Also bei uns klappt es super mit den Kids, und Ausraster waren und sind vergleichsweise selten. Wir bringen unseren Kids aber auch bei, wie man Gefühle richtig reguliert, und dressieren die nicht nur auf Gehorsam. Und ja, das ist Arbeit, in erster Linie an sich selbst.
Selbstverständlich ist es schon passiert, dass ich die Kids volle Möhre angebrüllt habe. Ich erklären denen dann aber in der Regel hinterher, daß das Scheiße ist, und entschuldige mich, und erkläre ggf wie es dazu kam. Manchmal kündige ich es auch an: "Ich merke, dass ich grade extrem wütend werde und euch gleich anschreie, weil ich einfach keine Kraft mehr habe, den Scheiß hier länger durchzuhalten". Wenn man authentisch mit seinen eigenen Grenzen und Schwächen umgeht, raffen die Kids das erstaunlich gut und erstaunlich früh für ihr Alter.
Die wissen auch genau, wann Schluss mit Lustig ist. Wenn ich Tage habe, an denen ich Lärm nicht gut abkann weil Kopfschmerzen und Wetterwechsel, kündige ich das an. Da bestehe ich auf Rücksichtnahme. Dafür können die an anderen Tagen Halligalli machen, mir egal.
Auch Kinder können gleichwertige Verhandlungspartner sein. Statt alles pauschal zu verbieten, kann man Kompromisse verhandeln. "Nein, auf dem Sofa wird nicht gehopst, die Fensterbank dahinter ist tödlich, aber ich helf dir deine Matratze aus dem Bett zu holen, dann könnt ihr damit einen Parcours bauen" - oder so.
Natürlich kloppen die sich auch schon mal untereinander - genauso gehen sie aber auch hin, und brüllen sich allein im Keller aus, verkloppen mit gerollten Handtüchern das Sofa oder boxen Kissen, um sich zu regulieren. Ich rede mit denen über alternative Strategien zu "Bruder foltern". Die lernen das mit der Regulation halt noch.
Heute nachmittag, bestes Beispiel ... Junior voll am rumzicken, will nicht zum Vereinssport, tausend Gründe gefunden, rumgepunkt ... meine erste Reaktion: du gehst! Kind heult und wütet.
Meine zweite Reaktion eine Stunde später: dem Kind mal aufmerksam in's Gesicht gucken und den Ausdruck ansehen, dann das Gespräch suchen, gucken was dahinter steckt. Kommt bei raus: Schulwechsel ist gerade sehr fordernd, Nerven liegen blank, Kind braucht Ruhe, Nervensystem ist auf Anschlag.
Also bleibt Kind zu Hause. Ohne Medien und Gedudel, dafür mit rausgehen und jetzt gleich auch mit vorlesen.
Und das heißt nicht, daß er mich durch sein Verhalten im Griff hat. Ich hab nur zu spät gecheckt, was los war mit ihm, da ich durch das Homeoffice abgelenkt war.
Es ist wichtig, den Kindern beizubringen, sich selbst wahrzunehmen. Was ist los bei mir. Wie geht es mir? Was fühle ich? Ist das Gefühl wirklich so, oder steht es für was anderes? Was liegt eigentlich dahinter? Was brauche ich? Was kann ich grade nicht leisten? Wo sind meine Grenzen?
Das lehrt auch Empathie für andere.
Wenn ich sage, heute ist ein Kack Tag, und die Kinder haben einen guten High Energy Tag... dann bringen die mir unaufgefordert ne Tasse Tee und gehen hoch zum Spielen.
Durch "nach oben buckeln und nach unten treten" bringt man das keinem bei.