Auslaufmodell Monogamie?
Versuchen wir doch einfach mal den ganzen Sachverhalt ein wenig aufzudröseln.
Rein rational betrachtet führt Monogamie wohl offensichtlich in den meisten Fällen in eine Sackgasse. Schaut man sich nur mal die nackten Zahlen der Ehescheidungen an, so wird man trotz dessen hoher Quote nur die Spitze des Eisberges erkennen können, denn die Anzahl getrennter, monogamer Beziehungen wird um ein Vielfaches höher als die Zahl der Ehescheidungen sein. Wer sagt uns überhaupt, das Monogamie eine adäquate und zeitgemäße Form der Beziehung ist?
In unseren heimatlichen westeuropäischen Gefilden gelten die sexualethischen Normen neutestamentarischen Ursprungs als gewachsenes Ethos und praktizierte Verhaltensobliegenheit.
Biologisch betrachtet ist Monogamie unter Säugern, dazu zähle ich uns Menschen auch, ausschließlich eine Verleumdung genetisch oder evolutionär bedingter Tatsachbestände. Sprich: Es muss im Bestreben eines jeden Menschen liegen, seine Gene möglichst weit zu streuen und zu verbreiten, um der natürlichen Auslese entgegen zu wirken und sich im bioorbitalen Raum mit seinen Genen behaupten zu können. Charles Darwin hat das recht ansprechend veranschaulicht und anhand seiner Theorie wissenschaftlich bewiesen und manifestiert.
Betrachtet man den Menschen und seine Persönlichkeit, der Einfachkeit halber mal unter "Siegmund Freudschen" Gesichtspunkten, die ja mittlerweile wissenschaftlich eher als eingestaubt gelten. Ich denke es trifft dennoch den Kern der Sache.
Unsere Persönlichkeit besteht aus 3 wesentlichen Teilen. Unserem kulturell und gesellschaftlich bedingten "Über-Ich" (Gewissen, Moral, Ethik), unserem eigentlichen Wesen /Selbstbewusstsein, dem "Ich", sowie aus unseren genetisch bedingten Wurzeln, dem "ES" (Das Tier in uns, Instinkte, Triebe).
Vereinfacht kann man sich das in Form einer Waage vorstellen. Von oben zerrt das "Über-Ich" (Gewissen, Moral, Ethik und Norm) an unserem "Istzustand" und von unten das "Es" mit seinen evolutionär bedingten Trieben. Es wirken also entgegengesetzte Kräfte auf unser "Ich", die es in ein Gleichgewicht bringen und uns zu dem machen, was wir psychologisch betrachtet sind.
Ordnen wir mal das gesellschaftlich etablierte monogame Beziehungsbild in diese Waage ein. Es ist Bestandteil unseres "Über-Ich"´s. Jetzt müssten wir eigentlich nur noch klären, welche Kräfte auf unser "Ich" den gößten Einluss haben.
Die, unserer Moral- und Wertevorstellungen, oder die unserer Triebe und Instinkte?
Sind wir also mehr "Es"-lastig oder mehr "Über-Ich"-lastig oder wäre das zu pauschal?
Unsere Evolution hat uns, da wir genetisch unstrittig vom Tier abstammen, Instinkte und Gene mitgegeben, die uns überlebensfähig machen. Es sind die wichtigsten Triebkräfte im Menschen. Das Streben nach Fortpflanzung, nach Nahrung und nach Macht. Anhand der Evolutionstheorie (Selektion), lässt sich unschwer erkennen, das die Spezies Mensch, genau wie alle anderen Lebewesen nach diesen Prinzipien (Kernaussage: "Der Stärkere frisst den Schwächeren") funktioniert.
Auch gesellschaftlich lässt es sich mit ein wenig Ironie, anhand eines einfachen, banalen Beispiels verdeutlichen: 2009 wurde im Zuge der Bankenkrise innerhalb von 14 Tagen eine Bürgschaft von 450 Mrd Euro gestemmt. Und das wegen einigen Herren, die aus Habgier und Raffsucht, einer breiten Masse unserer Bürger erheblichen finanziellen Schaden zugefügt haben. Gerade einmal 10 Mrd Euro wurden im Vergleich hierzu für Bildung (Kinder = unsere Zukunft) 2009 aufgewendet und auch im Bereich der Pflege (Alte = unsere Vergangenheit) wird der Rotstift angesetzt, wo es nur geht und unsere Wurzeln werden ziemlich arg vernachlässigt, weil es einfach überall an qualifizierten Pflege- und Betreuungspersonal mangelt, weil es niemand bezahlen will.
Man kann also auch hier gut erkennen, das Darwins Theorie auch für uns Menschen Gültigkeit besitzt. Lediglich unsere gesellschaftliche Ethik und unsere Moral (Über-Ich) bremsen unsere niederen Instinkte und federn sie ein wenig ab.
Im Bereich der Sexualität ist das meiner Meinung nach genau umgekehrt. Unser "Es", der tierische Trieb (Instinkt) wird durch unsere gesellschaftlichen Prinzipien, ethischen Normen und Moralvorstellungen etwas ausbalanciert. Dennoch sind diese unsere Triebe einfach stärker ausgeprägt, als gesellschaftliche, ethische Grundsätze. Es soll ja schließlich primär der dauerhafte Fortbestand der menschlichen Rasse gesichert werden.
Dieses Kräfteverhältnis spiegelt sich meines Erachtens auch in unserem monogamen, westeuropäisch und christlich geprägten Beziehungsverhalten wider. Treue ist ein wirklich edles und ehrenwertes Motiv unserer gesellschaftlich-christlichen Moral und Ethik, jedoch vermag es nicht die Kraftreserven zu besitzen, um die urinnersten und die seit jahrmillionen gewachsenen Triebstrukturen verdrängen oder ausblenden zu können.
Bietet sich die Gelegenheit Sexualität außerhalb der monogamen Beziehung auszuleben, so wird diese zumeist früher oder später auch, zumeist im Geheimen, genutzt.
Da passt dann in meinen Augen die Aussage "Gelegenheit macht Liebe" und lässt in uns das schlummernde Tier erwachen. Schafft man es diesem Drang zu widerstehen, so kann man dennoch nicht von genereller Treue sprechen, denn zumindest im Kopf der meisten Menschen spielen sich wohl sexuelle Phantasien und Gedanken ab, die meist autark neben dem Sexualbild des eigenen Partners existieren.
Fazit: Der Mensch ist mehr Tier als Moralapostel! Seine Triebe scheinen in meinen Augen, evolutionär bedingt stärker zu sein, als seine geschichtlich und kulturell gewachsenen Mächte des Über-Ich´s.
Meines Erachtens könnte Monogamie in den nächsten 30-50 Jahren immer mehr in Europa durch polyamere Beziehungsformen verdrängt werden. Eigentlich wäre es auch die logische Konsequenz, die Existenz unserer genetisch bedingten Fortpflanzungstriebe so zu akzeptieren, wie sie sind und diese auch frei entfalten zu können. Die Quintessenz daraus wäre es, sich der Sinnlosigkeit ethisch und moralisch fundierter monogam-sexueller Zwangskorsette zu entledigen und seine Sexualität offener und authentischer auszuleben zu dürfen, ohne dafür verurteilt zu werden.