Therapiesuche, Wartezeiten, "richtige" Therapie
Wie oft lese ich hier, wie lange man auf einen Ersttermin bei Therapeuten warten muss (der ja dann noch lange nicht der Richtige sein muss; und das stellt sich dann auch oftmals erst nach 2 oder 3 Terminen heraus). Ich selbst habe jetzt fast 8 Jahre mehr oder weniger intensive Suche hinter mir. Mehr oder weniger intensiv, weil es so verdammt anstrengend ist. Vor allem, wenn man dann Erstgespräche hat, die aber ergebnislos bleiben (in meinem Fall etwa 40 insgesamt in diesen 8 Jahren, wobei die mangelnde Bereitschaft auf Therapeuten-Seite lag).
Natürlich gab es auch immer wieder Zeiten, in denen ein dringender Bedarf nicht bestand und ich daher auch nicht effektiv gesucht habe.
Es gab aber auch zwei längere Klinikaufenthalte aus purer Verzweiflung heraus...
Man hat Hoffnung und gleichzeitig Angst, dass es wieder nichts wird. Und oftmals muss man auf den Termin für das Erstgespräch schon wochen- wenn nicht monatelang warten.
Das schlaucht, das zehrt an einem.
Ich habe jetzt seit ganz kurzem eine Therapeutin gefunden. Wie das zustande kam, ist fast schon lustig, wenn es nicht so bitter wäre:
Mein Lebensgefährte hatte bei ihr einen Termin ausgemacht, weil er inzwischen darunter leidet, dass ich keine Hilfe bekomme (Wartezeit für ihn waren 2 Wochen)... 2 Tage nach seinem Gespräch mit der Therapeutin hatte ich einen Kennenlern-Termin bei ihr (wobei sie schon so einiges von mir wusste von meinem Partner, was es mir wiederum leichter gemacht hat).
Dazu muss ich sagen, dass es bei mir um eine komplexe PTBS geht und ich habe explizit nach Therapeuten gesucht, die Traumatherapie in ihren Kompetenzen aufgeführt hatten.
Was ich jetzt gelernt habe (und was euch auch helfen könnte, wenn ihr noch sucht):
• Ich habe explizit nach Traumatherapeuten gesucht. Meine jetzige Therapeutin sagte mir im ersten Gespräch, dass sie das natürlich auch gelernt hat und kann, auch wenn sie es nicht explizit im Profil stehen hat. Also, schränkt euch nicht auf eine spezifische PS ein, sondern versucht es auch bei Psychologen/Psychotherapeuten, die nicht nur auf eure eigene PS spezialisiert sind
• ich wechsle jetzt meine Krankenkasse von einer BKK auf die AOK, unter anderem weil diese Therapeutin im AOK-Hausarztprogramm ist, weshalb auch mein Partner so schnell einen Termin bekommen hat. Ich habe mich da nicht schlau gemacht, ob auch andere Krankenkassen ähnliches anbieten. Es kostet nicht mehr als den normalen KK-Beitrag, man bekommt aber sehr zeitnah Termine bei den jeweiligen Fachärzten (weil die KK quasi Termine im Vorfeld "kauft", die dann eben auch von den Ärzten/Therapeuten frei gehalten werden müssen). Unter der Voraussetzung, dass man einen Hausarzt hat.
• dieses Hausarztprogramm ermöglicht mir im nächsten Jahr die notwendige Traumatherapie, da diese Therapeutin ansonsten nur für Privatpatientien bzw. Selbstzahler zur Verfügung steht
• ich habe gelernt, nicht gleich im ersten Gespräch mein ganzes Problem-Paket auszupacken (wie gesagt komplexe PTBS mit multiplen Missbrauchserfahrungen und traumatischen Erlebnissen), sondern einfach mal klein anzufangen. Zu viel auf einmal schreckt wohl ab...
Wenn ihr gerade auf der Suche seid, fragt doch mal bei eurer KK nach, ob die nicht auch so etwas anbieten. Ich weiß es nur von der AOK, aber vielleicht ist das bei anderen Kassen ja auch so.
Und noch ein Punkt, den ich ansprechen möchte...
Als ich das letzte Mal in der Klinik war, hatte ich eine wirklich tolle Therapeutin, die dann Mitte des Jahres in den Ruhestand ging. Und ich habe sehr von ihrer Erfahrung und Kompetenz profitiert.
Meine jetzt neue Therapeutin ist ziemlich jung, eigentlich in allen Bereichen das Gegenteil der Letzten. Und ich finde das gut so.
Erfahrung ist nicht alles, junge Motivation ist genau so viel wert.
Ich wünsche allen Suchenden für das neue Jahr, dass sie ihre nötige Hilfe bekommen. Und ich hoffe, ich konnte vielleicht jemandem helfen.
Sperling
