Nochmal kurz an Childman: Dein letzter Absatz ist mir aufgefallen... Das "Suchen versus Finden" - ich habe hier im Forum mal einen so lautenden Thread aufgemacht - weil ich an einem ähnlichen Punkt war wie Du. Ich fand auch das (anfangs) ständige "Suchen" meines Partners furchtbar - weil ich dachte (und noch denke), wenn jemand sucht - aktiv und mit recht viel Zeitaufwand - dann fehlt ihm was...Und das hat mich traurig gemacht - zumal mir da auch die offene Kommunikation gefehlt hat. Ich, die ich die Idee von Poly eigentlich ins Spiel gebracht hatte - hatte da eine ganz andere Sache im Kopf - nämlich das mit dem "offen sein für was sich mit
guten Gefühlen ergeben kann", offen für Möglichkeiten dafür, dass das Leben bunt und schön ist...nicht von vornherein ausschließen zu müssen mal gefunden zu werden. Ich hatte ein Bild von Freiheit und Verantwortung und wollte nicht dieses einengende "Denke"...
Bei mir entstand schnell der Eindruck - es wird vorallem sexuelle Abwechslung gesucht, - und mit "Poly" aufgehübscht. Der Eindruck war im übrigen auch nicht falsch
Ich war sehr frustriert, weil das nicht meinem Bild entsprach. Er wollte tun was immer ihm gefiel um seine Bedürfnisse zu befriedigen - Verantwortung fiel da (allen Beteiligten gegenüber) weitgehen hintenrunter...und ich empfand diese Polysache nur noch als - Rechtfertigungsversuch. Kennt ihr die Unendliche Geschichte? Da steht auf dem Amulett: "tu was Du willst" und es stellt sich raus - damit ist gemeint: finde Deinen wahren Willen, tu was Du wirklich im Herzen willst aber nicht: "tu wonach Dir gerade ist"...So in etwa war unser Misverständnis
Inzwischen sind wir etwas weiter...aber was ich für mich gemerkt habe: eine große Skepsis gegenüber all diesen "Modelle" oder "Labeln"!
Ich wollte einen freien Geist...kein vorgefertigtes "Du must so sein" - und leider habe ich gemerkt, viele machen den Schwenk von Mono zu Poly...ohne, dass es dabei mehr Freiheit gibt: nur neue Prioritäten und das ist traurig. Es heißt dann eben plötzlich nicht mehr: "wenn Du mich liebst, bist Du nur mit mir zusammen" sondern statt dessen: "Du musst loslassen können und Dich für mich freuen, wenn ich mit anderen losziehe, sonst ist es keine echte Liebe" - so kommt man von einem Dogma einfach zu einem neuen ohne echte Freiheit, ohne ein Plus an Humanität, Verantwortung und sovielem mehr.
Und obwohl mich diese Erkenntnis sehr ernüchtert hat, glaube ich dennoch, dass es das, was ich mir vorgestellt habe wirklich gibt: Freiheit man selbst sein zu können und echte Wertschätzung, Zugewandheit - zum Leben, zu Menschen, offen sein und liebevoll.
Meine Wahrheit ist: es liegt nicht an den Konstrukten Monogamie oder Polyamorie, dass sie so oft scheitern. Es liegt an den Menschen selbst - und wenn Werte und ein innerer Kompass fehlen...(meine Wertung, schon klar) verkommt das Konstruck halt zur Fassade, zur Rechtfertigung.
Deshalb muss man immer wieder im Einzelfall hinschauen und auch hinfühlen
Und deshalb sage ich: negative Gefühle sind da um genau angeschaut zu werden, ein Warnsignal, dass ich mir nicht abtrainieren will! Statt dessen Hinschauen - was ist mein Anteil, was ist der Situation geschuldet und was brauche ich um mich besser zu fühlen? Und wenn ich weiß, was ich brauche, kommt der schwierigste Punkt: wie bekommen?
Deshalb schwierig, weil man dazu neigt z.B. zu sagen: "ich brauche von Dir mehr Signale der Sicherheit für diese Beziehung." Das klappt so nicht. Es erfordert etwas Übung zu erkennen: Das Problem in diesem Fall lautet vielleicht "gefühlte Disbalance in der Beziehung", ich habe das Gefühl viel zu geben (Verbindlichkeit, Aufmerksamkeit etc. ) und weniger zu bekommen (als ich brauchen würde/will).
Da man den anderen nicht dazu bringen kann (jedenfalls nicht mit tausend Worten) mehr zu "geben" - hat man nur die Wahl: das eigene Verhalten anzupassen!
Mehr Zeit in andere "Projekte" und sich selbst stecken; diese Energie, die man (vielleicht zuviel) ganz auf den Partner richtet, ein Stück weit anders einsetzten. Ergebnis: Balance. Nebeneffekt: gut für das eigene Selbstwertgefühl. Evtl. auch: Lerneffekt beim anderen.
Eigenes erleben ist mit Worten nicht zu ersetzen! Beim Beispiel bleibend: ggf. fehlt Deine Aufmerksamkeit ja auch, vielleicht wirst Du wichtiger, wenn Du nicht so "überpräsent" bist. Manchmal muss man ein bisschen Distanz haben; für sich um zur Ruhe zu kommen und für den anderen, damit er sich wieder auf einen freuen kann.
Jedenfalls raus aus endlosen Machtkämpfen, theoretisch abstrakten Diskussionen um die "richtige" Deutung... Die Reaktion: ich will mehr Nähe, Verbindlichkeit etc. also gehe ich ständig auf Dich zu, gebe Dir diese Dinge (in der Hoffnung sie auch zu bekommen)...und der andere geht immer ein Stück weiter zurück - ist weitverbreitet, menschlich und oft nicht erfolgreich!
Mein neues Zauberwort heißt "spiegeln" - wenn der andere auf Distanz geht (braucht er mehr Freiheit) - sollte man selbst auf Distanz gehen. Wie bei der Wippe, wenn einer sich nach hinten lehnt - muss der andere dasselbe tun - dann bleibt Gleichgewicht. (für mich hat das erschreckend gut funktioniert - dabei scheint es so simpel und schematisch...). Und das ist für mich immer noch schwer - mein Instinkt sagt so oft: "ich will dichter ran" - aber die Erolge sind unübersehbar und ich werde an ihnen lernen
Sorry - es ist viel zu lang geworden. Ich habe mich ein bisschen in Deinen Ausagen wieder gefunden (und es war eine miserable Zeit) - und vielleicht findest Du was für Dich ... Aber ich werde mich jetzt hier raushalten - denn wir sind völlig OT! Vielleicht kann die Moderation ja auch ein Thema abtrennen? Ansonsten kannst Du mir gerne eine PN schreiben.