Die geplanten Reformen in der Therapie "Rastertherapie"
Aloha ihr Lieben.Ich bin mir nicht sicher, ob dies hier erlaubt ist, da es schon irgendwo ein politisches Thema ist, eines das uns Menschen mit psychischen Krankheiten allerdings direkt betrifft. Mir liegt das Thema sehr am Herzen, deswegen möchte ich trotzdem versuchen hier gerne darauf aufmerksam machen.
Der Herr Spahn und seine Kolleg:innen hatten nämlich eine „großartige“ Idee. Ihnen ist aufgefallen, dass es ein Problem mit der psychologischen Versorgung in diesem Land gibt. Therapieplätze sind rar gesät, die Wartelisten lang und die Kliniken überfüllt, was durch Corona auch noch mal mehr zugenommen hat. Anstatt aber etwa mehr Therapeut:innen eine Kassenerlaubnis zu erteilen um so mehr Therapieplätze für Kassenpatient:innen zu schaffen, setzen sie doch lieber bei den Patient:innen an … ist ja auch viel wirtschaftlicher.
Die Idee: Therapiestunden werden nach einem Raster vergeben. Bei Frau XYZ wurde, beispielsweise, in den Vorgesprächen eine rezidivierende Depression mit mittelgradiger Episode festgestellt. Das Raster würde dann vorgeben: Mit dieser Diagnose stehen ihr z.B. 24 Therapiesitzungen zu. Punkt. Aus. Ende. Danach hat sie gefälligst geheilt zu sein.
Dinge wie aufrechterhaltende Faktoren, die individuellen Lebensumstände etc. werden null beachtet. Eben so wenig, dass Therapie auch immer Beziehungs- und Vertrauensarbeit zu dem Therapeuten ist und Menschen dieses Vertrauen nun mal unterschiedlich schnell aufbauen können. Psychologie funktioniert so nicht. Das ist keine „Nehmen Sie mal 7 Tage ein Antibitotika und dann geht’s ihnen wieder gut“ - Medizin … und selbst da, wie absurd wäre es, wenn man nach der Antibiotika Behandlung feststellt, mir geht es aber immer noch nicht wieder gut und der Arzt würde einen weg schicken, weil auf dem Papier steht, dass es einem jetzt wieder gut zu gehen hat!
Ich war das letzte Jahr selbst zwei Mal in einer psychiatrischen Klinik und in ambulanter Therapie. Ich war wirklich ganz weit unten. Es ging nichts mehr. Die Psyche legte auch immer mehr den Körper lahm und ich konnte kaum noch schwindelfrei gehen oder vernünftig essen. Die Klinik war mein letzter Hoffnungsschimmer und so schaffte ich es die Wochen durchzuhalten, bis endlich ein Platz frei war. Das was so eine Klinik schafft ist, unter Anderem natürlich, dass ich mich erstmal etwas entspannen konnte. Es ist ein Raum in dem man sich sicher sein kann „Hier wird mir geholfen. Hier bin ich sicher. Hier kümmert man sich um mich und lässt mich nicht alleine. Ich muss nicht alleine dadurch sonder bekomme Unterstützung und Rückendeckung.“
Hätte man mir gesagt „Ok, Sie haben hier 8 Wochen Zeit, danach müssen Sie gesund sein und danach endet unsere Unterstützung.“ … ich hätte nicht gewusst ob ich den Klinikaufenthalt angetreten wäre oder doch die einfacherer Lösung gewählt hätte.
Denn was dann passiert, ist dass ein unheimlicher Druck aufgebaut wird und in dem Zustand, in dem ich war, war es für mich unvorstellbar, wie es mir denn wieder besser gehen könnte geschweige denn in so einem kurzen Zeitraum. Das beruhigende Wissen von „Die sind für mich da bis es mir besser geht und lassen mich nicht im Stich“ wäre damit zerstört und so weiß ich nicht ob Therapien dann noch angetreten werden oder ob eher der Gedanke siegt mit „Das schaffe ich eh nicht.“ Ganz davon abgesehen, dass Vorwürfe und Vorurteile, die sich Erkrankte ohnehin oft schon selbst machen a la 'Man muss sich nur mehr anstrengen. Sei faul. Ein Drückeberger.' etc. wenn man die Therapie nicht im gesetzten Zeitraum "schafft" geschürt werden.
Der nächste Punkt ist, dass die ersten Diagnosen die gestellt werden immer nur Verdachtsdiagnosen sind, die sich im Laufe der Behandlung verändern, erweitern oder auch als nicht richtig herausstellen können.
Bei mir war es eben so. Ich bin mit zwei Diagnosen in die Therapie gestartet, hatte dann zwischenzeitlich fünf Diagnosen und bin jetzt wieder auf drei runter.
Wie soll da das Raster aussehen? Wird die Therapie sofort abgebrochen, wenn sich eine Diagnose nicht bewahrheitet? Muss man für jede neue Diagnose einen neuen Antrag auf ein neues Stundenkontingent stellen? Werden einem Stunden gut geschrieben und dazu addiert, wenn eine neue Diagnose dazu kommt? Werden Stunden abgezogen, wenn eine Diagnose nicht mehr zutrifft, andere aber noch bestehen?
Keine Ahnung wie das praktikabel gelöst werden soll und ich kann es mir ohne hohen bürokratischen Aufwand auch kaum vorstellen.
… So nun aber genug geschnackt. Ich hoffe ich konnte euch erläutern, warum so ein Gesetzt großer großer Mist ist. Wenn ihr die Kacke ebenfalls am dampfen seht unterzeichnet doch bitte diese Petition, damit zukünftig eine Psychotherapie nicht noch komplizierter, anstrengender und zehrender wird, als sie ohnehin schon ist.
Editiert : Petitionen sind im Joy leider verboten