Meine Erfahrung mit Magersucht
Also erstmal vorweg.... ich bin 23 Jahre alt und hatte ca. 14 Jahre lang Magersucht wobei ich dazu schreiben muss, das es A typische Anorexia Nervosa war. Das heißt das ich nicht normal Magersüchtig sondern halt anders Magersüchtig war. Es gibt bestimmte Kriterien, die man erfüllen muss und ich habe nicht alle kriterien erfüllt......Bevor ich etwas über meine Erfahrungen schreiben werde, möchte ich erstmal etwas grundsätzliches über Magersucht schreiben.....
Was ist Magersucht?
-Die Magersucht (Anorexia nervosa) ist die bekannteste und auch nach außen
hin auffälligste Essstörung.
-Magersucht ist eine psychosomatische Krankheit
-Sie zeichnet sich durch eine extreme Gewichtsabnahme bzw. Halten eines extrem niedrigen Gewichtes aus, begleitet von der Befürchtung, dick zu werden. Das niedrige Gewicht wird durch ungewöhnliche Eß- und Gewichtsregulationsverhalten und Verweigerung der Nahrungsaufnahme erreicht.
-10 % aller erkrankten sterben
Diagnosekriterien
-Körpergewicht von min. 15% unterhalb des Normal- bzw. des in der Wachstumsphase zu erwartenden Gewichts.
-Body-Mass-Index (BMI) bei oder unter 17,5
-Selbstherbeigeführte Gewichtsreduktion durch:
- Eingeschränkte und extrem kontrollierte Nahrungsaufnahme
- Vermeidung hochkalorischer Speisen
- Übertriebene körperliche Aktivität (Hyperaktivität)
- Selbstinduziertes Erbrechen oder Mißbrauch von Abführmitteln
• Ständiges Kreisen der Gedanken um Nahrung und Gewicht
• Starke Angst vor Gewichtszunahme
• Fehlen von Krankheitseinsicht
(wenn nicht alle Kriterien erfüllt sind, handelt es sich um eine A typische Essstörung)
URSACHEN DER MAGERSUCHT
In der Literatur existieren unterschiedliche Erklärungsmodelle zur Erklärung der Ursachen von Magersucht. Es gibt keinen universellen Ansatz. Nachfolgend werden vorerst drei allgemein akzeptierte Ansätze aufgeführt.
Familiendynamisches Erklärungsmodell
Die Familiendynamik betrachtet das System Familie als Ganzes und untersucht die Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern. Die Magersüchtigen werden nicht isoliert betrachtet, sondern im Familienkontext, z. B. die Beziehung zu Eltern und Geschwistern.
Magersucht tritt häufig in Familien mit starken Bindungen auf, in denen ein großes Harmoniebestreben herrscht. In diesem Familiensystem haben Magersüchtige als Symptomträger eine wichtige Funktion. Die Krankheit kann zur Aufrechterhaltung des Familienzusammenhaltes sowie der Ableitung von Spannungen und Konflikten dienen. Die Anforderungen an die Familienmitglieder sind in solchen Bindungsfamilien sind in der Regel sehr hoch. mehr ...
Intrapsychische und intrapersonelle Selbstbehauptung
Aufgrund einer "Überangepaßtheit" in der Kindheit entwickeln einige Magersüchtige später ein Ohnmachtsgefühl gegenüber dem eigenen Körper. Häufig können Magersüchtige nur über die Kontrolle des eigenen Körpers und der Überwindung der Hungergefühle sich erleben. Aus diesem Grund gewinnt die Beschäftigung mit dem Körpergewicht an enormer Bedeutung.
Magersucht ist eine Krankheit, die schwer zu bekämpfen ist, ich spreche aus eigener Erfahrung und oftmals habe ich mit anderen Betroffenen darüber geredet, das es doch einfacher wäre Alkoholabhängig zu sein, denn auf Alk kann man verzichten, auf Essen leider nicht. Magersucht ist eine Sucht und schon zu vergleichen mit anderen Süchten.....
Man muss seine Denkweisen, sein tun und handeln komplett neu strukturieren und das Essen neu erlernen um die Verhaltensweisen die krank sind zu verändern.....
Für mich war die Magersucht ein Ventil womit ich andre Dinge weg gemacht habe....
Ich habe durch die Magersucht überlebt, das hört sich vielleicht komisch an, aber es war für mich mein Schutz vor meinen nicht verarbeiteten Erlebnissen. Was nicht heißen soll, das ich die Magersucht damit schön reden will, denn die Probleme haben sich dadurch ja nicht gelöst......
Durch die Essstörung habe ich nicht gefühlt, meine Depression unterdrückt.....
In den Jahren, wo ich Therapie gemacht habe und gerade in den Klinik Aufenthalten ist mir mehr und mehr klar geworden, was ich eigentlich alles verdrängt habe.....
Und auch wenn ich nicht Stolz auf diese Zeit bin..... Weil ich mir selber dadurch viel angetan habe, bin ich trotzdem dankbar das ich durch meine Magersucht überlebt habe.....
Ich schreibe hier von meinen Erfahrungen und wie es bei andren ist und war kann ganz anders sein, denn nicht jede verläuft gleich......
Aber jetzt mal zu den Anfängen meiner Essstörung.....
Bei mir fing es mit ca. 9 Jahren an. Ich habe Schulbrote weggeschmissen und vermieden mit meiner Familie am Tisch zu sitzen. Das waren die Anfänge aber zu Dick habe ich mich in der Zeit nie gefühlt.... Generell habe ich mich nie zu dick gefühlt ich hatte nur immer panische Angst zu dick zu werden, was daran lag, das meine ältere Schwester Dick ist und es immer Stress gab wegen Diäten und so......usw.
Meine Magersucht war mir lange nicht bewusst erst so mit Ende 19 wo ichs für mich selber eingesehen habe....
Und ich weiß aus Erfahrung das man nur daran arbeiten kann, wenn man es selber wirklich will....
Die Mädchen, die noch Krasser aussahen als ich, habe ich für mich als abschrekendes Beispiel genommen.....
Für mich kann ich sagen, das ich viele Jahre ein Gewicht einer 13 Jährigen hatte....
Ich habe nicht zu und nicht abgenommen, bis Ende 19.....
Dann kam der Erste Klinik Aufenthalt.....
Aber das System was es dort gab, hat mir nicht geholfen.... Jeder Mensch ist anders und braucht andere Hilfe.....
Dann habe ich mir eine andre Klinik gesucht und die war super für mich....
Dort habe ich ca.4 kg zugenommen und dann bin ich wieder in meine Wohnung..... Aber die Gewohnheit kehrt schnell zurück und ich bin zur Intervall Therapie nochmal dort hin..... Von mal zu mal habe ich gemerkt was sich alles veränderte, wie ich mich veränderte.....
Ich weiß nicht wie viele es schaffen die Essstörung los zu lassen aber ich weiß das es schwer ist sie zu überwinden.
Jede Sucht überdeckt ein tiefersitzendes Problem und süchte können sich verändern, und aus meiner Magersucht wurde eine Depression, weil ich jetzt dabei bin mich mit meinen Problemen auseinanderzusetzen. Damit geht es mir Zeitweise emotional schlechter, als mit der Magersucht aber es ist der einzigste Weg nach vorne.
Die Rückfallgefahr ist bei Magersüchtigen sehr hoch.
Eine Sucht zu besiegen egal welche ist schwer, sehr schwer......
Als ich das vierte mal in die Klinik bin wurde die Diagnose weg genommen
Ich habe mich tierisch gefreut, aber dennoch geht der Kampf weiter Tag für Tag....... Und es ist ein Kampf mit sich selbst.......
Mein niedrigstes Gewicht lag bei 37-38 kg und da will ich nie mehr hin zurück.....
Es ist auch nicht wirklich jemandem aufgefallen, das ich MS habe, ich habe allen erzählt das ich ne Schilddrüsen Erkrankung habe..... Mir wurde geglaubt.....Oder zumindest hat man mich in Ruhe gelassen mit dem Thema Gewicht.
Ich weiß nicht ob es was gebracht hätte.... wenn vorher jemand mich gedrängt hätte was zu tun.....
Man hat sein Lügengerüst mit dem man lebt und an das man fast schon selber glaubt.....
Oh Gott was habe ich nicht alles getan um es zu verheimlichen.....
Naja, das fürs Erste....
Ich würde mich freuen, auch andre Erfahrungen zu lesen und wenn jemand Fragen hat, fragt ruhig, denn ich werde versuchen, es so gut es geht zu beantworten !!!