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Merkwürdige Eifersucht?

Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.941 Beiträge
Es gibt keine Sicherheit
und auch keine Garantie für irgendwas, selbst nach intensivem 25 Poly-Leben und ebensolcher Persönlichkeitsarbeit, zahlreichen Therapien und jahrelangen positiven Erfahrungen nicht, die eigentlich ausreichen sollten, Vertrauen zu bilden; diese Erfahrung kenne ich aus meinem Bekanntenkreis.
Es scheint Dinge zu geben, mit denen mensch nur lernen kann zu leben, z.B. mit der eigenen Eifersucht. Den polyamoren Weg muss mensch gehen wollen - sich und seinen Liebsten zuliebe, auch ohne Garantien.

*herz*lich
T*sonne*M
@Gentletom58... sorry - "Garantie"-Mißverständniss?
Sorry, falls das eventuell etwas missverständlich von mir formuliert wurde?!

Nicht meiner Meinung - sondern meinen Erfahrungen nachch, gibt es eine Garantie dafür, dass jeder Mensch weiter "über sich hinaus wachsen" kann, wenn...
...er (sie) wahrhaftig dazu bereit ist, "sich selbst gegenüber" ehrlich zu sein, als er / sie es in den meissten Fällen vorher selbst für möglich gehalten hat...
...auch (oder eventuelle sogar gerade), was den Umgang mit den eigenen Gefühlen im Verhältnis zu anderen Menschen angeht...
...auf jeden Fall jedoch in Bezug auf die eigene Fähigkeit zu ehrlicher und aufrichtiger Liebe!

Dabei geht es an dieser Stelle allerdings nicht um die Phase, in der wir aus Verliebtheit vorrangig "hormongesteuert durch die Welt laufen", sondern um den Prozess, welcher uns erlaubt, aus der anfänglichen Verliebtheit heraus emotionale Bindungen aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Aber sorry, das wird jetzt selbst mir hier zu theoretisch... danke für diesen Impuls!
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.941 Beiträge
Selbstehrlichkeit
Vielleicht hast Du recht, Olaf. Dass es den Fortschritt nur dann garantiert gibt, wenn mensch sich selbst gegenüber offen genug, vlt. radikal selbstehrlich ist.

Wenn jemand (mich incl.) überhaupt nicht weiterkommt mit sich, frage ich ihn gerne, welchen Vorteil er von seinen Mustern/Gedanken/Gefühlen hat.
Wenn dann ein Schulterzucken kommt, weiß ich, dass da ein wesentlicher Aspekt unbeleuchet blieb. Denn fast Jedes hat auch einen Vorteil - es kommt nur auf die Perspektive an.

Die Frage nach dem Vorteil ist zu jeder Zeit legitim. Insofern ließe sich auch die Frage (vgl. Katie Byron: The Work) an den TE stellen: Welchen Vorteil hat die Eifersucht für Dich? Welchen Grund gibt es, der Dir keinen Stress bereitet, an Deinen Gedanken festzuhalten?

Tom
*******_by Mann
280 Beiträge
Themenersteller 
Ich kann bei Eifersucht keine Vorteile erkennen... sie stört, schmerzt und lenkt mich von Dingen ab, die ich eigentlich erledigen sollte... freilich könnte Eifersucht unter Umständen beim betreffenden Partner Reaktionen bzw. Aktionen auslösen, die man sich wünschen würde. Aber wenn man sie sich um den Preis der Eifersucht "erkauft", dann ist es vergiftet und letztenendes unbrauchbar.
@skyward
In deinem anderen Thread schreibst du, dass du mit deiner Frau keinen Sex mehr hast, ihr dafür jeder einen zweiten Partner habt. Du lebst diese Zweitbeziehung monogam, bis jetzt?!
Falls das immer noch so ist, seh ich das Problem deiner Eifersucht ev. auch darin dass du gar nicht poly leben möchtest, sondern eine zweite Beziehung nebenbei führst weil du aus welchen Gründen auch immer noch mit deiner Frau verbunden bist, ihr aber eigentlich kein Paar mehr seit?!
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.941 Beiträge
@****ard
Ich kann bei Eifersucht keine Vorteile erkennen....vergiftet und letztenendes unbrauchbar.
Welchen Grund könnte es dann geben, Gedanken, die die Eifersucht auslösen, aufrecht zu erhalten?
Ich frage nach, weil ich versuche, konsequent nach meinem Vorteil eines Musterst zu schauen. Irgendwann entdecke ich immer einen Vorteil für mich - auch wenn der unverhältnismäßich teuer "erkauft" wird.
Den loszulassen, ist dann der nächste, nicht unbedingt leichte Schritt.

Anders herum gefragt: Was wäre, wenn Du ab sofort nicht mehr eifersüchtig wärest? Welche Vor- und Nach-teile hättest Du dann?
Im Detail geht das sehr ans Eingemachte und ist gewiss kein Bestandteil für dieses Thema...

Tom
...nur ein paar allgemeine Gedanken dazu...
Ich lebe seit einigen Jahren PolyAmor.
Mit persönlich gefällt jedoch der Begriff verantwortlich Frei besser.

"Eifersucht" stellt sich bei mir normalerweise nur dann ein, wenn ich aus irgendwelchen Gründen nicht gut auf mich selbst geachtet habe und/oder ggf. mein Selbstwert-Gefühl beeinträchtigt ist.

Ich kenne einige, die üblich konditionierte Monogamie- und übliche gesellschaftskonforme Beziehungsmuster auf mehrere Personen erweitern, und von PolyAmorie sprechen - wobei es schon nicht selten offensichtlich daran mangelt, eine Person und/oder sich selbst so zu lieben und anzunehmen wie Frau/Mann ist - und nicht wie wir sie vielleicht noch haben wollen müssen.

Aus meiner Sicht braucht Liebe und Sexualität, die ich weil ich es seit längerem nicht muss, auch nicht gerne trennen möchte, Loslassen, Freiheit, Raum und trotzdem in absoluter Nähe angenommen sein, sich völlig fallenlassen zu können und sanft aufgefangen zu werden.

Was durchaus auch ein hoher Anspruch ist, an dem ich, durchaus auch mal mit Schmerz und Trauer, wie auch unendlichem Glück, stetig wachsen darf...
Sich jeweils in Personen nur die "vermeintlichen Rosinen" herauszupicken funktioniert IMHO nicht - und wenn dann nur als kurzlebiger Egotripp.

PolyAmorie verlangt IMHO ein hohes Mass an Selbstdisziplin. Auch dann liebevoll loszulassen, wenn Frau/Mann sich ggf. mal nicht nur allein sondern ggf. auch einsam fühlt.

Alles als ein Geschenk ohne jegliche Garantie anzunehmen.
Um miteinander zu wachsen.

Für mich selbst DAS Wachstumsprogramm an sich.
Der sich immer wieder ereignende Schmerz lässt sich dabei nicht verhindern.

Nach sehr vielen Jahren bin und bleibe ich ein Lernender in Sache Liebe, Freiheit, Nähe und Loslassen.

Und ich sehe und staune...
Über das Mass an Fülle...

Als liebender Mensch werde ich immer wieder gefunden, auch wenn andere einen anderen Weg gehen wollen.

Wenn sich gemeinsame Wege verzweigen, wenn sich Wege trennen,
so weiss ich, ich bin auf meinem Weg, auf dem, auch in steinigen Abschnitten, mir immer wieder eine Quelle der Erfrischung, eine schöne Aussicht, ein guter Rastplatz und Mitreisende begegnen die mich einladen ihr tiefstes innerstes Selbst in absolutem Respekt und Achtsamkeit zu entdecken...

Im Rahmen meiner bescheidenen menschlichen Möglichkeiten kann ich sagen, ...wir wachsen dabei...

Was in Liebe, sehr sanften bis situativ harten, undundund...Sex nicht ausschliesst, sondern aus einer menschlichen Sicherheit heraus die weit mehr als sog. "Urvertrauen" , sondern ganz individuelle wirkliche Wahnehmung entehen lässt, erst wirklich ermöglicht...

Deshalb gibt es für mich keinerlei polyamoren Alltag - sondern nur von allem anderen völlig frei gehaltene Zeiten völliger Intensität.

Die restliche Zeit lebe ich allein.
Sonst wäre diese komprimierte Zeit und Intensität weder auf Dauer haltbar, noch auf Dauer lebbar...
und meine Liebe und Lust würden in den banalen Alltagsritualen wieder untergehen, wie vor langen Zeiten einmal...

Nur ein Zwischen-Ergebnis eines Lernenden, mit dem ich tatsächlich so etwas wie Glück leben kann/darf...

Ohne jeglichen Wahrheitsanspruch, ohne jegliche Anmassung, nur meine subjektive Sicht auf das Zwischenergebnis eines langen Weges, der sich hoffentlich noch weiterentwickelt...

Nur ein paar allgemeine Nacht-Gedanken dazu, ohne direkt auf einen Beitrag einzugehen...
*******Maxx Mann
11.953 Beiträge
Ich lebe seit einigen Jahren PolyAmor.
Mit persönlich gefällt jedoch der Begriff verantwortlich Frei besser.
"Verantwortlich frei" ist aber etwas anderes als "Polyamor" *zwinker*

Vielleicht kann man auch andere Menschen lieben, ohne sie in die eigene "Verantwortung" mit einzubeziehen.
Sehr viele sehen aber in der Liebe auch das Bestreben, den/die Geliebten mit in die eigene Lebensgestaltung einzubeziehen. In dem Augenblick übernehme ich aber auch eine Mitverantwortung für die Anderen - so wie sie auch für mich. Wie habe ich in meinem Profil dazu geschrieben: "Das Glück der bestehenden Partnerschaft(en) steht im Mittelpunkt."

Verantwortlich frei kann ich nur leben, wenn ich keine Partnerschaft lebe.

"Eifersucht" stellt sich bei mir normalerweise nur dann ein, wenn ich aus irgendwelchen Gründen nicht gut auf mich selbst geachtet habe und/oder ggf. mein Selbstwert-Gefühl beeinträchtigt ist.
Das kann ich unterschreiben *g*
Ich sehe Eifersucht auch als Warnsignal dafür, dass etwas in mir nicht stimmig ist, in meinen Gefühlen zu mir und/oder zu meinen Geliebten.

Insgesamt finde ich deine Gedanken sehr schön, ich habe sehr viele Parallelen zu meinen wiedergefunden. Das wichtigste im Leben scheint mir auch zu sein, offen und liebend auf andere zuzugehen - ohne Erwartungshaltung, aber dennoch mit Wünschen und Träumen. Seit ich das mache, erfahre ich ständig positive Resonanzen, die mein Leben bereichern. *ja*
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Der letzte Satz gefällt mir gerade ganz besonders gut.
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
OK *zwinker* : Der Vorletzte UND der Letzte! *zwinker*
****ab Mann
1.787 Beiträge
Liest sich ja alles gut und klingt auch logisch, ABER die Praxis...

Meine Beiträge in diesem Thread bezogen sich auf in der Praxis gesammelte Erkenntnisse.

Man soll sich das bitte nicht so vorstellen, wie "heute besiegen wir unsere Eifersucht", und am Ende des Tages ist man nie wieder eifersüchtig, so funktioniert das nicht. Es ist schon ein wenig mehr Zeitaufwand, Willen und Disziplin erforderlich.

Ich kann bei Eifersucht keine Vorteile erkennen... sie stört, schmerzt und lenkt mich von Dingen ab, die ich eigentlich erledigen sollte... freilich könnte Eifersucht unter Umständen beim betreffenden Partner Reaktionen bzw. Aktionen auslösen, die man sich wünschen würde. Aber wenn man sie sich um den Preis der Eifersucht "erkauft", dann ist es vergiftet und letztenendes unbrauchbar.

Genau, die Eifersucht stört, schmerzt und lenkt ab.
Das Programm, dass die Reaktion auf den Schmerz beinhaltet wirkt.
Zunächst geht es darum, alle Handlungen, zu denen man sich auf Grund des Schmerzes hingerissen fühlt zu unterlassen. Also quasi den Schmerz annehmen, akzeptieren und ihm keine weitere Priorität einräumen. Das schafft man am besten, in dem man sich sagt, "Der Schmerz geht vorrüber".

Wenn diese Handlungen ausbleiben, gibt es keine Rückkopplung gegenüber Deiner Liebsten und sie reflektiert Deine Handlungen auch nicht mehr zu Dir zurück. Das "Gift" hört auf zu wirken und der Schmerz hat keine Chance mehr sich zu nähren.
studie
******Bln Mann
2.686 Beiträge
Das Programm, dass die Reaktion auf den Schmerz beinhaltet wirkt.

Deine Ansicht unterstellt, dass man sich alles bewusst vergegenwärtigen kann. Manche Aspekte der Eifersucht betreffen aber auch sog. "Urängste" und da ist die Ursache nicht mehr bewusst nachvollziehbar, weil sie im frühen Kindesalter gesetzt wurde. (Trennungstraumate, Verlassenheitsängste). Somit handelt es sich, um bei der Programmiersprache zu bleiben, um einen Virus im Bootsystem, den du nicht so einfach killen kannst.

Aber man kann schon in einem gewissen Rahmen gegensteuern, wenn man lernt , dem anderen nicht die "Schuld" zu geben.
...um bei der Programmiersprache zu bleiben, um einen Virus im Bootsystem...

Den find ich klasse, der Bootvorgang beim Leben kennen lernen...

Ich sag bei Vergessenem auch manchmal, das war nur im Arbeitzspeicher...
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ Skyward
Vielleicht ist der Kern der Sache auch nur die immer wieder spannende Frage:

Hast Du manchmal das Gefühl der Eifersucht? Oder hat die Eifersucht Dich?

Wir alle haben Gefühle, manchmal sehr unpassend, unerwünscht und störend, auch sogenannte "negative" Gefühle. Aber - muss man sich von ihnen beherrschen und tyrannisieren lassen? Sind wir ihnen wirklich völlig hilflos ausgeliefert?

Oder können wir nach und nach lernen, sie einfach nur zur Kenntnis zu nehmen (also keinesfalls zu verdrängen oder wegzuschieben) und nicht gleich Angst davor zu haben oder womöglich in Panik zu geraten? Das Gefühl gehört zu Dir, Du hast es, aber Du bist es nicht. Und es gibt keinen Grund, sich ihm zu unterwerfen - da gibt's weit schönere Gefühle, denen z. B. ich mich nur allzu gerne hingebe ...

Aber ich entscheide, welches Gefühl mich gerade beherrschen darf und welches nicht, welches ich zwar wahrnehme und beobachte, aber ihm deshalb nicht gleich Macht über mich gebe.

*zwinker*

(Der Antaghar)
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Schöner Gedanke, dass das so gehen könnte.
Es erfordert die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst und ein gesundes Selbstwertgefühl.

Ich weiß auch, dass Verlustangst - welche ja hinter der Eifersucht steckt - verknüpft ist mit dem Gedanken, dass wer anderes toller, hübscher, besser oder was auch immer ist, als ich selbst es bin.

Wie kann dieses blöde Gefühl entstehen, wenn ich mich von meinem Partner so geliebt fühle, wie ich es tue? Wenn ich doch selber weiß, dass eine Liebe der anderen nichts an Emotion nehmen muss und davon überzeugt bin, dass jede Verbindung besonders ist...
*****har Paar
41.020 Beiträge
Ich weiß auch, dass Verlustangst - welche ja hinter der Eifersucht steckt - verknüpft ist mit dem Gedanken, dass wer anderes toller, hübscher, besser oder was auch immer ist, als ich selbst es bin.

Das ist aus meiner Sicht zunächst mal Konkurrenzangst, meist gepaart mit Neid. Und das führt dann häufig zu Verlustangst. Soweit stimme ich gerne zu.

Doch: Ich kann ohnehin niemals jemanden verlieren, der mir gar nicht gehört, der nur sich selbst gehört.

*


Es wird immer und überall jemanden geben, der besser, toller, hübscher ist als ich. Wer glaubt, der beste, schönste, tollste Mensch aller Zeiten zu sein, der ist entweder krankhafter Narzisst oder leidet an Größenwahn. Ich z. B. glaube das von mir nicht und weiß, dass meine Partnerin(nen) jederzeit und überall noch großartigeren Männern begegnen kann. Na und? Sie liebt mich - und wer liebt, wechselt nicht einfach mal rasch zu einem anderen, nur weil der hübscher oder toller oder besser ist. Sondern der liebt vielleicht noch einen anderen zusätzlich, aber verlässt mich doch deshalb nicht gleich. Und das nennt man dann, glaube ich, auch Polyamorie. Und sind wir nicht in dieser Gruppe?

Besser ist es, sich selbst einfach so zu akzeptieren und zu mögen, wie man ist, also Freundschaft mit sich selbst zu schließen. Das ist ratsam, denn immerhin muss man wohl oder übel sein gesamtes Leben mit sich selbst verbringen - und wer lebt schon gerne mit jemandem, den er nicht mag?

Das pflegt man dann auch "Selbstliebe" zu nennen (ich halte Selbstakzeptanz für das bessere Wort). Und daraus resultiert: Ich bin, wie ich bin, und ich arbeite daran, noch besser zu werden. Aber es gibt immer jemanden, der noch besser ist.

Wenn ich nun also meine Partnerin wirklich für so oberflächlich halte und glaube, dass sie sofort zu jemand anderem wechselt, nur weil der noch toller ist als ich - dann weiß ich, dass sie mich nicht geliebt hat. Und dann verliere ich auch nichts.

Also - warum Verlustangst?

Ich wiederhole: Ich kann ohnehin niemals jemanden verlieren, der mir gar nicht gehört. Ich kann nur dankbar und glücklich sein, weil mich jemand begleitet und meinen Weg mit mir geht!

Wenn ich dennoch Verlustangst spüre, dann kommt das aus grauer Vorzeit, sehr wahrscheinlich aus meiner Kindheit, als ich tatsächlich existenziell gefährdet gewesen wäre, wenn Mama mich verlassen hätte. Doch heute bin ich erwachsen und die Welt geht nicht mehr unter, selbst wenn ich wirklich verlassen werde.

*g*

(Der Antaghar)
****ab Mann
1.787 Beiträge
Deine Ansicht unterstellt, dass man sich alles bewusst vergegenwärtigen kann.
Nein, das unterstelle ich nicht, vielleicht ist es nur nicht deutlich genug hervorgegangen.

Manche Aspekte der Eifersucht betreffen aber auch sog. "Urängste" und da ist die Ursache nicht mehr bewusst nachvollziehbar, weil sie im frühen Kindesalter gesetzt wurde. (Trennungstraumate, Verlassenheitsängste). Somit handelt es sich, um bei der Programmiersprache zu bleiben, um einen Virus im Bootsystem, den du nicht so einfach killen kannst.

Das sehe ich wie Du, diese Urängste manifestieren sich in sehr subtilen Körperempfindungen, Kribbeln, Wärme-/Kälteempfindungen, Verspannungen, Verkrampfungen, Schmerz, etc.
Diese Empfindungen sind einfach da, wenn man sich in Situationen begibt, die mit dem Traumata assoziiert werden.

Wenn man es sich bewußt vergegenwärtigen könnte, würde das bedeuten, dass man einen z.B. Schmerz in einer Körperregion direkt dem z.B. Eifersuchtsempfinden zuordnen könnte.
Das wäre toll, wenn es so einfach wäre und Psychotherapie würde so einfach und erfolgreich werden, wie Knochenchirurgie.

Man kann nicht direkt die Eifersucht bekämpfen, aber wenn ich mich meinen Empfindungen bewußt, wie beschrieben stelle, hab ich die Chance Schicht für Schicht abzutragen und irgendwann auch bei meinen Urängsten zu landen und dann die Wirkungsweise des Viruses zu beseitigen.

Es ist auch nicht wichtig zu jeder Empfindung das entsprechende Programm ausfindig zu machen. Es geht darum, seinen Körper bewußter wahrzunehemen und sich der möglichen Folgen seines Handelns bewußter zu werden.

Eifersüchtig sein alleine ist nicht das Problem, es wird zum Problem, wenn man dadurch beeinflußt auf seine Umwelt losgeht.

Es gibt Menschen, die werden ungeniesbar, wenn sie z.B. hungrig sind.
Dieses Verhalten, welches sie dann an den Tag legen ist ihnen oftmals auch nicht bewußt. Sie reagieren einfach nur auf das Gefühl des leeren Magens. Erst das Bewußtsein darüber, dass ich bei dem Hungergefühl so agieren könnte, dass mich meine Umwelt als ungeniesbar empfinden könnte, ermöglicht mir meine Handlungen bewußter zu machen bzw. meinem Empfinden keine Priorität beizumessen und meinem Programm entgegenzuwirken.

Und genau das ist die Krux bei Eifersucht in Poly-Beziehungen.
Ich weiß, dass ich Eifersüchtig bin und dass mein Handeln mir schaden, weil sich ein geliebter Mensch unter Umständen von mir abwenden könnte.
Das produziert nochmal eine zusätzliche Angst, die ebenfalls wieder zu "falschen" Handlungen führen kann. Man begibt sich in einen Teufelskreis, der bei einer bewußt oder unbewußt wahrgenommenen Empfindung begonnen hat.
Ich find das toll was ihr schreibt, aber in meinen Augen kann da noch mehr sein, was da folgt. Es sind nicht immer nur Empfindungen, ich hab grad ein Bild von getriebenen Menschen vor Augen.
Ich glaube, weiß es aber nicht, daß Eifersucht eine der umfassendsten Varianten ist, Urängste zu reaktivieren. Und zwar möglicht viele aller vorhandenen Urängste. Es gibt so einen Cocktail der heißt Zombie, weil da fast alles drin ist, und davon auch vieeel.

Eure Beschreibungen sind eine hilfreiche Anleitung mit Gefühlen/Stimmungen umzugehen, ich find sie nachvollziehbar und stimmig. Dazu gehört aber auch die Gelegenheit zur Reflektion oder Bewusstwerdung.
Und die ist nicht immer da, was ist, wenn jemand sich gezwungen fühlt, gedrängt, bedroht durch seine Gefühle, in Aktion treten zu müssen, weil es wirklich nicht mehr anders auszuhalten ist??? Also der Extremfall, die richtige innere Notsituation.
Ja, innerlich zur Ruhe kommen ist dann ein Patentrezept. Und es gibt oft genug Möglichkeiten das zu schaffen. Aber nicht immer.
Auf dem Weg dorthin, wo man die innere Ruhe wirklich wieder finden kann, sind bestenfalls wenige Stolpersteine. Und Murphys Gesetz vergrößert diese Stolpersteine meistens.
Ich glaube das die Notsituation bei Eifersucht öfter der Fall ist. Reflektieren kann man im Nachhinein wenn der Wind aus den Segeln ist, da sind Eure Ratschläge gut angebracht. Wenn man soweit ist, dann ist das Schlimmste meist schon überstanden, Entwicklungsschritte erreicht. Aber direkt in solch einer Situation ist man regressiv unterwegs, und nicht Herr seiner Sinne.
O.k.,

ich mach mal Vorschläge in einer Notsituation mit ihr umzugehen, aber bitte nicht lachen, ich meine das ernst. Und da sie ganz praktischer Natur sind, mich interessieren auch Eure philosophischen (etc etc etc) Meinungen dazu.

Man kann das natürlich wieder nur machen, wenn man sozusagen geschnallt hat, daß man sich grad ferngesteuert fühlt, daß man grad nicht "man selbst" ist, eben nicht Herr seiner Sinne.
Es geht dabei darum ein inneres Changing anzuschieben, die Aufmerksamkeit vom Kopfkino weg zu fokussieren:

• kalt Duschen
• die momentane Umgebung wechseln, möglichst mit starkem Kontrast
• einen bewussten Blick in den Himmel, Wolken ansehen und Tierbilder o.ä. suchen
• jemanden anrufen und um Hilfestellung bitten, wieder Boden unter die Füsse zu bekommen, und dann aktiv zuhören (nicht reden)
• sich was gutes gönnen, sich verwöhnen, aber nicht zu ernst nehmen

Bei den Beispielen geht´s nur darum, dem Kopfkino die Aufmerksamkeit zu entziehen, das Gewicht zu nehmen, ihm nicht die Oberhand zu lassen.

Die Bespielliste ist unendlich...
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ Scrat333
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, in der akuten Situation damit konstruktiv und hilfreich umzugehen, wenn man wirklich noch nicht gelernt hat, trotz drängender Gefühle Herr seiner Sinne zu bleiben.

Sie ist sehr gut in dem alten, aber immer noch wichtigen Buch

"Eifersucht - Ein Lesebuch für Erwachsene" (hrsg. v. H. Körner mit lesenswerten Beiträgen von Borneman, Plack u. a.)

von Adalbert Schmidt sehr eindrücklich beschrieben:

Sich eben nicht ablenken oder abkühlen, aber auf jeden Fall allein bleiben (damit man keinem schadet) oder einen wirklich guten, neutralen Freund oder Therapeuten bei sich haben, der ein wenig aufpasst. Sich dann den Gefühlen total ausliefern und hingeben, sie voll ausleben (z. B. heulen und toben, sich die Haare raufen und auf dem Boden wälzen, alle verfügbaren Kissen verprügeln und zerfetzen, auf einen Boxsack einprügeln etc.) - und dadurch an die eigentliche Ursache bzw. Quelle der Gefühle kommen.

Die ist nämlich nicht die aktuelle Situation, sondern ganz was anderes, und an die kommt man dann ran - womit sich vieles für die Zukunft klärt und erledigt. Und wodurch man auf einmal begreift, was wirklich hinter der Eifersucht steckt ...

(Der Antaghar)
@scrat333
Deine Vorschläge sind aktive Verhaltensmuster welche eine Form von vielen Bewältigungsstrategien ist um den Stressor (hier halt die Eifersucht) zu reduzieren. Solche Strategien sind wichtig um innere Unruhe/Stress/Belastung zu minimieren und die Abwärtsspirale zu stoppen. Egal ob es sich bei dem Stressor um Eiferucht,Trauer, Aggression oder sonst was handelt.
Es gibt unzählige verschiedene Bewältigungsmuster (direkte, indirekte, aktiv, passiv, palliativ) jenachdem was für ein Typ wir sind agieren wir anders. Wichtig ist das reagiert wird und man aus der Belastungssituation wieder rauskommt.
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Wenn ich in Situationen komme, in denen ich negative Gefühle habe, so male ich mir den absoluten Supergau aus - die "schlimmste anzunehmende Katastrophe" und versuche diese bis ins Extremste auszuschmücken.

Klingt vielleicht total seltsam, aber dann erscheint das Hier und Jetzt schnell als undramatisch und manchmal kann man sogar schmunzeln.
Funktioniert oft, aber nicht immer.

Ich habe festgestellt, dass ich in Situationen eifersüchtig war, wo überhaupt kein Grund dazu bestand.
Hätte ich in früheren Beziehungen einen Grund dazu gehabt, war ich nicht eifersüchtig, weil ich gar nicht ahnte, dass es dazu Anlass gegeben hätte.

Polyamorie KANN also - durch den Anspruch auf Ehrlichkeit - eine Chance sein, an sich selbst zu arbeiten, weil man ja Infos bekommt, die viele Menschen mit monogamem Anspruch dem Partner verheimlichen.

Klingt alles nicht schlecht, ABER *zwinker* ich stehe mir da leider im Weg, weil ich selbst nicht dem entspreche, was mir gefällt - rein äußerlich. Wer in einer Krise steckt und sich selbst nicht annimmt, kann leider nicht immer umsetzten, auch, wenn er vieles erkennt.
@ Anthagar
....Quelle der Gefühle....

Die ist nämlich nicht die aktuelle Situation, sondern ganz was anderes, und an die kommt man dann ran - womit sich vieles für die Zukunft klärt und erledigt.

An die Quelle der Gefühle oder Bedrängnisse zu kommen heißt leider nicht automatisch, daß sich für die Zukunft vieles erledigt. Auch das Gegenteil kann eintreten, Stichwort Retraumatisierung oder Verfestigung der Muster.
Die Beschriebene Idee ist die richtige um etwas Verarbeiten zu können, jedoch wär´s mir zu heiß dabei Jemanden zu begleiten. Und zu empfehlen, das allein für sich zu machen finde ich noch riskanter, daß´s nach hinten losgeht und statt Entwicklung Verhärtung eintritt. Wer darin Übung hat kann das hinkriegen, aber so viel Selbstdisziplin lässt solche Notsituationen vielleicht auch garnicht erst zur Not werden.
*****e_3 Frau
2.064 Beiträge
Mich hat so einiges im Leben dazu gebracht, mir 2011 therapeutische Hilfe zu suchen.
Diese Entscheidung war gut!

OK - ich gebe zu, dass ich fast ein Jahr brauchte, um das Thema Polyamorie anzusprechen, aber die Reaktion der Therapeutin war OK.
*zwinker*
Sie hat offen gesagt, dass sie davon noch NIE gehört hätte.
Ups!

Sie ist schon länger in dem Job und hat viel Zulauf.
Vielleicht deshalb, weil sie auch das "interessant" fand und googlen wollte.

In jedem Fall brachte mich das in die Situation, ihr erklären zu müssen, womit ich selbst bei mir nicht völlig im Reinen bin.
Eine interessante und - wie ich sagen kann - gute Erfahrung.
****ab Mann
1.787 Beiträge
Eine weitere gute Methode um die Notsituation zu überstehen wäre, sich zu sagen, dass es vorrüber geht und dabei seinen Aufmerksamkeitsfokus auf den Luftstrom, der durch den Atem erzeugt wird zu richten.
Dazu stellt man sich ein Dreieck vor, dass von den Naseneingängen bis zur Oberlippe gebildet wird.

Es ist eine gute Konzentrationsübung, die automatisch zur Regulierung des Atems führt und dabei von üblen Gedanken ablenkt.

Diese Übung kann man nahezu überall machen (beim tauchen sollte man es vermeiden) und das auch beliebig lange.

Wem das so nicht gefällt hat noch die Chance sich in eine unbeobachtete Ecke zu flüchten und seine Mundwinkel für ca. 5 min. zu einem bewußt überbreitem Grinsen zu verziehen.

Genauso wie das Gemüt die Mundwinkel steuern kann, funktioniert es auch anders herum. Breitgezogene Mundwinkel erheitern das Gemüt.
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