Das Problem, dass man als Mensch in fester Beziehung mehr Probleme hat, einen weiteren Partner zu finden (und ich rede von Partner, nicht von Affäre, Hausfreund oder irgendsowas), kennen wir auch. Meiner Erfahrung nach ist es als Frau leichter, jemanden zu finden, der augenscheinlich bereit ist, sich einzulassen. Aber dann auch oft schnell den Schwanz einzieht, wenn er merkt, dass es eben wirklich um eine Beziehung geht, dass es für ihn ernster wird und er mit dem Nicht-Exklusiven dann nicht mehr klar kommt.
Umgekehrt bei meinem Mann: es ist sehr schwer, eine Frau zu finden, die nicht schon sowieso poly ist und bereit, es wenigstens zu versuchen. Aber wenn sie offen dafür sind, kann es dann sehr wohl klappen, dann ist das Interesse an einer verbindlicheren Beziehung anscheinend auch ziemlich gross.
Sprich: Frauen haben viele Optionen bei Luftnummern, Männer wenige Optionen bei ernsthaft Interessierten. Beides nicht so toll, aber ich sehe da auch kein "besser" oder "schlechter".
Was das mögliche Heiraten angeht: puh, schwierig. Wir haben geheiratet, weil wir wußten, wir wollen alt zusammen werden und das auch gerne deutlich signalisieren. Heirat heißt für mich, das man sich wirklich wohl fühlt, angekommen ist. Und das ist selten und wertvoll. So etwas feiere ich auf jede mögliche Art und Weise und halte mich nicht zurück, weil ich glaube, dass da noch mal jemand anderes kommen könnte, mit dem es dann Probleme machen könnte ... bla. Wegen "hätte" und "könnte" gebe ich kein "ja" auf.
Nun sind wir in der Situation, dass ich jemanden gefunden habe, der sich sehr intensiv auf mich eingelassen hat, ich bin unendlich glücklich auch mit ihm und er und mein Mann mögen sich auch sehr gern. Wir haben von Anfang an über alles offen gesprochen und da wir hier in den USA sind, ist natürlich kulturell bedingt eine der ersten (!) Fragen, wenn jemand mitbekommt, dass er eine Freundin hat, ob er mich denn heiraten will. Für deutsche Verhältnisse etwas früh, aber hier funktioniert das anders. Er erklärt dann meist etwas ironisch, wie die Situation ist (so im Sinne von "Naja, die Frage stellt sich nicht so richtig, sie ist nicht so fürs Heiraten. Aber das ist ja nicht so wichtig, wir sind glücklich - und ihr Mann mag mich ja auch.") aber erzählt mir das und hat schon gewitzelt, dass ich ja den Ehering typisch deutsch rechts trage, da wär ja (wie in USA typisch) links die Hand noch frei für seinen Ehering.
So humorvoll das gemeint ist, da ist ein wahrer Kern und ich bedauere, dass ich nicht ihn auch noch heiraten kann. Nicht dass ich es jetzt sofort tun würde, dafür ist es zu früh. Aber es gibt rechtliche Möglichkeiten für eine ganze Menge von Sachen hier in den USA (Trust-Bildung, Beziehungskonstrukt sozusagen als Firma absichern rechtlich oder LLC, sowas ähnliches wie eine GmbH). Aber Visa-Themen oder Familien-Krankenversicherung, das geht z.B. nicht. Auf die Idee, mich deswegen scheiden zu lassen, würde ich aber nie kommen deswegen. Wir finden wenn nötig einen anderen Weg.
Was Kinder bekommen angeht: keine Ahnung. Er möchte eigentlich keine, weil er schwer bipolar ist und sagt, das möchte er auf keinen Fall vererben. Eigentlich will er sich schon seit Jahren sterilisieren lassen. Aber er will meine Zustimmung und da kann er schwarz werden, bis ich die gebe.
Ich würde nie ausschliessen, dass ich Kinder von jedem Partner bekomme, mein Mann hat da auch kein Problem. Im Gegenteil fast, er ist ein bisschen panisch beim Gedanken, welche Verantwortung das mit sich bringt und wenn es da zwei Väter gäbe - wär doch viel besser! Kann man also so oder so sehen.
Aber alle diese Überlegungen auf unserer Seite (mein Mann und mir) sind trotzdem seltenst für einen möglichen Dritten überzeugend, wenn es um eine tiefergehende Beziehung geht. Die Meisten sind meiner Erfahrung nach nicht überzeugt, glauben, dass wir das nur so sagen und eigentlich die "richtige" Beziehung mit Kindern und bis-ins-Alter nur als Zweierkonstrukt geht. Und jeder sonst da mit dran hängt, geliebt vielleicht, aber zweitwertig. Und DAS scheint als Mensch in fester Beziehung der Haupthinderungsgrund zu sein. Oder wie eine Freundin hier mal so schön sagte "Wenn die Frau Familie gegründet und Kinder bekommen hat, dann ist sie ja frei und stark, aber vorher ...".