7 Leitsymptome
Ich finde die Zusammenstellung von Paul Wender, einem führenden Pionier der ADHS-Forschung, sehr gut, er unterscheidet 7 Leitsymptome (im "Das ADS-Erwachsenen-Buch" werden 12 Symptome genannte, ich finde das zu viele, weil ich meine, dass dabei eigentlich Doppelnennung da sind). Paul Wender sieht folgende sieben:
1. Aufmerksamkeitsstörung
(schneller Wechsel des Interesses, Ablenkbarkeit, Hyperfokus, schlechtes Unterscheiden von "Wichtig" und "Unwichtig", Vergesslichkeit, Verlegen oder Verlieren von Gegenständen, Flüchtigkeitsfehler)
2. Motorische Hyperaktivität
(innere Unruhe, Getriebenheit, Unfähigkeit sich zu entspannen, Nervosität, Probleme beim Stillsitzen, Stetes auf dem "Sprung-Sein")
3. Affektlabilität
(Schnelle Stimmungswechsel, Wechsel von normaler und niedergeschlagener Stimmung, keine körperliche Begleiterscheinungen und kein Interessverlust wie Major Depression)
4. Desorganisiertes Verhalten
(Mangelhafte Planung, Unordung im Berufsleben oder Haushalt, Aufgaben werde oft nicht zu Ende gebracht, schneller Wechsel von Aufgaben und Tätigkeiten, Unsystematisches Problemlösen, Probleme beim Einhalten von Strukturen und Zeitplänen und Abmachungen oder Vereinbarungen)
5. Mangelhafte Affektkontrolle
(Schnelle Reizbarkeit, geringe Frusttoleranz, Neigung zu Wutanfällen, Symptom kann zu Problemen in Beziehungen führen)
6. Impulsivität
(z. B Dazwischenreden, Unterbrechen anderer, Ungeduld, impulsiv ablaufende Einkäufe, schnell und nicht richtig überdachte Entscheidungen; Unwohlsein, wenn Handlungen langsamer ausgeführt werden sollten)
7. Neigung zu emotionalem Überreagieren
(Übersensibilität, Reaktion auf Stressoren mit Niedergeschlagenheit, Verwirrung, Angst, Unsicherheit, Ärger)
Meiner Ansicht wichtige zusätzlich Hinweise:
• hohe Suchtgefährdung (vor allem stimulierende Suchtmittel wie Kaffee, Nikotin, Amphetamine oder Kokain)
• viele ADHSler schliessen trotz ausreichender Intelligenz Ausbildungen nicht ab, brechen diese plötzlich ab
• hohe Komorbitität, was die Diagnostik erschwert (so genanntes "Eisbergphänomen" - in der Diagnostik zeigt sich zuerst die Depression, das zugrunde liegende ADHS bleibt lange verborgen)
• ADHS besteht seit der Kindheit, tritt also nicht plötzlich auf, die Symptome können sich leicht verändern, abschwächen (so z. B. Leitsymptom 2)
Meiner Meinung nach gehören vor allen die Leitsymptome 3, 5, 6 und 7 eng zusammen bzw. überschneiden sich.
Mir hat sehr geholfen, möglichst genau herauszufinden, wann sich bei mir welches Symptom im Alltag wie stark zeigt. Damit lernt man sich selber immer besser kennen, versteht besser, warum man manchmal von anderen nicht verstanden wird, warum man auf Ablehnung stösst. Sich selber diesbezüglich wirklich kontrollieren zu können ohne Medikamente ist meiner Meinung nach nicht möglich.
Paul Wenders macht aber auch auf foldendes Aufmerksam: ADHS ist nur zu behandeln, bei
• drohendem Verlust des Arbeitsplatzes
• starker Angst
• Depression
• gesellschaftlicher Isolation
• permanenter grosser Unruhe
• übermässigem Drogenkonsum
• Scheitern im Alltagsleben (Organisation)
• Gefühl, der Umwelt ausgeliefert zu sein
• Extrem Sensationslust, die zu risikoreichem Verhalten führt, das gefährlich ist
Bei mir war es der drohende Verlust des Arbeitsplatzes der zur Behandlung geführt hat neben der starken Depression.