Ich weiß, dass ich mehr als einen Menschen lieben kann, aber - hm... (?) - vielleicht "ticke" ich doch anders als viele hier.
Ich lebe zusammen mit meinem Freund und bin in diese Beziehung glücklich. Ich suche gar nicht, weil ich nichts vermisse.
Trotzdem lernte ich im letzten Jahr einen weiteren Mann näher kennen und verliebte mich.
Dieser Mann war mir mehrfach in einer Kneipe begegnet, wir kamen ins Gespräch und bei der letzten Begegnung in dieser Kneipe war mein Freund auch dabei. D.h. die Beiden kannten sich flüchtig - der Mann wusste, dass ich mit meinem Freund (und meinen 3 Kindern) zusammenlebe und -wohne.
Es folgten dann 2 Treffen mit ihm alleine (mein Freund war auf einer Fortbildung), bei denen wir uns zwar zeitweise im Arm hielten, ansonsten aber ausschließlich redeten - über uns - unser Leben und über Gott und die Welt... Sehr intensiv und viele Stunden lang...
Trotz starken Emotionen hätte es nicht zu mehr körperlicher Nähe kommen können, denn dann hätte ich das Gefühl gehabt, meinen Freund zu hintergehen.
Es war mir sehr wichtig, mit meinem Freund über meine Gefühle zu reden.
Das hat damit zu tun, dass es mir wichtig ist, ihn an meinem Fühlen und Denken teilhaben zu lassen. Schließlich ist mir besonders wichtig zu erfahren, welche Gefühle das in ihm auslöst und diese zu berücksichtigen, WEIL ich ihn sehr liebe.
Das taten wir auch und mein Freund war neugierig, DEN Menschen kennenzulernen, der mir so wichtig wurde.
Wir trafen uns also zu dritt und die beiden Männer verstanden sich sehr gut.
Belastend war die Tatsache, dass dieser Mann seit langem verheiratet ist, Kinder hat und ihm ganz klar war, dass seine Frau ihn verlassen würde, würde sie von unserer Beziehung erfahren.
Lange Rede - kurzer Sinn:
Trotz allem glaube ich heute - nach einer sehr schmerzhaften Erfahrung im Anschluss an schöne Monate - dass er die Beziehung gerade deshalb leben wollte, WEIL ich polyamor empfinde.
Ich machte die Erfahrung, dass er keine Verantwortung für sich und sein Handeln übernahm und vermute, er fand unsere Art der Beziehung spannend, neu, aufregend und interessant, aber - geliebt hat er mich - wie ich heute denke - nicht.
Ich machte und mache mir Gedanken, ob Frauen, die polyamor empfinden können, nicht als "leichte Beute" angesehen werden können, wenn sie sich gleich "outen". (?)
Dass Männer denken könnten:
"Sie hat eine Beziehung - liebt ihren Freund - somit kann ich genießen, ohne mich wirklich verantwortlich einzulassen..."
Das ist jetzt etwas seltsam formuliert, aber es ist sehr schwer, das Ganze in wirklich passende Worte zu fassen.
Warum fragte ich zu Beginn, ob ich nicht doch anders empfinde, als ich es von einigen hier lese:
Weil ich NICHT dauerhaft polyamor fühlend bin.
D.h. ich sehne mich überhaupt nicht danach, polyamor zu leben, wenn ich - so wie gerade - mit meinem Freund zusammenlebe.
"OK" - den anderen Mann vermisse ich noch immer...
Aber: Da gibt es KEIN Suchen!
Polyamores Fühlen empfinde ich doch erst dann, wenn ich jemandem begegne und mich verliebe.
Ich frage mich, ob es DIE Menschen, die irgendwie dauerhafte oder grundsätzliche polyamore Sehnsüchte haben, nicht von daher "leichter" haben, dass sie ggf. nach weiteren Beziehungen unter Gleichgesinnten SUCHEN können. (?)
ICH kann das nicht!
Wenn ich "finde", dann ohne gesucht zu haben und das kann - weil die Wahrscheinlichkeit offensichtlich hoch ist, einen Menschen zu treffen, der Polyamorie völlig falsch einschätzt - im emotionalen Chaos enden.
Das kann es natürlich immer, aber in dem Fall redet man ja schon von Anfang an aneinander vorbei, oder?
Da sich ein wirklich monogamer Mensch vielleicht nicht annähernd vorstellen kann, dass man wirklich 2 (oder mehr) Menschen lieben kann, kann ich dieser (weiteren) Liebe - dem Menschen, für den ich sie empfand (und leider noch empfinde) - gar keinen Vorwurf oder sowas machen. Ich glaube, er kann sich bis heute nicht vorstellen, wie viel ich empfinde, weil ich ja meinen Freund sehr liebe...
Ganz so, als ob durch große Gefühle keine weiteren Empfindungen mehr möglich seien.
DAS kann man einem monogamen Menschen doch auch gar nicht vermitteln, oder? Wie soll man(n) mich da auch verstehen können?