Huhu @ All
Hallo ihr Lieben,
ich habe gerade Sigmund Freuds letztes Werk, "Das Unbehagen in der Kultur" und "Der Abriß der Psychoanalyse" gelesen, dass er leider nicht mehr vor seinem Tode fertigstellen konnte.
Dennoch kann ich wirklich jedem empfehlen diese Werke selbst zu lesen. Sie stellen das eigene Weltbild komplett auf den Kopf, zumindest das meine.
Freud beschreibt darin logisch, wie Kultur entstanden sein muss.
Gehen wir mal zurück zur evolutionären Entstehung des Wesens "Mensch".
Dazu sollte man sich erst einmal die Frage stellen, was uns von den Tieren unterscheidet?
Es ist das "Über-Ich", das ist unser Gewissen, die Ethik und die Moral.
Während Tiere ausschließlich nach ihren Trieben und ihren Instinkten leben, führen wir Menschen eine Art "Zwitter Dasein", denn auch wir besitzen evolutionär bedingt, Triebe und Instinkte, die jedoch in entgegengesetzter Richtung zu unserem "Über-Ich" an unserem "Ich" ziehen.
Ich will kurz zwei Beispiele aus dem alltäglichen Leben heranziehen, um das zu untermauern.
In dem Supermarkt um die Ecke, wo ich immer einkaufen gehe arbeitet eine super hübsche Lady. Jedesmal, wenn ich an der Kasse stehe und bezahle, denke ich im Geheimen, dass ich sie liebend gerne direkt auf dem Fließband "vernaschen" würde. Das ist in mir drin, denn es ist einer meiner Triebe (Bestandteil meines "Es"), genauer gesagt der Sexualtrieb, der sich in mir bemerkbar macht.
Warum also schnappe ich sie mir nicht direkt? Das ist bedingt durch die andere Kraft, die in mir wohnt, nämlich mein "Über-Ich" (Gewissen, Moral, Ethik). Es hält mein "Ich" im Gleichgewicht, indem es kräftemäßig umgekehrt zu meinen Trieben, an meinem "Ich" zieht.
Würde ich nur ein Tier sein, dann würden mich meine Triebe und meine Instinkte leiten und ich hätte das Mädel wohl tatsächlich direkt am Fließband "vernascht". So aber, bedingt durch meinen Gerechtigkeitssinn, mein Gewissen und meine moralischen Werte, tue ich das aber nicht.
Ich möchte ein weiteres Beispiel aus dem alltäglichen Leben nennen:
Manchmal könnte ich im Auto verrückt werden und zwar dann, wenn ich morgens zur Arbeit fahre. Jedesmal, wenn ich etwas zu spät dran bin ist ein langsames Auto vor mir. Mal ist es ein Traktor, mal eine Omi und mal die Müllabfuhr. Würde ich nun meinem "Destruktionstrieb" nachgeben, dann würde ich wohl dem Fahrer dieses Hindernisses den Hals rumdrehen und meine Agression spüren lassen. Gut also, dass mich die Moral und mein Gewissen (also mein "Über-Ich") daran hindert.
Wie wir also sehen, steht unserem "Es" einzig und alleine unser "Über-Ich" entgegen und hält unser "Ich" somit im Gleichgewicht, indem es unsere Triebe unterdrückt.
Kommen wir nun dazu, wie unser "Über-Ich" entstanden sein muss.
In grauer Vorzeit gab es in unserem vormenschlichen Rudel, so wie bei allen anderen Rudeltieren, Rangordnungskämpfe. Das stärkste Individuum konnte sich nehmen, wonach ihm begehrte (das beste Weibchen, die beste Nahrung, Behausung, etc.), denn die anderen Individuen waren ja schwächer und mussten das zwangsweise so hinnehmen.
Eines Tages dann ward wohl die Menschheit dann geboren, denn durch entstandene Kommunikationsmöglichkeiten beschlossen einzellne Individuen des Rudels, sich zu einer Gruppe zusammen zu schließen, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Geburtsstunde der Kultur, denn eine Kultur ist im Prinzip nichts anderes als eine Zusammenrottung mehrerer Individuen. Die kleinste Form von Kultur ist somit die Familie aber das nur am Rande.
Durch diesen erstmaligen Zusammenschluss mehrerer Individuen zu einer Gruppe (Kultur) war es nun dem stärksten Individuum nicht mehr möglich sich einfach alles zu nehmen, was ihm begehrte, denn die Gruppe war ja schließlich stärker, als das stärkste Individuum.
Nun wurde wohl zeitgleich auch unser "Über-Ich" geboren, denn von nun an musste man sich dieser Gruppe gegenüber für sein Handeln rechtfertigen und in den Dienst dieser Kultur stellen. Tat man also etwas, was dieser Gruppe entgegenstand, dann bekam man ein schlechtes Gewissen (Über-Ich) diesem Kollektiv gegenüber.
Es entstanden Ordnungen, Kulturen und Gesellschaften, denen man sich als Individuum anschloss und unterordnete, indem man seine Triebe (sein archaisches "Es", also das Tier in einem) unterdrückte.
Nun ist das so eine Sache mit dem Unterdrücken von Trieben, denn Triebe und Instinkte sind auch für alle Lebewesen überlebenswichtig.
Es müssen also Millionen Jahre alte, sehr mächtige Kräfte sein, die in uns wirken. Es gibt z.B. den Trieb nach Nahrung (Essen, Trinken), den Fortpflanzungstrieb, den Trieb nach Macht, den Destruktions- und Agressionstrieb und alle diese Triebe sind elementar für das Fortbestehen jeder Rasse. Würde man z.B. vernachlässigen zu Essen oder zu Trinken, dann würden wir ebenso aussterben, wie wenn wir auf Sexualtät verzichten würden, weil sie z.B. zu langweilig würde.
Die Natur hat uns also, damit wir unsere Species erhalten können, sehr mächtige Gefühle mitgegeben, die an diese Triebe gekoppelt sind. Durst oder Hunger haben zu müssen ist ein sehr intensives und brutales Gefühl, ebenso wie z.B. Sexualität ein sehr intensives Gefühl der Lust ist. Das ist die Natur und hat alles seinen festen Sinn und ist Bestandteil unserer Evolution.
In der heutigen Zeit bedeutet das, dass wir kulturell bedingt, einige dieser Triebe und Instinkt nicht ungehindert ausleben können und sie deshalb unterdrücken.
Da man Triebe jedoch nicht unterdrücken kann, kommen sie an anderer Stelle wieder an die Oberfläche unseres Handelns. Man spricht von einer Triebverschiebung oder auch Sublimierung. Als gutes Beispiel kann man hier Geld heranziehen, was nichts weiter ist, als der sublimierte Trieb nach Macht. Nicht umsonst sagt man: "Geld regiert die Welt". Leider zählt ein Menschenleben durch diesen sublimierten Trieb ziemlich wenig. Man muss nur mal nach Afrika schauen, wo jeden Tag 30.000 Kinder verhungern, weil wir dieses Land zuerst kolonialisiert haben, dann die Bewohner versklavt und die Bodenschätze geraubt und ihnen somit die Grundlage eigenen Wohlstands entzogen haben. Selbst heute noch kauft kaum jemand in Europa "Fair-Trade" (Fairer Handel) Kaffee, obwohl er nur knapp einen Euro teurer ist, als eine herkömmliche Verpackungseinheit. Damit fördern wir die Armut dieser Menschen und das ist zugleich in meinen Augen der Beweis, das ein Menschenleben im Kommerziellen Zeitalter ziemlich wenig zählt.
Woran man noch ganz gut erkennen kann, dass sich Triebe nicht so einfach unterdrücken lassen, ist z.B. das Zölibat der katholischen Kirche. Priester und Pastore die berufsmäßig auf die Entfaltung ihrer Sexualität verzichten müssen, werden zum Teil pädophil oder suchen sich andere Möglichkeiten ihrer Triebe Herr zu werden.
Zu guter Letzt noch mein ganz persönliches Fazit:
Der Mensch ist genauso immernoch ein Tier, wie er ein Kulturwesen ist. Das ist auch zugleich die Crux unserer Species, denn wir leben permanent in einem Kraftfeld zweier Mächte, die entgegengesetzt an unserem "Ich" zerren.
Um glücklich werden zu können sollte man sich dessen bewusst sein und sich selbst treu bleiben. Man sollte erkennen können, das wir nicht nur Tier sind und nicht nur Moralapostel, sondern das wir beides benötigen, um unser Leben zufrieden führen zu können.
Triebe sind genauso ein Bestandteil von uns, wie das die Kultur und unsere Ethik ist und wenn man eines dieser beiden Elemente veruntreut oder verleugnet, dann verleugnet man sich im Grunde genommen nur selbst.
Da unser "Über-Ich" temporär und regional stark unterschiedlich und veränderbar ist (Vor 200 Jahren beispielsweise galten andere Verhaltensweisen als normal und ethisch vertretbar, als das heute der Fall ist und z.B. in Indien gelten auch heute ganz andere ethische Grundsätze und Moralvorstellungen, als z.B. in Europa), ist unser "Es", welches sehr viel älter (viele Millionen Jahre) und konstanter ist, diesem teilweise überlegen, auch wenn das niemand wirklich hören möchte.
An aktuellen Trennungs- und Scheidungszahlen monogamer Beziehungen lässt sich erahnen, dass der Sexualtrieb (der natürliche Trieb seine Gene zu verbreiten) ein sehr mächtiger ist, denn sehr viele Partner sind sich sexuell untreu. Einer amerikanischen Umfrage zu Folge, sind 60 % aller monogamen Partner bereits fremd gegangen und das sind nur die, die es auch wirklich in der Umfrage zugegeben haben, also sollte die Dunkelziffer wohl noch höher liegen.
So, nun habe ich euch aber genug zugetextet. Wahrscheinlich liest es ohnehin niemand bis hierher
GLG