Erst einmal vielen Dank für Deine ausführliche Stellungnahme. Sollte ich beim Schreiben etwas konfus wirken, sorry, bin tierisch müde.
Deinen Zeilen entnehme ich, dass Deine Patienten hauptsächlich Männer sind, die wegen sexueller oder körperlicher Gewalt verurteilt wurden.
Meine Frage hinsichtlich der Medikamente zielte mehr auf Patienten, die Verbrechen, aufgrund ihrer psychischen Erkrankung , z.B. Wahnvorstellungen, begonnen haben. Diese haben in der Regel keine Krankheitseinsicht. Da aber eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, verbleiben sie in der Forensik. Ihre Medikamente nehmen sie, weil sie keine Wahl haben. Und bei diesen Patienten sehe ich eine therapeutische Behandlung als sehr schwierig bis unmöglich an.
Mit Opferarbeit meinte ich nicht, Kontakt zu den Opfern aufzubauen. Dies wäre, in den meisten Fälle für die Opfer, zu belastend.
Nein, sprecht Ihr mit Euren Patienten auch über das Leid, was sie denen angetan haben.
Dazu muss ich sagen, dass ich aus der Opferarbeit komme. Habe viel mit sexuellmissbrauchten Frauen gearbeitet und tue dies heute noch. Daher habe ich für diese Täter kein Verständnis und würde solch eine Betreuung auch nie übernehmen. Was auch für die Täter gut ist, da ich sie nicht adäquat betreuen könnte. Natürlich weiss ich, dass die meisten Täter, die gleiche Gewalt erfahren haben.
Du hast geschrieben, dass die Täter, oft eher schlicht strukturiert sind. Teilweise mit einer Suchtproblematik.
Das finde ich erschreckend. Leider habe ich es, gerade bei sexuellmissbrauchten Mädchen, bei Wild Wasser oder der Beratungstelle, in der ich einmal gearbeitet habe, erlebt, dass die Täter selten aus den unteren Schichten kommen. Viele waren Rechtsanwälte, Kaufleute etc. Deiner Ausführung muss ich leider entnehmen, dass diese Täter, weiterhin selten enttarnt und verurteilt werden. Liegt aber wohl daran, dass diese Täter einen viel höheren Druck auf ihre Opfer ausübern.
Was im Grunde auch die Aussage eines ehemaligen Generalstaatsanwaltes bestättigt (mir fällt gerade leider der Name nicht ein), der sagt, er rät Frauen ab, im Bekannten- und Familienbereich, die Täter anzuzeigen. Leider habe auch ich miterleben müssen, dass diese Anzeigen, zwar eine tierische Belastung für die Opfer sind, aber oft eingestellt werden.
Bezüglich der medizinischen Behandlung sind Eure Patienten besser gestellt als Normalbürger. Die Kosten werden von Euch bzw. der Justiz getragen. Wenn Ihr einen Patienten zu einem ambulanten Arzt schickt, bestimmt Ihr, was notwendig ist. Heisst, seht Ihr eine Stoßwellentherapie, wegen Entzündungen im Gelenkbereich, für notwendig an, schreibt Ihr einen Behandlungsschein. Ein Kassenpatient muss diese Therapie selbst bezahlen.
Ambulante Ärzte rechnen mit den Kassen eine Gebühr von 1,9 % ab. Bei Privatpatienten, wie auch bei Deinen Patienten, rechnen sie 2,3 % ab. Oder wenn es geht sogar noch mehr.
Darauf musst Du mir aber nicht antworten, das ist eh eine politische Angelegenheit.
Nur wenn ich so etwas mitbekomme, ärgere ich mich immer sehr.
Opfer haben es sehr viel schwerer, geeignete Maßnahmen finanziert zu bekommen. Und die Krankenkassen setzen immer mehr den Rotstift an.
Auf die Öffentlichkeitsarbeit habe ich Dich angesprochen, weil je länger ich in dem Bereich arbeite, ich merke, dass dies sehr wichtig ist. Meine Diplomarbeit habe ich über die Entwicklung von Behinderten geschrieben, heute (naja, das Heute ist auch schon ne Weile her) und in der Vergangenheit. Es ist schlimm, was früher, oft aus einem mangelnden Verständnis heraus, mit Behinderten und psychisch Kranken gemacht wurde.
Und daher denke ich, dass um präventiv zu arbeiten, eine gute und ausführliche Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig ist. Besonders um die Dunkelziffer zu verkleiner.
lg finchen