Eine Mär aus der Provinz

Es begab sich aber zu der Zeit, daß die braven Bürger von Sankt Gevelsberge sich an ihren Flachteigbäcker, den ehrenwerten Enzus Romanus, wandten und diesen fragten, ob er denn am vorigen Abend den König in seiner Taverne bewirtet habe. Dieser antwortete verwundert, daß dem nicht so gewesen sei, und fragte, wie die Bürger auf die Idee kämen.

"Nun, o lukullischer Enzus, wir sahen gestern abend, wie einige Gestalten vor Eurer lieblichen Taverne auf dem Boden knieten, eine Art der Demut, die normal nur dem Könige zusteht."

Der maestro pizzorum war weiterhin verwundert, konnte sich auf die Schilderung keinen Reim machen. Doch dann dämmerte es ihm... Sollte das Geschehen womöglich in Zusammenhang stehen mit der Gruppe von Vagabunden, denen er monatlich in seinem Hause Obdach gewährte? Enzus begann zu grübeln. Sollte seine Großzügigkeit ihm am Ende zum Schaden gereichen? Sollte sein Ansehen in Sankt Gevelsberge leiden, weil die braven Bürger die geschilderte öffentliche Art der Anbetung ablehnten, gar obszön fanden?

Seinen finsteren Gedanken nachhängend begab er sich wieder vor den Steinofen, um das nächste teigige Gewerk in Angriff zu nehmen. Und wenn er nicht gestorben ist, dann bäckt er noch heute.


Und damit es uns auch beim nächsten Mal noch schmecken kann, folgende Moral von der Geschicht: schockt den simplen Spießer nicht. Laßt derart'ges besser sein, sonst suchen wir bald wieder neues Stammiheim.