Ich liebe sie trotz allem, und Sex war sowieso nie die Basis für diese Beziehung.
Beantwortet das nicht von Deiner Seite bereits alles? Es kann gut sein, dass eure Beziehung (egal ob "nur" platonisch geliebt oder körperlich auch) sich verändert oder belastet wird, wenn zumindest eine Seite bestimmte Zielvorgaben macht, wie das so zu funktionieren hätte ...
Unsere Hölle machen wir uns oft selbst, indem wir nicht annehmen können, was ist (und gut ist), sondern förmlich fanatisch drücken in die Richtung, was aus irgendwelchen Gründen (Kultur, Sozialdruck, Ideale an sich) sein SOLLTE.
Da liegt die Wahl (wenn sie es denn als Wahl annehmen kann), bei ihr. Sowohl was Beziehungsbild als auch was ihr Selbstbewußtsein und ich-fühle-mich-gewertet-durch-das-was-zwischen-uns-ist betrifft.
Ich wünsche Euch beiden von Herzen, dass ihr Euch so weit emanzipieren könnt von dem, was ihr an Vorstellungen habt, wie es zu sein hat und was "Versagen" ist (oder nicht), dass es Eure Liebe nicht belastet. Aber da muss jeder an sich selbst arbeiten und in sich selbst Unahbängigkeit und Sicherheit finden, damit das geht.
Wenn ihr Bild, wie das in einer "richtigen" Beziehung zu sein hat, zu statisch ist, dann wird sie vermutlich über kurz oder lang nach jemand Ausschau halten, der DAS Bild erfüllt statt ihr Bild zu ändern, weil Liebessehnsucht nun mal eine sehr starke Kraft in uns ist - und auch völlig legitim so.
Dazu vielleicht noch ein Wort: Im Konfliktmanagement habe ich mal gelernt, dass ein Kompromis immer ein Verlust ist und keinen Konflikt löst. Das widerspricht zutiefst, was uns normalerweise eingebläut wird, von wegen Kompromisssuche ist alles, kompromissbereit sein etc. Aber nach ein paar Wochen intensiven Brütens habe ich verstanden, dass da was dran ist: Solange man sich bewußt ist, dass eine Abmachung ein Kompromis ist, ist man sich bewußt, daß es nicht das ist, was man möchte. Je wichtiger das Thema, desto mehr arbeitet und gärt das. Nur, wenn man erkennen kann (keine Wertung!), dass die Abmachung tatsächlich (!) besser ist, als das, was man wollte - nicht aus Ratio, sondern weil man es so fühlt - ergibt es eine stabile Basis für die Zukunft.
Das trifft in dem Fall auch zu. Und ich glaube nicht, dass es gesund ist, so zu tun, als wäre der Kompromiss (wir sind platonisch in Liebe, aber eine "richtige Beziehung" ist das für mich empfunden eigentlich nicht inklusive Wertung durch "richtig") eine Lösung. Das erstickt den Austauschprozess darüber, wie man sich wirklich fühlt und ob da nicht etwas anderes möglich ist.