so war es in Grohnde
Nun sind ein paar Tage vergangen und jetzt möchte ich etwas davon erzählen, wie ich das Wochenende am AKW Grohnde erlebt habe.
Mit einem Freund bin ich am Samstag Vormittag hin gefahren, in ein fast leeres Camp. Alles war noch im Aufbau wir kamen gerade recht für ein Plenum und hörten so, was in den nächsten Stunden so geplant war.
Trecker, PKWs, und Transporter standen kreuz und quer herum, die meisten mit der gelben Fahne geschmückt oder mit fantasievollen Transparenten oder sie waren sogar komplett bemalt. Die "Wendland-Sonne" war schon zu sehen das waren Gorleben-Veteranen
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Der Acker, der uns zur Verfügung stand war mit Stroh bedeckt und das für das Plenum gab es Sitze aus Stroh. Die Volks-Küche war schon aktiv, man konnte sich mit Kaffee, heißen Getränken und kalten Speisen bedienen, im großen Kessel wurde schon ein Eintopf vorbereitet. Es war unglaublich was es dort an Speisen gab, so viele Spenden von den Höfen und wohl auch aus Bio-Läden.
Schlafzelte waren aufgebaut für Leute die nur mit Iso-Matte und Schlafsack ankamen, in einer Ecke standen Zelte herum.
Windgeschützt gab es eine große Feuerschale mit Bänken und Campingsitzen drum herum.
Kinder tollten herum und benahmen sich so, als ob das Camp speziell zu ihrem Vergnügen aufgebaut war
...mit Strohballen und Biergarten-Bänken lässt sich ein Abenteuerspielplatz aufbauen!
Mein Bekannter hatte leider nicht viel Zeit zum Bleiben, für ihn war so etwas neu und er hat die Stimmung auf sich wirken lassen. Ab jetzt wird er mit seiner Familie (vier Kinder) bei Aktionen in der Nähe seines Heimatorts, das heißt im Emsland (AKW Emsland, Brennelemente Fabrik in Lingen und die Anreicherungsanlage in Gronau) aktiv werden.
Als er weg war suchte ich mir Beschäftigung und gerade da kam die Durchsage, dass die Trecker aus Göttingen bald ankommen und dass wir sie gebührend empfangen sollten...der NDR war auch schon da um für Hallo Niedersachsen zu drehen.
Eine Gruppe ging also los...die Straße entlang, um die Ecke und noch ein Stück...ja wie weit denn noch??? Da unter der Überführung wäre doch ein guter Platz.
Kaum waren wir dort, saßen schon die ersten auf Iso-Matten auf der Straße. Die Trecker kamen an wurden mit Jubel begrüßt und konnten "leider" nicht weiter fahren. Zu allem Unglück verkeilten sie sich auch noch ineinander, hatten eine seltsame Panne und wollten natürlich die Leute auch nicht überfahren..und schon war die erste Blockade fertig, die die Hauptzufahrt zum AKW versperrte.
Die Fahrer haben die ganze Nacht dort ausgeharrt, wurden vom warmen Essen und Getränken versorgt und bekamen immer wieder Gesellschaft aus dem Camp.
Langsam stieg die Spannung, noch war nicht klar wo der Frachter "Atlantic Osprey" in Nordenham einlaufen würde. Das Ortungssystem war immer noch ausgestellt und theoretisch könnten sich auch schon am Samstag ankommen.
In Nordenham liefen die Aktionen auch schon auf Hochtouren, da der Midgard-Hafen ein privates Unternehmen ist kann dort so manche kritische Fracht umgeschlagen werden. Cuxhaven und Bremerhaven hatten das Einlaufen des Frachters ja abgelehnt, nachdem klar war was für ein Schrottkahn das ist.
Jetzt ging das Warten los. Das Camp wurde immer geordneter, langsam kamen immer mehr Menschen dazu. Das Feuer brannte, Gitarren und Trommeln spielten und wir sangen Protestlieder
Wehrt euch, leistet Widerstand
gegen Mox-Transporte hier im Land
Schließt euch fest zusammen, schließt euch fest zusammen.....
etwas abgewandelt
Inzwischen kam ein anderer Freund, mit dem ich dort verabredet war und wir genossen die Stimmung zusammen.
Irgendwann rollten die Trecker aus dem Wendland an, das war schon ein beeindruckender Anblick. Mindestens 40 Trecker kamen um uns zu unterstützen. Die Wendländer sind ja nun Castor-gestählt und haben reichlich Erfahrung mit so etwas.
Die Bäuerliche-Notgemeinschaft hatte zu dem Treck aufgerufen, nachdem sie sozusagen um "Amtshilfe" gebeten wurde und nachdem klar war dass der ausgebrannte MOX-Müll dann wohl wieder in Gorleben landen würde.
Als klar wurde dass es noch dauern wird, verständlich die wären ja auch blöd wenn die den Transport mitten am Wochenende fahren würden wenn alle Leute Zeit haben, haben mein Freund und ich beschlossen zu fahren.
Die Stimmung in diesem Camp war schon besonders. Es waren ganz unterschiedliche Menschen dort. Familien, Einzelgänger in fast jeder Alterstufe...nur die ca 25 bis 40 jährigen waren wenig, ich frage mich warum?
Die Menschen richteten sich für die Nacht ein, das Feuer brannte, die Volksküche produzierte ein leckeres Essen nach dem anderen. Im Camp war Alkohol- und Drogenverbot und alle hatten sich was zu sagen. Es ging um die Sache und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Keiner erzählte vom untreuen Ehemann oder von den Schulproblemen der Kinder, das Ego trat in den Hintergrund und die Gespräche drehten sich um den Grund, warum sich alle hier versammelt haben.
Ab und zu kam eine Durchsage mit den neusten Nachrichten...irgendwann sind wir dann gefahren.
Mit etwas Abstand sahen wir dann eine fast plakatreife Szenerie. Das Camp, den Feuerschein, die Wärme und das alles überschattet von dem kalt und elektrisch angestrahlten AKW.
Was dann am Sonntag abging, kann ich kaum beschreiben. Es war schon dunkel als wir ankamen, von zuhause aus haben wir verfolgt wo der Transport ist, von den Aktionen in Nordenham und Grohnde gelesen. Via SMS kamen die wichtigsten Nachrichten durch und als wir dort waren, war das Camp voll, die Kreuzungen blockiert, Polizei aufmarschiert und ab da war es ein einziges Hin- und Her-Gelaufe. Es war dunkel, man bekam so schnell nicht mit was wo gerade los war. Die Blockade unter der Brücke haben wir mit getragen aber ehrlich gesagt hatten wir keine Lust mitten im Getümmel zu sein. Es war kalt und regnete und es war ungemütlich und beängstigend. Es wurde Pfefferspray gegen angekettete Menschen eingesetzt und so harmlos wie die Polizei es darstellte, war das alles nicht.
Wir hörten Durchsagen, Ansagen, Treckergedröhn und irgendwann wurde es uns zu viel, wir wollten wieder nach Hause.
So scharf waren wir auch nicht drauf in die Nähe der Transporter zu kommen.
"Heldin" bin ich nicht. Präsenz zeigen ist wichtig, aber ich möchte es nicht unbedingt zur Gewohnheit machen weg getragen zu werden, "geräumt" zu werden.
Im Nachhinein denke ich auch über den Sinn und Unsinn solcher Aktionen nach. Es hat ein wenig Presseaufmerksamkeit gebracht und ich denke dass Grohnde und MOX inzwischen in einigen Köpfen mehr präsent ist. Sollte ein neuer Transport geplant sein werden mehr Menschen kommen.
Können wir es aufhalten? Aus Eon Kreisen hört man dass dort kein Mensch an den Atomausstieg glaubt. Also heißt es am Ball zu bleiben, nicht nach zu lassen. Auf die Straße zu gehen und die Wut und Entschlossenheit zu zeigen.
Die Brennelemente liegen jetzt im Zwischenlager Grohnde und sollen im kommenden Frühjahr eingesetzt werden. Bis dahin ist noch Zeit, vielleicht schaffen wir es den nächsten Schritt zu verhindern.
Es darf nicht bei diesen Blockaden bleiben, es müssen Demos geplant werden die mehr Menschen anziehen, es braucht Kreativität und fantasievolle Aktionen damit das Thema in den Köpfen der Menschen bleibt und sie wachsam bleiben. Es gilt die Menschen aufzuklären über das Gefahrgut, das da durch die Städte rollt.
Das Wendland ist wirklich ein Vorbild an Beharrlichkeit. Ohne deren Widerstand wäre Gorleben längst Endlager und ich glaube auch die Anti-AKW-Bewegung wäre aufgelöst.
Ich lese Stimmen von Wendländern, die sich darüber aufregen oder auch nur wundern dass im Weserbergland die Menschen so dicht an dem AKW leben können und dabei still sind. In einem Bericht einer Wendländer Bäuerin las ich eine leichte Herablassung, sie fragte sich warum man das Endlager nicht nach Hameln gelegt hätte, wenn die Menschen dort so still sind.
Vielleicht liegt es daran, dass das AKW nun mal gebaut wurde, dass das Bauen nicht verhindert werden konnte.
Nun steht es da und vielleicht haben die Menschen auch resigniert, sich an den Anblick gewöhnt.
Das gab es damals in Grohnde
und es endete so
Für mich bleibt Entschlossenheit zurück, ich werde mich organisieren und weiter machen.
Mitgenommen habe ich viel Wärme viel Solidarität, Bewunderung für mache Menschen und mache Aktionen und vor allem, als aller wichtigstes,
Das Wissen dass niemand machtlos ist, dass man immer was tun kann, dass es sich immer lohnt für seine Überzeugung einzustehen.
lg
Quendel