Ich mache mir vorallem auch Gedanken über die neue Rolle des Mannes in der postfeministischen Zeit. Verlangen Frauen heute noch dasselbe von einem Mann wie früher? Was verlangen die Männer von den Frauen?
Mein Wunsch war es immer Hausfrau und Mutter zu werden. Ich wollte gern einen Mann haben, der arbeitet. Ich bleibe mit den Kindern zuhause und würde mich um den Haushalt kümmern. Wenn die Kinder alt genug wären, würde ich in der Zeit, in der sie im Kindergarten oder in der Schule wären auch arbeiten gehen.
Ich wurde so oft für diesen Wunsch von Frauen kritisiert.
"Wir haben damals nicht unsere BHs verbrannt, damit du dich unterdrücken lässt!" Ich habe das nie als Unterdrückung empfunden. Kein Mann hat mich gezwungen so leben zu wollen. Es war sogar eher so, dass die Männer auch wollten, dass ich arbeite.
(Es hat weder mit Kind, noch mit Mann geklappt. Ich bin unfruchtbar und habe derzeit keine reale Beziehung.)
Aber da frage ich mich, wo dort die Gleichberechtigung und Tolleranz ist? Frauen haben das Recht arbeiten zu gehen. Wieso haben sie nicht das Recht Hausfrau zu sein? Das wird heutzutage gleich negativ besetzt, weil es mit Faulheit gleichgesetzt wird. So kann es auch nicht funktionieren.
Ebenso bei den Männern. Ich kenne welche, die gern Hausmann sein möchten. Aber es wird von einem Mann erwartet, dass er arbeiten zu gehen hat, weil auch er ansonsten als Faulpelz gesehen wird.
Ich hab in einem Artikel gelesen, dass es gesellschaftlich negativ besetzt ist wenn ein Junge typisierte weibliche Charakterzüge zeit. Aber wenn ein mädchen typisierte männliche Charakterzüge zeit, ist es positiv besetzt. Jedoch wird es negativiert wenn das Mädchen in die Pubertät kommt.
Mädchen wird eine Jungenhaftigkeit zugestanden solange sie "geschlechtslos" (kindlich) sind. Aber wenn das Mädchen erwachsen wird und diese Geschlechtslosigkeit verliert, soll sie sich ihrem Geschlecht entsprechend verhalten.
Ich möchte gleich mal den Begriff "hegemoniale Männlichkeit" einfügen:
(Zitat Wikipedia)
Hegemoniale Männlichkeit ist ein Begriff aus der Geschlechterforschung, der eine gesellschaftliche Praxis beschreibt, die die dominante soziale Position von Männern und eine untergeordnete Position von Nicht-Männern garantieren soll. Mit dem Konzept soll erklärt werden, wie und warum Männer ihre soziale Dominanz gegenüber Frauen und anderen Geschlechtsidentitäten (beispielsweise Transsexuellen), aber auch gegenüber als „schwächer“ wahrgenommenen Männern (beispielsweise Homosexuellen) erreichen und aufrecht erhalten. Der Begriff ist auf Antonio Gramscis Konzept der kulturellen Hegemonie zurückzuführen, mit dem die Machtbeziehungen zwischen sozialen Klassen innerhalb einer Gesellschaft analysiert werden.[1] Der Begriff „hegemoniale Männlichkeit“ wurde von der australischen Soziologin Raewyn Connell in die Gender- und Männerforschung eingeführt. Seit dem Erscheinen ihres Buchs Masculinities 1995 wurde der Begriff besonders in den Gender Studies rezipiert, diskutiert und kritisiert.
(Zitat Ende)
Ich sehe hier ganz klar das Denunzieren von vermeindlich schwächeren Männern, indem man sie verweiblicht. Weiblichkeit ist ja nicht männlich. Und wenn dieser Mann weiblich ist, kann er kein "vollwertiger" Mann sein.
Interessant (und schonmal im Chat erwähnt) finde ich, dass in der Antike unterschieden wurde zwischen dem aktiven Homosexuellen und dem passiven Homosexuellen. ("Im Bett oben oder unten?")
Ein Mann, der sich einen anderen Mann unterwerfen konnte, wurde als noch männlicher gesehen. Während der Mann, der sich hat unterwerfen lassen (vielleicht sogar noch freiwillig) nicht mehr als männlich galt und somit verweiblich worden ist.
In der heutigen Gesellschaft scheint es keinen Unterschied mehr zu machen ob man aktiv oder passiv homosexuell ist. (Ich pauschalisiere das jetzt nicht. Sicher gibt es Homosexuellen gegenüber schon mehr Tolleranz als vor einigen Jahren noch. Dennoch wird "Homo" oder "Schwuchtel" immernoch beleidigend verwendet.)
Nun hab ich mich mit meinen beiden Freunden unterhalten, die eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft führen. Sie nennen sich gegenseitig scherzhaft "Schwuchtel". Aber da finde ich, verschwimmt eine Grenze. Wenn ich dieses Wort als Schimpfwort sehe, kann ich nicht sagen: "Wenn ich als Betroffener das sage hat es einen anderen Wert." Passanten hören das, denken es wäre mittlerweile Salonfähig und tragen es weiter. Aber wenn sie als Heterosexuelle es gebrauchen, fühlen sich die Homosexuellen wieder negativ gesehen.
Dann wäre ich für eine Vereinheitlichung. Entweder man spricht diesem Wort seine negative Besetzung ab oder man trägt es auch in den eigenen Reihen nicht weiter.
(Der Ansicht sind die beiden Männer übrigens auch, nachdem wir uns intensiv darüber ausgetauscht haben.)
Es gab eine Zeit lang Shirts mit Aufdrucken wie "Zicke" oder "Bitch". Ich meine, dass das auch heute noch der Fall ist, dass Mädchen und Frauen sowas tragen. Aber wenn sie eben als Zicke oder Schlampe angesprochen werden, tangiert man sie damit negativ.
Und das ist etwas ganz Wichtiges in meinen Augen:
Wie bezeichne ich mich selbst und wie dürfen andere mich bezeichnen? Wie gebe ich mich in meiner Geschlechterrolle und welche Konsequenzen hat mein Gebaren? Ich kann nicht nach Gleichberechtigung oder Anerkennung verlangen, wenn ich mich selbst zum Spaß denunziere und dann beleidigt bin wenn andere mich als eben das sehen, was ich ausstrahle.