Martin_Johannes
Nein, ich zumindest bin nicht persönlich gekränkt. Ich habe vorbeugend darauf hingewiesen, dass ich hier ein Diskussion über Argumente führen möchte...Und dabei sollte es auch bleiben
Ich sah die Tendenz sich lieber mit meiner Person zu befassen als mit meinen Argumenten und das wollte ich im Ansatz stoppen!
Ich denke Sorbas Enthusiasmus für Polyamorie und seine Grundannahme (habe ich so empfunden), dass es eine "bessere" Lebensform ist. Das es quasi gesellschaftliche Probleme löst. Und auch die Grundthese: "Monogamie ist gescheitet"...haben mich provoziert.
Hypothesen bedürfen der Überprüfung und der kritischen Auseinandersetzung! Theorien reichen da meiner Meinung nach nicht aus.
Es regt mich grundsätzlich zum Widerspruch an, wenn jemand Thesen oder Ideen so als allgemeingültige Wahrheit verkauft ohne den leisesten Beweis
Dein Argument finde ich gut
Dies ist eine persönliche Meinungsäußerung (auch wenn ich sie apodiktisch kleide); sie gründet auf meiner persönlichen Grund-Annahme, dass jeder erwachsene Mensch für sich, sein Leben, sein Glück und seine Bedürfnisse selbst verantwortlich ist, und also von niemandem erwarten sollte, dass dieser ihn glücklich macht oder seine Bedürfnisse befriedigt.
Und finde mich da wieder. Menschen die so eine "erwachsene" Haltung zu Beziehungen haben - können glückliche Beziehungen haben und zwar monogam, polyamor oder wie auch immer. Wer "falsche" Erwartungen an eine Beziehung hat wird scheitern.
Deshalb habe ich ja versucht aufzuzeigen, dass es nicht vom Lebensmodell oder den gesellschaftlichen Entwürfen abhängt sondern vom Wesen des Menschen.
Wenn die Menschen zu einer solchen Haltung, wie Du sie beschreibst nicht fähig sind, wird es sie auch nicht "erlösen" zu erklären polyamor zu leben.
Ich denke Beziehungsfähigkeit (so möchte ich es mal nennen) hängt nicht vom Lebensmodell ab.
Ich finde es außerdem problematisch, wenn so zur Globalkritik ausgeholt wird: alles wird vermengt: die sexuelle Treue, die den meisten nicht so liegt, die Sprachlosigkeit in Beziehungen, Unehrlichkeit, das Ehegattensplitting etc. und dann schön umrühren und ein paar Beispiele aus dem Tierreich oder ein paar Philosophen und Theoretiker nennen - fertig ist der Beweis: Monogamie ist gescheitet und Polyamorie ist die Rettung der Gesellschaft und obendrein zeitgemäß.
Das ist Humbug! Menschen haben Fehler - sie sind ängstlich, sie scheuen Veränderungen, sie haben hohe Erwartungen an Andere, sie arbeiten zu wenig an sich selbst, sie lügen aus Angst oder auch nur Bequemlichkeit, sie nutzen andere Menschen aus, sie schauen auf ihren Vorteil, sie besitzen zu wenig Toleranz etc. Noch dazu sehen Menschen sich selbst besser als sie sind, unser Gedächnis und unsere Wahrnehmungen sind keine objektiven Instanzen und der Mensch ist kein Wesen, dass von Logik bestimmt wird, selbst die Fähigkeit zur wilklich freien Entscheidung wird wissenschaftlich angezeifelt. (vgl. Neurobiologie)
HIer kann man ansetzten und das ist ein Kampf den jeder Mensch letztlich selbst führen muss. Freiheit ist (für mich) immer eine Innere!
Doch bei mir kam in den Argument folgendes an: die Gesellschaft unterdrückt uns durch ein monogames Diktat und wenn diese äußere Freiheit - die Befreihung von der monogamen Lebensweise, verwirklicht wird - ergibt sich die innere Freiheit für alle Menschen. Ich glaube das nicht!
Wenn wir die innere Freiheit finden, wenn wir Frieden in uns finden sind wir frei - egal in welchen äußeren Umständen.
Ich glaube: wer keine warme, anteilnehmende Beziehung zu einer Person führen kann, wer nicht offen und einfühlsam kommunizieren kann etc. der wird auch nicht besser, wenn er versucht mehrer Beziehungen zu haben
Und deshalb meine These: Polyamorie funktioniert derzeit höchstens für einige wenige Menschen, denn wie Du richtig sagst: es ist ein weitverbreites Missverständnis den Partner für sein eigenes Glück verantwortlich zu machen
Allerdings würde ich behaupten, dass o.g. Erwartung (und die damit verbundene Nicht-Übernahme von Selbstverantwortung) eine der häufigsten Ursachen für Unglück in Beziehungen ist.
Ich beobachte viel mehr: es ist sehr weitverbreitet alles mögliche verantwortlich zu machen für alles was in meinem Leben nicht gut ist. Die Nachbar, das Wetter, den Chef, das Schicksal - Selbstverantwortung ist nicht sehr beliebt. Schaut Euch mal an wie schwer sich viele Menschen mit Entscheidungen tun - denn das bedeutet ja "Verantwortung" zu übernehmen...
Deshalb sage ich : die meisten Menschen sind nicht reif für Polyamorie - sie sind ja nicht mal reif für die Beziehung zu einem Menschen.
Und diese These: man bräuchte sich nicht trennen, wenn man Bedürfnisse mit anderen Personen ausleben könnte. Oder die Menschen müssten nicht mehr lügen, weil es ist ja erlaubt mehrere zu lieben... Mehrere Personen zu konsumieren, damit diese Bedürfnisse, die einer nicht erfüllen kann, erfüllt werden ?!?- ändert nichts an den Grundübeln!
Ich muss Verantwortung übernehmen für mich und meine Emotionen, Freiheit ist innerlich, Ehrlichkeit ist eine Einstellungssache, Kommunikation kann man lernen. Nichts davon hat zwingend mit Polyamorie zu tun. Ganz im Gegenteil - wenn ich in mir selbst ruhe, wenn ich inneren Frieden habe, wenn meine Beziehungen zu meinen Mitmenschen völlig von der Erwartung an Bedürfnissbefriedigung frei sind: dann bin ich auch ganz alleine glücklich! Dann kann ich Beziehungen haben oder auch nicht - es spielt überhaupt keine Rolle!
Ich bin noch nicht an diesem Punkt aber ich hoffe ihn eines Tages zu erreichen
Und Sorbas: Da schließt sich auch der Kreis zu meinem anderen Thread, den Du hier ins Spiel brachtest: Deshalb ist dieses "Suchen" oder dieses "zwanghafte" - "ich muss mehr Personen haben" für mich irritieren und auch abstoßend - Ich kann die Löcher (Bedürfnisse) in meinem Herzen nicht mit Menschen füllen! Das finde ich mißbrauchend, respektlos, konsumierend...
Ich glaube das nicht. Auch in einer monogamen Beziehung muß niemand lügen, man muss nur Verantwortung übernehmen für sich selbst und sein handeln.