Das schlechte Gewissen
Hallo zusammen,ich bin neu hier gelandet und in diesem Forum hängen geblieben, da es das erste Forum ist was mich wirklich anspricht. Ich habe mich schon ein bisschen durchgelesen und mich oft wieder erkannt, was zu einer gewissen Erleichterung führt, daß ich mit vielen Themen- bereichen nicht alleine auf der Welt bin.
Mein Thema momentan ist das schlechte Gewissen.
Hier kurz meine Geschichte:
Ich habe immer monogam mit meinen Partnerinnen gelebt und doch auch wieder nicht, da ich immer während meiner Beziehungen Affären hatte. Heimlich natürlich. Ich bin da so reingeschlittert und es ist einfach so passiert. Heute denke ich, dass so etwas nicht einfach so passiert. Ich werde schon eine gewisse Offenheit gehabt haben und letzten Endes hab ich mich ja auch darauf eingelassen. Ich kannte nur die Monogamie, was für mich hieß ich musste mich entscheiden. Meistens habe ich mich für meine monogame Beziehung entschieden, denn oftmals waren wir länger zusammen und ich liebte sie ja. Die Affäre habe ich dann mit logischer Konsequenz weggearbeitet, obwohl ich auch für sie Liebe empfunden habe. Das Gefühl der Liebe habe ich mir aber nicht eingestanden und es mit erotischen Reizen oder freundschaftsähnlichen Gefühlen abgetan. Heute weiß ich es besser. Es war Liebe. Während ich bei meiner Affäre war fühlte sich alles richtig an. Das schlechte Gewissen kam später, wenn ich wieder zu Hause war. So gesehen habe ich ja auch betrogen.
Ich weiß nicht seit wie vielen Jahren ich mich mit schlechten Gefühlen (das darf ich nicht) herumschlage.
Im letzten Jahr habe ich mich dann in eine poly lebende Frau verliebt. Zu dieser Zeit war ich mit meiner jetzigen Beziehung 3 Jahre zusammen. Eine neue Welt tat sich für mich auf. Endlich jemand der mich versteht. Ich war so begeistert, das ich meine neue Meinung gleich überall Kund getan habe, ebenso wie meine neuen Erkenntnisse, die in mir selbst statt fanden.
Ich las Bücher und sprach auch mit meiner Beziehung darüber. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und viel Stress schossen wir beide uns dann aber auf dieses Thema ein. Wir sprachen über unsere Wünsche und Vorstellungen. Wie es das Schicksal wollte lernte auch sie eine Polydame kennen. Sehr dubios dachte ich, aber das Leben ist ja manchmal voller Überraschungen. Drei Monate voller Auf- und abs folgten, bis es zum Knall kam. Wir entdeckten beide die Eifersucht und fanden keinen Weg mit ihr umzugehen. Wir trennten uns und ich trennte mich auch von der Polydame, da mir alles zu viel wurde. Ich war total überfordert. Meine Moral und meine Werte wurden so schnell über den Haufen geworfen, dass meine Seele nicht mehr mitkam. Drei Monate befand ich mich in einem Strudel der Gefühle und erst mit dem Knall hörte das Karussell auf sich zu drehen.
Ruhe. Endlich.
Ein paar Wochen später traf ich meine Monoex im Internet wieder. Wir gingen wieder aufeinander zu und arbeiteten die letzten Monate auf. Wir stellten fest, das uns viele Dinge und Begebenheiten ähnlich ergangen sind. Ich lernte die Dimension einer Eifersucht kennen, die mir bis dato unbekannt war. Ich erkannte, das ich kein Typ für zwei Beziehungen bin. Sie sagte mir, das es für sie ganz klar ist, das sie monogam ist und auch so leben will. Es war eine Erfahrung, aber es ist nicht ihr Lebensziel. Sie kann und will ihre Beziehung nicht teilen.
Ich dachte mir geht es auch so. Zeit meines Lebens wünschte ich mir doch etwas mit einer Partnerin aufzubauen. Ich beschloss wieder monogam zu leben und sollten mich irgendwann nochmals Gefühle zu einer anderen Person ereilen, würden wir darüber sprechen. Man könnte ja auch mal über nen flotten Dreier nachdenken, obwohl dies nie eine meiner Fantasien war.
Soweit so gut.
Jetzt mein Problem. Meine Polydame geht mir nicht aus dem Kopf. Ich habe ein schlechtes Gewissen an sie zu denken. Ich habe Sehnsucht nach ihr und sie fehlt mir in meinem Leben. Ich schwanke zwischen meine jetzige Beziehung zu beenden oder mir die Polydame aus dem Kopf zu schlagen. Ich habe so sehr Angst meine Monodame zu verlieren, denn noch mal macht sie das nicht mit. Ich bin oft abwesend, weil ich mich versuche runter zu regeln. Diese Zerreißprobe macht mich zur Zeit total fertig und ich weiß nicht was ich machen soll. Am Ende geht es wahrscheinlich um Verlustangst. Angst meine geliebte Monodame zu verlieren. Aber ich liebe sie. Und zwar beide. Somit beschäftige ich mich zur Zeit alleine mit dem Thema Poly. Es läßt mich nicht los. Aber ich spreche mit sonst niemandem darüber. Schon gar nicht mit meiner Beziehung, denn ich habe Angst davor sie zu verlieren. Ich frage mich nur wie lange ich mich noch selbst verleugnen kann. Ich arbeite meine Moral und meine Werte auf, hänge aber irgendwie in der Warte- und vor allem Angstschleife. Ich bin mir an manchen Tagen so unsicher ob Poly das richtige ist und versuche mir nicht die Einstellungen anderer über zu stülpen. Denn was ich gelernt habe: Poly ist auch nicht immer gleich Poly. Nicht anders als bei den Monos.
Auch wenn das jetzt alles sehr lang geworden ist, vielleicht liest es jemand von euch und hat ein paar Tipps oder Erfahrungen die mir eventuell weiter helfen könnten. Ich weiß im Endeffekt, dass ich die Entscheidung alleine treffen muss, aber ich bin hier gelandet, in der Hoffnung auf Gleichgesinnte zu treffen.
Vielen Dank, Greta.