********itch:
Wie wichtig ist euch die Definition eurer Beziehung?
Wieso ist es eine Definition notwendig?
An und für sich ist mir das gar nicht wichtig. "Es ist, was es ist" passt da schon ganz gut.
Aber eine Definition kann der Verständigung dienen. Zwischen den beiden Beteiligten, aber auch nach außen hin. Dabei geht es mir weniger darum, ein einzelnes passendes Wort zu finden, als viel mehr um grundsätzlich Fragen der Erwartung, wohin man gemeinsam will, wie weit, was geht, wo Grenzen sind. Das definiert eine Beziehung ja auch und sich darüber zu verständigen finde ich extrem wichtig, um halbwegs sicher zu sein, dass man auf dem gleichen Dampfer unterwegs ist.
********itch:
Wie wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Beziehungsformen?
Ich finde mich auch in verschiedenen Formen wieder und finde das auch völlig in Ordnung so, die Übergänge können fließend sein.
Aber ich merke schon einen Unterschied, ob ich mich jemandem im polyamoren Modus nähere oder im Rahmen meiner offenen Beziehung/Seite.
Außerdem ist es bei uns so, dass es für meinen Freund einen großen Unterschied macht, er eine Grenze braucht. Wir leben eben nicht die völlig freie Polyamorie.
********itch:
Wie steht ihr zum Thema Bewertung?
Ich finde Bewertungen nicht schlimm, vor allem nicht, wenn sie einfach da sind und sich auch nicht durch Ignoranz selbiger verscheuchen lassen^^
Ich lebe mit meinem Freund zusammen, wir bekommen unser zweites Kind, wir haben ein gemeinsames Konto, wir wollen ein Haus gemeinsam kaufen.
Das werde und will ich so mit niemandem sonst mehr aufbauen und könnte ich ja auch gar nicht.
Wir könnten ggf andere Menschen integrieren, aber auch das ist ja nur begrenzt möglich. Und die Vorstellungen mit drei oder vier Menschen unter einem Dach zu leben, die ja im Zweifel auch selbst wiederum andere Partner haben, schreckt mich ab. Kommune ist nicht so meins^^
Kinder und auch Zusammenleben geben einer Beziehung in meinen Augen definitiv eine andere Basis, eine stärkere Gewichtung.
Dahinter müssen andere Beziehungen bei mir zurückstehen.
Aber selbst als das noch nicht so war: Neue Beziehungen, die gerade erst entstehen, sind zB mMn automatisch erst mal wackeliger, sind sind ja noch nicht gefestigt. Das macht auf der einen Seite einen enormen Reiz aus, birgt auf der anderen Seite aber auch gewisse "Gefahren".
So ist das bei einer neuen monogamen Beziehung aber auch.
Für jemanden, mit dem mich schon zehn Jahrer verbinden, kämpfe ich anders, investiere ich anders, als für jemandem, mit dem es nach zwei Monaten schon kriselt.
Und ja, das alles hat auch Auswirkungen auf meine Gefühlswelt und führt für mich automatisch zu einer Art Bewertung.
Aber dafür schäme ich mich nicht
********itch:
Hier wird ja oft von Center und Wing gesprochen. Sind dann die Gefühle qualitativ oder quantitativ anders?
Bei Center und Wing geht es ja eher um die Konstellation und die "räumliche" Position, die man einnimmt:
Ein Center hat zB zwei Wings, sie sind also ein V, wobei das noch nichts über die anderen Beziehungen der Wings aussagt.
Dabei geht es aber nicht zwangsläufig um qualitative Zuordnung, sondern eher um die Form der Beziehung, zB im Gegensatz zu einem Dreieck, wo alle drei Partner auch untereinander verbunden sind.
********itch:
Ich weigere mich das zu auch nur zu versuchen eine Wertung zu finden, was zugegebenermaßen oft zu Problemen führt, aber mich interessiert hier vor allem wieso das so wichtig ist, weil ich solche Bewertungen als möglicherweise verletzend ansehe und das versuche zu vermeiden.
Aber bloß weil etwas verletztend wirken könnte, kann ich davor doch nicht die Augen verschließen oder vermeiden, es auszusprechen^^
Wenn jemand sich so in mich verliebt, dass er eine Familie mit mir möchte, dann ist das für mich schlicht nicht drin und so viel empfinde ich dann für denjenigen auch nicht.
Das mag für den anderen verletzend sein, aber das ändert ja nichts an den Tatsachen.
Ich empfinde unterschiedlich und auch qualitativ unterschiedlich. Das ist einfach so. Davon, dass ich das nicht ausspreche oder sehen will, ändert sich das ja nicht^^
********itch:
Allerdings ist das eher eine Beschreibung wie gut ich jemanden kenne, wie viel Zeit ich mit demjenigen verbringe und wie viel Vertrauen ich habe.
Eben.
Und empfinde du trotzdem für alle diese Leute gleich? Bekannte und Freunde? Sind sie dir alle gleich wichtig?
Wage ich zu bezweifeln, würde mich überraschen.
Es ist aber völlig ok, dass es so ist. Ich finde das normal und auch gesund.
Kompliziert und problematisch wird es immer dann, wenn unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche aufeinandertreffen.
Meine ehemalige Zweitbeziehung hatte selbst Frau und Kinder. Hätte ich da einen gleichberechtigten Abspruch entwickelt, wäre das einfach für die Beziehung zu viel und nicht angemessen gewesen, bzw hätte zu Problemen geführt.
Aber so, wie es war, war es völlig ok, weil wir beide mit dem "Stellenwert" im Leben des jeweils anderen völlig zufrieden waren.
Auch wenn er hierarchisch untergeordnet war.