Ist eine 14-jährige aus der achten Klasse in vielen Dingen wirklich nicht "weiter" als eine 8-jährige aus der dritten Klasse? Ist jemand, der bereits das große Einmaleins beherrscht, nicht etwas "weiter" als jemand, der noch nicht mal das kleine Einmaleins gelernt hat? Ist ein Bergsteiger, der im Himalaya bereits auf 7.000 Meter dem Gipfel entgegen klettert, nicht "weiter" als sein bester Freund, der noch im Basislager auf 6.000 Meter Höhe sich vorbereitet?
Das sind aber, wenn ich hier mal Einspruch einwerfen darf, zwei verschiedene Dinge. Und ich finde Flo und auch Felixx haben das gut auseinander gesetzt.
Mathematisch messbar weiter zu sein, höhentechnisch, Leseverständnis - das ist eine Sache, die sich objektiv festmachen läßt. Aber emotional?
Das wird ganz schnell sehr schwierig.
Da spielen moralische Vorstellungen und Prägungen mit hinein, kulturelle Überzeugungen über "gut" und "schlecht" - und jeder von uns hat ja diese AUCH in sich, kann sich also nicht losmachen von der eigenen, gefärbte Sichtweise. Also objektiv eben auch nicht diskutieren.
Ich fand den Teil von Flo besonders treffend:
In einem anderen Thread Polyamory: Ist Poly eine Fähigkeit mehrere Menschen lieben zu können sieht man, wie schwierig es ist, z.B. seinem Mono-Partner die eigene Polyhaltung zu vermitteln. Und dann im weiteren Verlauf der Diskussion kommt man in die Bedrouille, aufgrund der Tatsachen die man insolch einer Argumentationskette geschaffen hat, die andere Lebensweise zwingend als unnatürlich, unnormal, unterentwickelt zu bezeichnen. Und eigentlich ist es doch so: Ich BIN so und so, fühle so und so, und möchte so und so leben, weil das für mich und zu mir passt.
Das trifft genau der Punkt, den ich versucht habe, zu machen: Nur weil sich in mir gegen Verhalten oder Empfinden x alles sträubt, weil ICH woanders herkomme oder woanders hingegangen bin, ist die Welt und Wertung für meinen Gegenüber nun mal trotzdem nicht die Gleiche. Was für mich "weitergehen" war und "entwickeln", war es aufgrund meines Lebens, meines Ausgangspunkts, meiner Eigenschaften, Erfahrungen. Für jemand anderen kann sein "Weitergehen" mein "Stehenbleiben" sein.
Das meine ich auch mit "emotionaler Schizophrenie": ich versuche, mich von der individuell prägenden inneren Wertung so weit wie möglich zu distanzieren, um sie als solche erkennen zu können - dann aber als "meine" bewußt anzunehmen. Das ist MEINE Wahrnehmung über "besser", also strikt subjektiv. Inzwischen habe ich sehr tief in mir gegraben (oder ich mach mir was vor, kann ja immer sein *schulterzuck*) und die "Arbeitsrichtung" hat sich verschoben von "groben Verhaltensballast von früher aufbrechen und verstehen und durchstehen" hin zu "tiefsitzende, nicht bewußt gesteuerte emotionale Reaktion rational wahrnehmen und relativieren können, bevor sie nach außen dringen als Aktion - als Erkennung meiner eigenen individuellen Persönlichkeit nicht aber Wertigkeit von Dingen oder Menschen der Welt".
Ich arbeite sozusagen daran, maximal "inert" (
http://de.wikipedia.org/wiki/Inert ) zu werden, um offener zu werden für das, was um mich herum passiert oder gedacht wird. Also ohne innere Abwehrreaktion dieses abzublocken, weil ich schon Wertung xyz als "logisch" verankert habe. Was als Anpassungsprozess an die L.A. Kultur wohl nicht zu überraschend ist als Schritt.