einer in Kanada geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe. Nach der Logik der Richter, die ich fett gekennzeichnet hervorgehoben habe, müssten sie wohl eine heterosexuelle kanadische Poly-Ehe anerkennen, wenn der Ehebegriff die Verschiedengeschlechtlichkeit voraussetzt. Aber sollte es soweit kommen in Kanada, fällt denen beim VG sicher etwas neues ein *zwinker*

Eine im Ausland als Ehe geschlossene Verbindung gleichgeschlechtlicher Partner ist im deutschen Melderegister als Lebenspartnerschaft einzutragen. Dies folgt aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin. Im zugrunde liegenden Fall hatte der deutsche Kläger 2006 mit einem Spanier in Kanada eine nach dortigem Recht rechtsgültige Ehe geschlossen. Seinen Antrag auf Eintragung ins deutsche Melderegister als „verheiratet“ lehnte das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ab, weil eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in Deutschland nicht anzuerkennen sei. Die Behörde verweigerte auch die Eintragung des Familienstandes als „Lebenspartnerschaft“, da eine solche Umdeutung der kanadischen Ehe nicht möglich sei, und führte den Kläger als „ledig“.

Das Verwaltungsgericht Berlin teilte zwar die Ansicht der Behörde, dass eine Eintragung als „verheiratet“ ausscheide, weil eine Ehe nach deutschem Rechtsverständnis verschiedengeschlechtliche Partner voraussetze. Sowohl deutsches Verfassungsrecht als auch Europarecht stünden dem nicht entgegen. Insbesondere auf die Freizügigkeitsrechte könne sich der Kläger als deutscher Staatsangehöriger gegenüber seinem eigenen Mitgliedstaat nicht berufen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass der Kläger bei Reisen in andere EU-Länder Nachteile dadurch habe, dass er im deutschen Melderegister nicht als verheiratet eingetragen sei.

Allerdings könne der Kläger eine Eintragung ins Melderegister als Lebenspartner verlangen, da die kanadische gleichgeschlechtliche Ehe im deutschen Recht weitgehend der eingetragenen Lebenspartnerschaft entspreche.

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 15.06.2010
[Aktenzeichen: VG 23 A 242.08]

*****e79 Frau
1.908 Beiträge
Themenersteller 
Update dazu: Die CPAA (Canadian Polyamory Advocacy Association) hat eine Umfrage durchgeführt für polyamory Haushalte, in denen 3 oder mehr Erwachsene in einzelner oder überlappend mehrfacher "conjugal union" (eheähnlicher Gemeinschaft) gelebt haben oder leben. Also nicht nur Bett sondern auch Tisch teilen. *zwinker*
Die daraus gewonnenen Daten sind an den kanadischen obersten Gerichtshof und die Regierung weitergeleitet worden, damit dieser einen Überblick bekommt über praktisch gelebte Konstellation. Wie ich mittlerweile verstehen konnte aus SEHR kontroversen öffentlichen Debatten hier in den USA zu dieser Entwicklung, geht es der CPAA hauptsächlich darum, eine Präzisierung zu bekommen für ein Gesetz, daß Polygamie verbietet und z.B. bei Sorgerechtsstreitigkeiten herangezogen werden kann vom nicht-polyamoren Elternteil. Die CPAA möchte festgestellt haben, daß Polyamory NICHT unter dieses Gesetz fällt.
In den USA gibt es ausgesprochen - für deutsche Verhältnisse - unterschiedliche Gesetze je nach Bundesstaat, was als Bi- oder Polygamie definiert wird. In einigen Bundesstaaten beispielsweise gelten noch die alten, religiös bedingten Kohabitations-Gesetze, sprich wer Bett und Tisch teilt IST verheiratet. D.h. wer zusammenlebt UND sexuell aktiv ist als polys z.B. begeht ein Verbrechen dritten Grades - nämlich das der Polygamie.
Verbrechen dritten Grades werden selten verfolgt, hier gilt anscheinend die Regel: wo kein Kläger, da kein Verfahren. Aber in Fällen, wo es um Sorgerecht geht, läuft die Situation schnell mal aus dem Ruder und es kommt auch vor, daß sich "öffentlich besorgte Bürger" einschalten, um für "Recht und Ordnung" zu sorgen ...
Tatsächlich geht das ganze so weit, daß es offenbar Bundesstaaten gibt, wo bereits das gemeinsame schlafen unter einer Bettdecke (und Betten haben hier immer nur EINE große Bettdecke *baeh*) als Kohabitation gewertet wird - wie gesagt, alles uralte, im wahrsten Sinne des Wortes puritanische Gesetze.

Im Moment ist gerade ein großes Thema eine Fernsehserie hier namens "Sister Wifes" wo anscheinend ein Mormone (diese haben die Polygamie/gynie ja offiziell auf Druck der Regierungen und anderer Gruppen aufgegeben) mit drei Frauen zusammen lebt, einige behaupten, er wäre tatsächlich verheiratet mit ihnen - nach Kohabitationsregeln und damit des Verbrechens der Polygamie schuldig. Nun möchte er eine vierte Frau dazu nehmen - die anderen sind aber eigentlich dagegen. Das läuft hier als Reality TV show, nach der ersten Folge aber war bereits die Polizei da wegen Beweisaufnahme und um zu prüfen, ob es sich um Polygamie handelt und was und ob man etwas unternehmen müsse. Ein Polizeiofficer äußerte sich verhalten unbehaglich laut einer Zeitung hier, man müsse halt pro forma das untersuchen, aber eigentlich würden sie das lieber auf sich beruhen lassen - aber man kann den Zeitungen hier nicht trauen, die meisten scheinen miserabel wenn überhaupt zu recherchieren und zusätzlich aufzublähen.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.