Ich finde das ein total spannendes Thema, weil es so nahe an der Realität und den zu erwartenden Konflikten ist.
Vorne weg zu den Fragen:
Könnt Ihr Euch vorstellen, zwei gleichberechtigte Partnerschaften zu führen, wenn
• die beiden Wings sich nicht verstehen und meist schlecht über einander denken,
• nahezu identische Partnerschaftswünsche an den Center haben (Alltagsleben mit Übernachtung etc.) und
• räumlich nicht ganz nahe (in einer Wohnung oder sehr geringer Entfernung) beim Center leben?
Nein, bis auf das "räumliche".
Grundlegend mag ich diese Bezeichnung Center und Wings nicht. Denn das stellt jeden Beteiligten nicht auf Augenhöhe. Nur weil ich mehr als einen Menschen liebe, heißt das für mich nicht, dass ich ein "Center" bin. Denn ebenso gut, können die besagten Wings mehr als mich lieben.
Alleine schon solche Klassifizierungen halten mich innerlich nach wie vor ab, unsere Liebes-/Lebensintentionen in die "leider" erzeugte Polyamor-Schublade zu stecken.
Nach meinem Grundverständnis, ist es doch völlig normal, dass wenn man aus einer Jahrtausende alten Beziehungsform (exklusiv & monogam & dogmatisch) heraus wächst, dass es Übergangsprobleme geben muss.
Zum einen sind wir "Polyamoren" eine deutliche Randgruppe, welche aber dennoch den Mut aufbringen über den Tellerrand zu blicken und ganz besonders den Mut wagen unser eigenes Leben mit neuen, freieren Werten zu besetzen. Ganz gleich was das Umfeld sagt.
Ich habe in einer anderen Plattform sehr viele und offene Gespräche geführt, bezüglich Polyamor. Der Grundtenor bestand wirklich darin, dass ca. 90% äußerten: ich würde so gerne, es hört sich so toll an, das wäre genau das wovon ich träume, aber a) ich trau mich nicht b) wie soll das gehen c) was sollen die Leute denken d) kommt da auch keiner zu kurz e) ich weiß doch gar nicht wohin das dann führt.
Als ich erstmalig gedanklich und real damit in Kontakt kam, fuhren soziemlich alle meine inneren Alarm-Muster auf 150%. Mein Körper signalisierte deutlichst: BIST DU WAHNSINNIG. Ich habe dem absoluten freien Raum gelassen, um dahinter sehen zu können. So durfte ich die Wurzeln der Eifersucht, die Wurzeln des Besitzdenkens und die Wurzeln meiner Glaubenssätze inkl. Ego-Anteil deutlich beleuchten und erkennen.
Es war nicht angenehm, aber es war befreiend.
Der nächste Schritt führt dann in die Umsetzung. Durch die neue "Konfiguration" im eigenen Inneren zieht man entsprechende Menschen an.
Nur das echte, aktive Leben dieser neuen Freiheit bringt dann zwangsläufig Zündstoff mit, denn jeder Beteiligte im Reigen, stößt wieder und wieder an seine Themen. Es genügt ja nie, nur im Geiste und auf energetischer Ebene Veränderungen herbei zu führen. Der Körper, der Kopf, das Ego usw. haben alle ihre eigenen Gewohnheiten und Zwischenspeicher. Angstpatienten kennen das sehr gut, wenn sie an den Wurzeln bereits gearbeitet haben, aber der Körper ab und an immer noch mal in Panikmodus versucht hochzufahren. Es ist unangenehm, aber der letzte Schritt in der Umsetzung. Irgendwann ist das Gleichgewicht da.
Und genauso sehe ich das in der Transformation von alten Beziehungsmustern in die neue Zwischenform "polyamor".
Der Alltag zeigt uns täglich auf, wo wir noch in Schubladen denken und wo wir immer noch in der Zuteilung von Aufmerksamkeit, Körperlichem und Liebe sind.
Ich glaube, wir kommen nicht umhin, die Zündfunken beim aktiven er-/leben des Polyamoren bewusst in Kauf zu nehmen, denn so können alle daran lernen und letztendlich wachsen. Mir gefällt das Center/Wing Ding nicht und ich fange damit erst gar nicht an, es bei mir so zu sehen.
Es gibt bei mir Menschen, zu denen ich eine tiefe Liebe habe, die über das "Platonische" hinaus geht. Ich sehe aber niemanden als Wing an oder versuche es in irgendwelche Formen zu pressen.
Das worauf ich achte ist, dass mein Lebenspartner echte Freiheit leben kann und nicht verbogene Formen wie: dem Partner zuliebe es akzeptieren.
hg
D.