Das mag jetzt ganz komisch klingen, aber bezüglich der Angst zu essen, zuzunehmen/abzunehmen und keine Kontrolle über meinen Körper zu haben, hat mir das Buch "Fettlogik überwinden" von Dr. Nadja Hermann geholfen - wahrscheinlich sogar mein Leben verändert.
Ich habe keine Körperschemastörung, aber ich bin ein absoluter Stressesser, der sehr anfällig für "Comfort Food" ist - geht es mir schlecht, tröste ich mich mit Essen. Oftmals hat man dann das Gefühl, keine Kontrolle mehr über sich selbst zu haben.
Dieses Buch hat mir insofern geholfen, als dass es sehr harte, wissenschaftliche Fakten zur Thermodynamik des menschlichen Körpers liefert - also Energiehaushalt (es ist aber verständlich geschrieben, also nichts Hochtrabendes). Von einer normalen Pizza nimmt man nämlich nicht zu. Das Buch hat mir geholfen, das Kalorienzählen zu nutzen, um meinen individuellen Kalorienverbrauch im Auge zu behalten und mich von körperlichen Prozessen nicht mehr so fertigmachen zu lassen.
Wenn du zum Beispiel einen täglichen Verbrauch von 2000kcal hast und eine Pizza etwa 1000kcal hat, ist es schlichtweg biologisch nicht möglich, davon effektiv an Körperfett zuzunehmen - auch nicht, wenn am nächsten Tag ein Kilo mehr auf der Waage ist.
Die Waage... Oh Gott, hab ich die früher gehasst. Da ich aber heute auch weiß, dass Schwankungen auf der Waage - sofern man Kalorien ordentlich zählt und nicht über seinen individuellen Bedarf kommt - nichts mit Körperfett zu tun haben, sondern mit dem Gewicht der Nahrung im Körper und vor allem mit dem Wasserhaushalt, bin ich tiefenentspannt. Nicht nur kann ich auch die größten Nahrungssünden genießen und mache mir da keinen Stress mehr, ich bekomme auf der Waage auch keine Nervenzusammenbrüche mehr.
Die Autorin selbst hat übrigens auch Hashimoto und es gibt einen ellenlangen Abschnitt über Krankheiten. Falls das Buch was für dich ist, einfach um sich mit Fakten zu beruhigen...
Ich selbst habe dadurch eine extrem hohe Kontrolle über mein Essverhalten bekommen. Es gibt zu dem Buch auch einen Blog, Facebookgruppen und ein von Lesern erstelltes Forum (Ohne Unsinn abnehmen). Durch die Gruppen kenne ich eben auch viele Menschen mit Essstörungen (Anorexie, Bulimie, Binging, etc), Stoffwechselerkrankungen oder Lipödem, die ihren Körper und ihr Essverhalten in den Griff bekommen haben, je nach Bedarf zugenommen oder abgenommen haben. Einer unserer "FLÜler" war letztens in der Men's Health. Gerade die Facebookgruppe, in der ich bin, ist für mich auch eine große emotionale Stütze, die Menschen dort sind superlieb und helfen sich gegenseitig.
ABER das ist natürlich nur etwas physisches, griffiges. Halt ein Buch, das dir die nötigen Infos gibt, um selbstständig zu handeln, was speziell deinen Körper betrifft.
Psyche und Gefühle sind was anderes. Ich finde ein "Du musst dich selbst lieben" immer sehr schwierig, weil ich nämlich denke, dass das unheimlich schwer ist, wenn man diesbezüglich keine Rückmeldung aus dem eigenen Umfeld bekommt. Wenn man das Gefühl hat, niemand liebt einen aufrichtig, bekommt man den Eindruck, dass es nichts an einem gibt, was liebenswert ist - wozu sich dann selbst lieben?
Das sind ganz furchtbar giftige Gedanken.
Ich habe gerade eine dreiwöchige Depression hinter mir, wo ich teilweise kaum in der Lage war, die Wohnung zu verlassen oder irgendeine noch so simple Alltagsaufgabe zu bewältigen. Ich war nur noch müde, hätte ständig schlafen können, fühlte mich als Last für alle anderen und fand, wenn ich in den Spiegel sah, dass da kein schöner, liebenswerter Mensch zu sehen ist, sondern jemand, der seine Jugend verloren hat (als ich im April 30 wurde, bin ich in Tränen ausgebrochen).
In solchen Momenten
braucht man andere Menschen. Man braucht diejenigen, die einem am nächsten stehen. Denn ja, ich finde es schwer, mich in solchen Episoden selbst zu lieben, weil ich dann von meiner Position aus gar nicht dazu fähig bin, mich so zu sehen, wie ich wirklich bin. Ich sehe nur den Eindruck, den ich von mir habe und dieser spiegelt nicht die Realität wieder. Ich werde
von außen zurück in die Realität geholt. Mir ist mein Freund da eine große Unterstützung, er bemüht sich dann aktiv um mich, zerrt mich vor die Tür, geht mit mir spazieren, geht mit mir essen, geht mit mir ins Kino, lenkt mich von meinem Unglück ab. Die ersten Schritte sind total schwer, nach fünf Minuten will ich immer am liebsten wieder heim. Aber mit vergehender Zeit wird es besser.
Deswegen finde ich es in solchen Phasen ganz wichtig, dass man sich an Menschen wendet, die einen lieben und unterstützen und die wissen, was man in solchen Momenten braucht. Dazu ist es aber nötig, sich diesen Menschen auch anzuvertrauen. Vertrauen ohne ein bisschen Verletzlichkeit ist nicht möglich. Das erfordert Mut. Und ich finde es verdammt mutig, wenn jemand um Hilfe fragt (auch hier), sich offenbart, seine Verletzlichkeit zeigt. Dazu benötigt man Eier in der Hose.
Was mir auch hilft, ist der Fokus auf Dinge, die ich wirklich gut kann. Jeder kann irgendetwas besonders gut. Ich habe es mittlerweile ritualisiert, mich in traurigen Momenten auf meine Kunst zu konzentrieren. Ich sehe, dass ich etwas wirklich gut kann und dass mich genau das einzigartig macht. Das gibt mir auch immer wieder Selbstbewusstsein. Was man gut kann, muss nicht unbedingt ein sogenannter "Hard Skill" sein - wie Kunst oder ein Handwerk. Viele Menschen können besonders gut zuhören. Sind besonders empathisch. Sind witzig. Haben immer was zu erzählen. Jeder kann irgendwas besonders gut und ist damit ein wichtiges Glied in seinem eigenen, sozialen Umfeld.