Bipolare Störung / Manisch Depressiv
Bipolare Störung„Gestern noch war ich so aktiv, so leistungsstark, so einfallsreich und schlagfertig, so tatenfroh. Alles ging wie von selbst, ich war der Engel der Nacht und der König des Tages. Kein Ziel schien unerreichbar. Heut sitze ich nun hier und gräme mich. Meine Energien sind verbraucht, ich fühle mich unfähig und kraftlos. Ich bin zu Nichts mehr im Stande und empfinde nur Leere...“
Diese extremen Stimmungsschwankungen sind keine Seltenheit, keine Einbildung und Überspanntheit, sie sind möglicherweise Facetten der bipolaren Erkrankung. Etwa zwei Millionen Menschen leiden in Deutschland an dieser Erkrankung, die zu ungewöhnlich starken Schwankungen der Stimmungslage führt; weltweit sind etwa 2 bis 5 Prozent aller Erwachsenen betroffen.
Häufigkeit:
• Weltweit sind etwa zwei bis fünf Prozent aller Erwachsenen
betroffen
• In Deutschland sind mindestens zwei Millionen Menschen
betroffen
Phasen der Erkrankung:
• Manie
• Hypomanie
• Depression
• Bipolare Mischzustände
• Rapid Cycling
Manie:
Eine Manie ist zunächst gekennzeichnet durch eine gehobene Stimmung, bei der eine Flut von meist hochgestimmten Gefühlen, manchmal auch gereizter Stimmung ausgelöst wird. Diese Phase geht schnell in einen euphorischen Zustand über, wobei man sich sehr viel besser zu fühlen scheint als sonst. Auch das Denken verändert sich. Man glaubt klarer denken zu können und Ideen rasen durch den Kopf. In der Manie können Betroffene zwischen 180 und 200 Silben pro Minute sprechen, eine gesunde Person schafft in der Regel 122 bis 150. Nicht selten gehen Kauforgien, Enthemmung und ein vermehrter Genuss von Alkohol und Drogen mit der manischen Phase einher. Das vermeintliche Glück in der Manie ist jedoch nur von kurzer Dauer. Handlungen werden nicht mehr zielgerichtet ausgeführt, Denk- und Verhaltensmuster sind zunehmend chaotisch oder verändert, und die körperliche Belastung ist in dieser Zeit sehr hoch.
Stimmung:
• Unangemessen gehobene, euphorische Stimmung
• Erhöhtes Selbstwertgefühl
• Reizbarkeit, Wutanfälligkeit
Aktivität:
• Erhöhter Antrieb
• Erhöhte Betriebsamkeit
• Ungewöhnliche, riskante Unternehmungen
• Hemmungslosigkeit
• Rededrang (beschleunigte Sprache)
Körperliche Empfindlichkeit:
• Erhöhtes Energieniveau
• Vermindertes Schlafbedürfnis
• Verminderter Appetit
• Verstärkter Sexualtrieb (Libidosteigerung)
Denken:
• Ideenflucht (beschleunigtes Denken, rasende Gedanken)
• Sprunghaftes Denken
• Eingeschränktes Urteilsvermögen (Selbstüberschätzung)
• Größenideen
Psychose:
• Wahnideen (Größenwahn)
• Halluzinationen (Stimmenhören)
Hypomanie:
Die Hypomanie ist eine mildere Form der Manie. In dieser Zeit ist oft die Kreativität und die Produktivität gesteigert, daher ist der Leidensdruck in einer solchen Phase oft sehr gering. Dennoch können eine gehobene, euphorische Stimmung und Reizbarkeit auftreten. Ein erhöhtes Energieniveau, verstärkter Sexualtrieb und riskantere Unternehmungen gehören ebenfalls zu den Symptomen der Hypomanie. Auch das Denken und die Sprache sind leicht beschleunigt. Im Gegensatz zur Manie sind Handlungen allerdings meistens noch zielgerichtet. Dennoch ist die Veränderung des Betroffenen für die Außenwelt spürbar. Menschen im unmittelbaren Umfeld haben zum Teil den Eindruck, es nicht mehr mit der gewohnten Person zu tun zu haben.
Zu negativen Folgen kann auch das Verhalten in diesem Zustand führen, auch wenn man sich in der Regel sehr wohl fühlt und sich selber gar nicht als krank betrachtet. Euphorie, schnelles Denken und Produktivität erscheinen dem Patienten als normal, häufig nach einer depressiven Phase mit Unwohlsein und Niedergeschlagenheit sogar als Heilungsprozess oder als Genesungszustand.
Die Hypomanie ist auch eine bipolare Episode. Steigt die Anzahl an unbehandelten Phasen, verschlechtert sich auch die Langzeitprognose, indem es zu vermehrten Krankheitsphasen kommen kann.
Depressive Symptome:
Deprimierend, depressiv, Depression... Wer hat diese Wörter wohl noch nicht verwendet? In verharmloster Form hat sich dieses Wort in unserem alltäglichen Sprachgebrauch etabliert, wie in etwa: „Ach herje, sind wir heute wieder depressiv?...“
Ohne Frage, jeder Mensch verfällt mal in ein Stimmungstief. Der Zustand der Depression ist jedoch ein ernstzunehmendes Krankheitsbild. Im Rahmen der bipolaren Erkrankung kann die Depression eine mehrere Monate andauernde Episode sein, die sich beispielsweise durch Gefühle der Wertlosigkeit und Pessimismus äußert. Man ist unkonzentriert und meistens in schwermütigen Gedanken gefangen.
Durch die verminderte Energie verfällt man oft in eine Art Lethargie. Häufig bleibt man am liebsten im Bett liegen, sogar kleine Dinge im Alltag, wie Körperhygiene oder Aufräumen, sind anstrengend. Jede noch so winzige, alltägliche Aktivität kostet Überwindung und fällt einem auf einmal sehr schwer. Traurigkeit und Niedergeschlagenheit machen sich breit.
Sehr häufig tritt auch die Gefühlsleere oder innere Leere auf.
Stimmung:
• Gedrückte, missmutige, unausgeglichene Stimmung
• Stimmungsschwankungen
• Morgentief (die Stimmung ist morgens am schlechtesten und hellt
sich im Lauf des Tages auf)
• Schuldgefühle
• Gefühl der Wertlosigkeit
• Empfindungsverlust für Freude (Anhedonie)
• Sozialer Rückzug (innere Emigration)
• Lebensunmut, Selbstmordgedanken
Aktivität:
• Verminderter Antrieb
• Reduziertes Energieniveau
• Apathie oder Unruhe
• Verlangsamte Sprache
Körperliche Befindlichkeit:
• Schlafstörungen (Schlaflosigkeit/übermäßiger Schlaf)
• Essstörungen (Gewichtszunahme/ Gewichtsverlust)
• Verminderter Sexualtrieb (Libidostörung)
• Müdigkeit
• Verstopfung
• Kopfschmerz
• Rückenschmerz
• Verschlechterung von Befindlichkeitsstörungen (Hypochondrie)
Denken:
• Konzentrationsstörung
• Gedächtnisstörung
• Entscheidungsunfähigkeit
• Denkhemmung
Psychose:
• Wahnideen (Schuld-, Verarmungswahn)
• Halluzinationen (Stimmenhören)
Mischzustände:
Bei dieser Verlaufsform treten manische und depressive Symptome gleichzeitig oder in sehr schnellem Wechsel auf. Diese Diagnose wird gestellt, wenn die Kriterien für Manie und Depression gleichzeitig in der selben Phase zutreffen. Symptome kommen dann fast täglich über einen Zeitraum von mindestens einer Woche vor. Dadurch werden Alltagsfunktionen, soziale Aktivitäten und zwischenmenschliche Beziehungen deutlich beeinträchtigt. Die Symptome der bipolaren Mischzustände lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Depressive, dysphorische Stimmung
• Reizbarkeit
• Hyperaktivität
• Gepresste Sprache
• Feindseligkeit
• Ideenflucht
• Angstattacken
• Wahnvorstellungen (krankhafte Veränderung der Wahrnehmung
und des Erlebens, z.B. Verfolgungswahn, religiöser Wahn,
Schuldwahn)
Ursachen:
Die Entstehung einer bipolaren Störung ist höchstwahrscheinlich multifaktoriell bedingt (Vulnerabilität). Sowohl genetische Faktoren als auch psychosoziale Auslöser dürften eine Rolle spielen, d. h. das Erbgut setzt einen Rahmen für die Erkrankungswahrscheinlichkeit (Prädisposition) und die Umfeldfaktoren beeinflussen Entstehung, Verlauf und Ende der Erkrankung.
Zudem können erbliche Faktoren, biologische Faktoren, Psychosoziale Faktoren und ein extremer Lebenswandel eine große Rolle spielen.
Suizidrisiko:
An bipolaren Störungen Leidende haben generell ein um ein Vielfaches erhöhtes Selbsttötungsrisiko. Durchschnittlich begehen 15 bis 30 % Selbsttötung.
Besonders riskant sind Depressionen, bei denen die Lähmung des Antriebs noch nicht vorhanden oder bereits wieder etwas verbessert ist, so dass die Selbsttötung umgesetzt werden kann. Auch gemischte Phasen (Mischzustände), bei denen in quälender Weise manische und depressive Symptome zugleich auftreten, bergen infolge der dysphorischen bzw. verzweifelten Stimmung und des enorm hohen Antriebsniveaus ein Selbsttötungs-Risiko. Ein weiterer Grund kann sich sogar bei klarer Überlegung zwischen den Phasen halten: Viele Experten halten die Depression für die Krankheit, bei der man am meisten leidet. Bipolare mit ungünstiger Prognose und vielen Phasen zuvor wissen darum, dass wieder und wieder Depressionen kommen werden.
Behandlung:
Aufgrund mitunter mangelnder Krankheitseinsicht der Betroffenen, insbesondere in manischen Episoden oder bei akuter Suizidgefahr, muss eine Behandlung in der akuten Krankheitsphase bei Manien oder schweren Depressionen manchmal gegen den Willen der Patienten als Zwangsbehandlung erfolgen. In den meisten Fällen zeigen Betroffene jedoch Einsicht und lassen sich auch wegen ihres hohen Leidensdrucks freiwillig behandeln. Wenn allerdings manische Phasen erstmals auftreten, können Betroffene keine Einsicht haben, da sie noch keine Erfahrungen über die schweren negativen Folgen gesammelt haben. Bei vielen kommt die Einsicht erst nach mehreren Phasen. Sehr hilfreich für eine erfolgreiche Behandlung ist, wenn sich die Betroffenen über ihre eigene Krankheit informieren und viel darüber lesen, damit sie selbst nachvollziehen können, welche Behandlung in welcher Phase am besten ist; auch deshalb, dass sie ein rechtzeitiges Gegensteuern, welches für ein geregeltes Leben zwingend notwendig ist, erlernen können. Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist die korrekte Diagnose.
In den meisten Fällen ist eine Behandlung mit Medikamenten indiziert und auch zwingend notwendig, weil alleine durch Gespräche die krankhafte Veränderung des Botenstoffhaushaltes nicht ausreichend beeinflusst werden kann.[9] Die medikamentöse Behandlung wird durch regelmäßige Kontrollen und Gespräche unterstützt beziehungsweise überwacht. In Abhängigkeit von Krankheitsverlauf und -schwere kann bei leichten Fällen auch alleine mit einer regelmäßigen Gesprächstherapie eine Stabilisierung erzielt werden. Hierbei ist das frühzeitige Erkennen der Erkrankung ein wichtiger Faktor. Eine bipolare Störung tritt nicht urplötzlich bei einem vorher völlig gesunden Menschen auf, sondern entwickelt sich schleichend. Auf Grund von mangelnden Kenntnissen in der Öffentlichkeit und sogar bei Ärzten, und auch der Scheu vor dem Umgang mit psychischen Erkrankungen, wird bei vergleichsweise milden Krankheitssymptomen oftmals über Jahre hinweg nicht eingegriffen - möglicherweise auch aus Angst vor Medikamenten. Dabei kann der Verlauf durch das frühzeitige Stellen einer Diagnose und mit regelmäßigen Gesprächen stark positiv beeinflusst werden.
Koffein, Alkohol, Drogen :
Neben Stress und Schlafmangel wirken sich auch Koffein, Alkohol, Tabakrauch und andere Drogen bei bipolaren affektiven Störungen ungünstig aus. Oftmals sind zudem Wechselwirkungen mit den verordneten Medikamenten zu erwarten, weswegen ein vollständiger Verzicht darauf meist von Vorteil sein kann.
• Koffein wirkt sich ungünstig auf die Schlafdauer aus und fördert
Nervosität und Unruhe; Bipolare können in besonderer Weise
dafür
anfällig sein und könnten eine Manie dadurch auslösen.
• Alkohol wirkt sich – neben der Gefahr einer Abhängigkeit –
entgegen populärer Ansichten negativ auf Schlaftiefe und
Schlafdauer aus und wirkt enthemmend, was einer
antimanischen
Prophylaxe entgegensteht. Auf der anderen Seite verstärkt
Alkohol Depressivität.
• Nikotin erschwert die medikamentöse Behandlung, da die
korrekte Einstellung durch den Konsum beeinträchtigt wird.
• Cannabis wird von einigen Bipolaren gerne als Eigenmedikation
angewandt. Trotz der womöglich positiven Effekte darf nicht
vergessen werden, dass gerade Zurückgezogenheit und
Trägheit (depressive Merkmale), sowie Paranoia und
Verfolgungswahn (manische Merkmale), durch Marihuana um
ein Vielfaches gesteigert werden können, was der Gesundung
wiederum entgegenwirkt.
• Kokain steht ebenfalls im Verdacht, Manien auszulösen, und in
der Tat gibt es Verhaltensähnlichkeiten zwischen einem Maniker
und einer Person, die Kokain als Rauschdroge missbraucht.
• Amphetamin (Speed) kann in seinem Wirkungsverlauf sowohl
manische Symptome auf dem Höhepunkt des Tripps, sowie
depressive Muster beim Nachlassen der Euphorie auslösen.
Amphetamine begünstigen extreme Stimmungsschwankungen,
wobei u.a. Ruhelosigkeit, Schlafmangel und eintretende
Unsicherheit die wohl langfristigsten Auswirkungen auf die
Psyche haben können.
Psychotherapie:
Sinnvoll ist eine auf die Krankheit abgestimmte kognitive Verhaltenstherapie und/oder Gesprächspsychotherapie und/oder Soziotherapie und/oder Psychoedukation. Empfehlenswert sind außerdem Selbsthilfegruppen, wie sie sich etwa im „Bipolar-Selbsthilfe-Netzwerk“ zusammengeschlossen haben.
(Quelle: KEINE LINKS
und http://de.wikipedia.org/wiki/Bipolare_St%C3%B6rung)
Edit
chrissy