Zitat von *********ter42:
„Also, ehrlich gesagt, da steckt jetzt ziemlich viel problematisches drin, zumindest für das Poly-Forum (ich habe auch Menschen mit offenen, monoamoren Beziehungen getroffen, die halt sehr viele Regeln hatten):
„Regeln (man muss es ja nicht "Vertrag" nennen) wie man in der Beziehung, spezielle mit weiteren Personen, umgehen will zu verschriftlichen.
Das impliziert ja jetzt schon, dass es "die Beziehung" und "weitere Menschen" gibt. Für die "weiteren Menschen" gibt es dann Regeln - das sind dann oft Ver- und Gebote um "die Beziehung" nicht zu gefährden. Diese Regeln werden dann vermutlich von den Menschen in "der Beziehung" festgelegt, und die "weiteren Menschen" haben keine Mitsprache.
Moment Mal. Was heißt hier: Keine Mitsprache?
Mitsprache, in meinen eigenen Beziehungen oder in den Beziehungen anderer Leute?
Wenn ich einen Poly-Mann kennenlerne, der mit seiner Center-Partnerin festgelegt hat:
"Wir zwei wohnen zusammen mit den Kindern. Und das bleibt so. Egal wer eines Tages dazu kommt. Niemand soll bei uns einziehen." Dasselbe in Bezug auf Besuchbarkeit. In Zusammenhang mit Kindern hieß es da oft: "Innerhalb des ersten Jahres definitiv keine Besuchbarkeit."
Dann kann mir der Mann seine Regeln nennen.
Und ich kann - so wie alle anderen Frauen, die dieser Mann kennenlernt - entscheiden, ob mir das in den Kram passt.
• Für mich passt das. Für mich ist unter diesen Umständen auch eine polyamore Beziehungsform möglich.
• Für andere Frauen passt das nicht. Die können es sich ersparen, Zeit mit dem weiteren Kennenlernen eines für sie unpassendes Poly-Mannes zu verplempern. Und in der eingesparten Zeit können sie andere Männer kennenlernen oder irgendwas anderes Schönes tun.
Wenn ich einem Mann begegnete, der mit seiner Polypartnerin eine Wohnkommune aufbauen wollte, war es im Grunde genommen dasselbe in grün.
• Ja bitteschön. Das könnt ihr gerne tun. Aber ohne mich.
• Sicherlich gibt's andere Polyfrauen, für die so eine Poly-WG interessant ist.
Solche Regeln bezüglich Umgangsformen in Bezug auf das Kennenlernen und Zusammenkommen mit weiteren Polypartnern, vereinfachen aus meiner Sicht das Kennenlernen ungemein.
So kann sich rasch die Spreu vom Weizen trennen. Genau dazu ist das Kennenlernen ja da.
(Ob nun schriftliche oder mündliche Absprache ist mir dabei wurscht.)
Hauptsache der Mann gibt uns zwei Frauen nicht widersprüchliche Versprechen. Also die Art "Absprachen", wo bereits während die zweite Absprache getätigt wurde, klar war, dass er mindestens eine der beiden Absprachen brechen wird.
Dieses ewige "Stop & Go" im Kennenlernprozess mit Männern, die an der Heimatfront noch nix geklärt haben, finde ich furchtbar nervtötend.
Andersherum dasselbe.
Wenn ich mit meinem Bezugspartner geklärt habe wie er und ich mit dem Kennenlernen und Zusammenkommen mit weiteren Polypartnern verfahren wollen, kann ich beim Kennenlernen spontan auf mein Gegenüber reagieren. Dann muss ich nicht ständig meinem Gegenüber sagen: "Du, da muss ich erst noch Rücksprache halten, ob das so auch meinem Polyfreund passt." Das fände ich im Kennenlernprozess ebenso nervtötend.
Schränkt es mich in meiner Entscheidungsfreiheit beim Anbahnen neuer Beziehungen irgendwie ein, wenn der Mann offen und ehrlich kommuniziert, was er leben will und auch, was er zu leben vermag? - Nein, überhaupt nicht.
Ganz im Gegenteil.
Ist er offen und ehrlich fühle ich mich keineswegs meiner Zeit oder meiner Entscheidungsfreiheit beraubt. Und die Gespräche laufen fluffig.
Das Einzige, was durch solche "Regeln" eingeschränkt wird, ist die Partnerwahl.
Aber wenn man bereits weiß, was man leben will, wird dies ja nicht als Einschränkung empfunden.
Dann sucht man ja eh nur nach Partnern, die beziehungstechnisch in dieselbe Richtung streben.
Und die bestehende Polypartnerschaft oder bestehende Polyfreundschaft ist ja auch kein Klotz am Bein.
Also ich fühle mich keineswegs irgendwie eingeschränkt.
Als Einschränkung empfinden es nur jene, die gerne völlig neue Beziehungsformen ausprobieren wollen würden, welche mit dem Aufrechterhalten ihrer bestehenden Beziehungsform auf Kollisionskurs liegen.
Aber ganz ehrlich: Für Männer oder Paare "als Versuchsobjekt in deren Experimentierphase" herzuhalten und dann in ein riesen Beziehungsdrama hinein gezogen zu werden, liegt sowieso nicht in meinem Interesse.
Ein Mitspracherecht in der Beziehung anderer Leute kann ich nicht gebrauchen und will ich nicht geschenkt haben.
Wenn mir daran etwas liegen würde, würde ich als Paarberater Geld verdienen.
Als Paarberater wäre ich wenigstens unbefangen und würde nicht unter den inneren und äußeren Konflikten anderer Leute leiden wie so ein "Versuchskanninchen für Polys in Experimentierphase".
Wer für alles offen ist, ist meines Erachtens nicht ganz dicht.