Einverständnis vs. Liebe
In Maxx' und Joshis' Beiträgen lese ich einen starken Wunsch nach Einverständnis und Harmonie mit dem Partner.
Da fragt sich: mit welchem?
Was ist, wenn ich zwei Menschen liebe, und ich in einer Situation den Konflikt habe, dass einer von beiden leidet und heult und gar nicht einverstanden ist mit dem, was ich tue? Wenn ich gar nicht anders kann, als einem weh zu tun?
Die eine Frau heult, wenn ich nicht komme, die andere, wenn ich gehe. Da hilft nur: beide in den Arm nehmen, zu beiden auf Distanz zu gehen oder mich in der Situation für eine zu entscheiden - aber für welche? Oder der Wechsel: mal lasse ich die eine heulen, das nächste Mal die andere.
Sorry, all das finde ich krank. Das passt dann für mich nicht mehr.
Egal. Das überspitzte, aber nicht ganz unrealistische Beispiel soll die Frage aufwerfen:
Wieviel Einverständnis braucht polyamore Liebe und wozu?
Wieviel Macht gebe ich einem Menschen, mich mit seinem Nicht-Einverständnis, von einem anderen Menschen, mit dem ich zusammen sein möchte, fernzuhalten?
Wie erkenne ich, ob verweigertes Einverständnis lediglich Ausdruck von Eifersucht, Konkurrenz, Kontrolle und/oder Ego-/Macht(spiel) ist?
Wieviel Leid und Uneinverständnis mute ich einem geliebten Menschen zu, der angeblich polyamor mit mir leben möchte?
Wann vereitele ich durch altruistisches Verhalten Wachstumschancen - für beide Beteiligten persönlich und für die Beziehung als eigenes soziales System?
Ab wann gebe ich nur aus eigener Verlustangst nach und distanziere mich von einem anderen Menschen - situativ und/oder grundsätzlich?
Wieviel Eigeninteresse und Egoismus kann ich mit mir vereinbaren, wenn ich den Anspruch an mich habe zu lieben - besonders dann, wenn ich wegen konkurrierender Wünsche an mich gar nicht anders kann, als mich mindestens einem Menschen gegenüber immer wieder mal "lieblos" zu verhalten?
Was, wenn meine Liebe in zu einer Frau in Widerstreit zu meiner Selbstliebe oder gar Selbstachtung gerät?
Die Frage nach dem Einverständnis lässt sich noch weiter fassen: bedarf es eines Einverständnis aller Liebsten zu dem, was ich mit einem anderern Menschen tue? Sexuell, gesellschaftlich usw. Da kommt das Thema "Revierkämpfe" auf den Tisch. Es gibt Areale wie Safer Sex, "nicht in unserem Bett, unserer Wohnung", nicht mit weiteren Frauen/Paaren usw. Die ganze Regelsch...
Ab wann führt eingefordertes Einverständnis dazu, dass Liebe nicht mehr frei und erfüllend ist?
Mein Denken über diese Fragen nähren meine Zweifel, ob das Erfordernis eines wie auch immer gearteten Einverständnisses im Namen der Liebe nicht genau diese erwürgen kann, uns der Selbstverantwortung enthebt und sie auf ein einverständiges Gegenüber delegiert. Dass die Forderung nach Einverständnis nichts mit Liebe zu tun hat...
Liebe lässt sein. Liebe lässt los, Liebe lässt frei. Sie verzichtet auf Treue und jedes Verhalten, das nicht freiwillig
aus einem inneren Impuls des Gegenüber kommt. Deshalb hat Liebe es
nicht unbedingt nötig, eigene Bedürfnisse zu haben oder zu äußern, weil Liebe nichts wünscht, will oder (er)fordert. Liebe braucht keine Schutzräume oder Sicherheiten, und Liebe ist unverletzlich.
Sie braucht all diese Ego-Inszenierungen nicht (Eckhart Tolle) weil sie in der Eigenliebe geschützt ist.
Ich weiß schon - die Antworten kann ich nur selbst finden.
Was ich mir wünsche, sind Eure Gedanken und Erfahrungen dazu - nicht mehr. Das macht es mir leichter und weitet meine Sicht.
Tom